Vertraute Schatten
bezeichnet hatte?
Er spürte Arianes Blick auf sich ruhen, zog es aber vor, ihm auszuweichen. Wer weiß, was sie in seinen Augen sehen würde.
Die Frage, die nun folgte, hatte er schon seit Tagen erwartet. »Damien …
wo
wohnst du eigentlich? Du redest nie darüber, aber irgendwo musst du doch wohnen, oder?«
Das war vermutlich das einzige Thema, über das er noch weniger reden wollte als über Seelen fressende Dämonen.
»Nicht unbedingt. Also, eine Wohnung habe ich schon. In Seattle, wo sich der Hauptsitz des Hauses der Shades befindet. Allerdings bin ich nur selten dort.« Er sah hoch und stellte fest, dass sie ihn neugierig betrachtete.
»Meine Sachen sind dort, aber ein richtiges Zuhause ist es nicht, Kätzchen. Die meiste Zeit bin ich auf Achse.«
»Ach so«, sagte Ariane in einem Ton, dem ihre Überraschung deutlich anzuhören war.
»
Ach so
was?«
»Na ja. Ich dachte mir schon, dass du viel unterwegs bist. Aber irgendwie hatte ich die Vorstellung, dass du irgendwo einen gemütlichen Rückzugsort hast.« Sie lächelte, und ihre Augen blitzten. »Voller Sachen, die du von deinen Reisen mitgebracht hast. Eine Mischung aus Elsternnest und Waffenlager.«
Er lachte. Zu komisch, was sie sich da ausgedacht hatte! »Der Auftragsmörder in seinem kuscheligen Zuhause – die Idee gefällt mir. Vielleicht sollte ich mir wirklich so etwas einrichten, jetzt, wo du es erwähnst.«
»Und das ist wirklich nur eine langweilige Wohnung, in der du so gut wie nie bist? Das klingt so gar nicht nach dir.«
»Nun ja …« Überrascht stellte er fest, dass er nicht wusste, was er sagen sollte. Wie sollte er ihr erklären, wie er lebte? Nichts in der Wohnung interessierte ihn. An allem, was er dort abgeladen hatte, verlor er das Interesse, sobald er ihm den Rücken zukehrte. Selbst der Star von Atlantis, der Diamant, um dessentwegen er diesen Auftrag angenommen hatte, hätte nur auf einem Samtkissen im Regal gelegen, sobald er sein neues Spielzeug erst dort abgeladen hätte.
Voller Abscheu presste er die Lippen aufeinander. Er wusste genau, warum er sich über sich selbst nicht gern Gedanken machte. Oberflächlichkeit war deutlich weniger deprimierend als die Wahrheit.
»Vielleicht kommst du mich ja mal in meinem Elsternnest besuchen. Könnte ja sein, dass du es interessanter findest als ich.« Inzwischen waren sie beim Auto angekommen, und er öffnete ihr die Beifahrertür.
Erst als er sah, wie freudig überrascht sie ihn ansah, wurde ihm bewusst, dass er seine Einladung tatsächlich ehrlich meinte.
Ihm wurde bange ums Herz, als ihm klar wurde, was in seiner sterilen Wohnung wirklich fehlte. Nur dass der Schatz, den er seiner Sammlung hinzufügen wollte, niemals freiwillig auf einem Regalbrett sitzen und auf seine gelegentlichen Besuche warten würde.
Außerdem konnte er sie nicht in die schmutzige Arbeit, die sein Leben war, hineinziehen und sie so einem noch größeren Risiko aussetzen, als sie bisher schon eingegangen war. Er kannte sie bereits gut genug, um zu wissen, dass sie sich gern in den Kampf stürzte, wenn ihr etwas am Herzen lag. Aber Blutvergießen, nur um Geld zu verdienen, war garantiert nicht ihr Ding. Verdammt, vielleicht war es sein Ding ja auch nicht mehr. In dieser ganzen Zeit war er so abgestumpft geworden, dass er gar nicht mehr darüber nachdachte, aber auch das war ihm egal. Er hatte seine Verpflichtungen, das reichte.
Zumindest hatte das immer gereicht.
Damien ging zur Fahrerseite und stieg ein. Er würde weitermachen wie immer, versuchte er sich zu überzeugen. Den Moment genießen und an alles andere keine Gedanken verschwenden. Aber die Wahrheit war wie ein Schlag ins Gesicht. Zum ersten Mal in dreihundert Jahren gab es da etwas, das er wirklich behalten wollte …
… und das er niemals bekommen würde.
17
Zwei Nächte später gab es endlich ein Lebenszeichen von Sammael.
Vlad erledigte gerade noch einen Anruf, als Ariane in sein Büro gestürzt kam. Seine Assistentin hatte ihr nur eine kurze Zusammenfassung gegeben, aber das hatte ausgereicht, dass sie sofort losgerannt war. Damien wartete bereits auf sie, neben einem der Sessel, die vor dem massiven Mahagonischreibtisch standen.
Sein grimmiger Gesichtsausdruck war nicht gerade beruhigend.
»Was ist los? Was ist passiert?«, fragte Ariane und versuchte, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen.
»Langsam, Kätzchen«, erwiderte Damien. »Er telefoniert gerade mit Lily, der Königin der Lilim. Sam lebt. Das ist erst mal das
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