Vertraute Schatten
solch einen Schatz fände, durch Zufall, wie würde er es anstellen, ihn zu bewahren?
Würde er dazu überhaupt in der Lage sein?
Darüber konnte er sich ein andermal Gedanken machen, beschloss Damien, dem diese Stimmung zuwider war.
»Vielleicht würde sie dir guttun, weißt du«, rief Vlad ihm hinterher.
Als Damien den Kopf wandte, hatte Vlad ein Buch auf dem Schoß und ein Glas Cognac in der Hand. In seinem Blick lag noch immer dieselbe Traurigkeit.
Damien rang sich ein Grinsen ab. »Ach, ich bin ein hoffnungsloser Fall, Dracul. Das weißt du doch.«
Vlad hob sein Glas und betrachtete es im Kerzenlicht, schien mit den Gedanken allerdings ganz woanders zu sein.
»Schon erstaunlich«, murmelte er, »wie sich manche Frauen selbst von den Verlorensten unter uns angezogen fühlen … und die Schönheit in dem Wenigen an Guten in uns entdecken können, das uns noch geblieben ist.«
Damien überlegte, ob er ihm im Hinausgehen irgendeine markige Bemerkung an den Kopf werfen sollte, aber Vlads gequälter Gesichtsausdruck hielt ihn davon ab. Stattdessen ließ er seinen Freund einfach allein mit seinen Büchern, versunken in Erinnerungen, wie Damien sie für sich niemals zu erschaffen hoffte.
14
»Er ist ein Arschloch!«
»So so.«
»Er versucht jetzt schon, mich auszutricksen!«
»Natürlich tut er das.«
Ariane, die im Schlafzimmer auf und ab gelaufen war, blieb stehen, hieb ein paarmal wild mit dem Dolch auf die Luft ein und betrachtete sich stirnrunzelnd im Spiegel.
»Elena. Wenn ich nicht wüsste, dass das nicht sein kann, würde ich glauben, du machst dich über mich lustig«, sagte sie in das Handy, das sie gegen das Ohr gepresst hielt.
Elena fing an zu lachen, und Ariane ließ sich von ihrem Lachen anstecken. Es fühlte sich großartig an, mit einer Freundin lachen zu können, selbst nach allem, was in der Nacht zuvor geschehen war. Es fühlte sich überhaupt gut an, eine Freundin zu haben, zu wissen, dass sie sich das nicht nur eingebildet hatte.
»Ari«, sagte Elena. »Du bist doch diejenige, die unbedingt mit einem Shade zusammenarbeiten wollte. Ich habe dich gewarnt. Dass man in einem anderen Staat wach wird und der Typ mit Sack und Pack auf und davon ist, gehört zum Standardprogramm.«
Ariane seufzte, ging näher zum Spiegel und fuhr sich mit der Hand durch das Haar. »Er ist nicht direkt auf und davon. Aber wo auch immer er jetzt steckt, er hat mich jedenfalls nicht eingeladen mitzukommen.«
»Auch das ist ganz normal. Ich habe noch nie einen Shade getroffen, der kein Einzelgänger war. Allerdings hat das auch seinen Grund: Wenn Shades zu zweit arbeiten, leben sie nicht so lange. Immerhin hat er dich nicht einfach in irgendeinem rattenverseuchten Sicheren Haus zurückgelassen. Nicht dass ich damit irgendeine Erfahrung hätte. Übrigens … wenn du dort, wo du jetzt bist, noch ein paar Tage bleibst, kann ich dir deine Waffen zukommen lassen und deine Kleidung. Viel ist es ja nicht, was du zurückgelassen hast, und Strickland schickt aus geschäftlichen Gründen sowieso einen Kurier in die Gegend.«
»Das wäre prima.« Bei der Vorstellung, ihre Sachen zurückzubekommen, fühlte sie sich gleich besser.
Im Moment trug sie eine verwaschene Jeans und ein Tanktop, die sie sich von einer von Vlads Angestellten geborgt hatte. Sie hatte, was sie brauchte, aber das bisschen, was sie mit hinaus in die Welt genommen hatte, wollte sie doch gern behalten. Glücklicherweise hatte Vlad noch ihr Schwert aus Damiens Auto geholt, bevor er zum Flughafen gefahren war. Ihr war egal, dass Damien fand, es sähe bizarr aus – es war ihr Schwert, nur das zählte.
»Kein Problem«, erwiderte Elena. »Ich sage Matt, er soll dir die Sachen vorbeibringen. Ins Herrenhaus der Dracul! Du hast es ganz schön weit gebracht – es gibt kaum einen Ort, der sicherer wäre.«
»Sicherheit ist mir nicht so wichtig. Das Blöde ist, dass ich hier in Chicago festsitze und zu nichts nutze bin.« Ariane nahm ihre Wanderung durch das Zimmer wieder auf. »Ich kenne mich hier nicht aus. Ich weiß nicht, warum Damien unbedingt hierherkommen wollte. Ich habe das Gefühl, ich müsste unbedingt zurück nach Charlotte.«
Ihr Frust ließ sich einfach nicht abschütteln. In der vergangenen Nacht hatte sie unter Schock gestanden, aus der Bahn geworfen von dem, was sie getan hatte, und so hatte sie Damien entscheiden lassen. Ihr Instinkt hatte ihr geraten, so weit wie möglich wegzugehen. Aber heute Abend wünschte sie sich, sie hätte die
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