Vertraute Schatten
Wichtigste.«
»Ariane. Schön, dass Sie da sind«, sagte Vlad, sobald er den Hörer aufgelegt hatte. »Setzen Sie sich doch. Es gibt einiges zu besprechen.«
Steif ließ sie sich in einem der Sessel nieder. Es tat ihr gut, dass Damien sich neben sie auf die Lehne hockte. Je mehr alles um sie herum auf unvorhersehbare Weise in die Brüche ging, desto mehr Trost fand sie in seiner Gegenwart, seinem Geruch, seiner Stärke.
»Ich will nur hören, dass er wohlauf ist, dann beruhige ich mich sofort.«
Vlads arktische Augen blickten abwesend, gequält, aber es gelang ihm, sich ein Lächeln abzuringen. »Man hat sie letzte Nacht in der Nähe von Tipton, Massachusetts, gefunden. Sammael hatte Prügel bezogen und blutete, war aber bei Bewusstsein. Ein gutes Zeichen. Er braucht jetzt Zeit zum Heilen. Einer seiner Flügel war beinahe abgetrennt, aber auch der scheint zu heilen. Ihr Sammael hat Glück, dass er noch lebt, aber er lebt immerhin.«
»Sein Flügel«, murmelte Ariane. Bei dem Gedanken, was mit Oren geschehen war, nachdem sie ihm den Flügel abgeschnitten hatte, wurde ihr übel. Es hatte ihn umgebracht.
»Nur ein anderer Grigori wäre in der Lage gewesen, ihn so schwer zu verletzen«, erwiderte Ariane. »Sariel muss schon wieder jemanden auf ihn angesetzt haben.«
Und auf mich.
Plötzlich war sie froh, im Haus des Dracul und somit weitgehend in Sicherheit zu sein. Oren hatte sie nur knapp besiegen können, und sie bezweifelte, dass sie solch einen Kampf in nächster Zeit schon wieder bestehen könnte. Zumal die Grigori diesmal garantiert jemanden schicken würden, der sich schlauer anstellte.
Vlad nickte. »Offensichtlich hat Sariel sogar mehr als einen auf ihn angesetzt. Sammael und der Blutsbruder, mit dem er unterwegs war, sind beide in schlechter Verfassung. Bei dem anderen ist der Flügel eher zerfetzt als abgerissen, und das heilt offensichtlich noch langsamer.«
Damien beugte sich vor. »Dann ist er also wirklich mit dem Grigori unterwegs, der mir die Kehle aufschlitzen wollte. Der Typ war riesig. Und er sah aus wie ein Ältester.«
Vlads Lippen wurden zu einem dünnen Strich. »Kann sein. Jedenfalls ist er – Lucan heißt er übrigens – so stark verwundet, dass er noch nicht reden kann. Laut Sammael waren es zwei Älteste, die auf sie losgegangen sind.« Er sah Ariane durchdringend an. »Was auch immer Ihren Freund dazu bewogen haben mag davonzulaufen – die Ältesten versuchen jedenfalls verzweifelt zu verhindern, dass jemand diesen Grund erfährt.«
Ariane dachte an die Zeichnung von dem wilden, geflügelten Dämon namens Chaos, und ihr lief ein Schauer über den Rücken.
»Ich hätte nie gedacht, dass es etwas geben könnte, wofür sie einen Mord begehen würden«, sagte sie leise.
»Ich fürchte, so etwas gibt es für jeden«, erwiderte Damien. »Natürlich wollen wir sofort nach Tipton«, fuhr er fort und richtete den Blick auf Vlad.
Ariane nickte. »Bitte. Ich möchte Sam unbedingt sehen.«
Sein Zustand mochte ernst sein, aber immerhin, er lebte. Sobald ihr das richtig zu Bewusstsein kam, strahlte sie über das ganze Gesicht. »Er ist wirklich am Leben!«, rief sie atemlos. Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie kaum noch damit gerechnet hatte, ihn lebend wiederzusehen.
Vlad neigte den Kopf. »Selbstverständlich. Sobald er hörte, dass Sie bei mir sind, hat er mich nach Ihnen ausgefragt. Der Jet ist bereits unterwegs. In einer Stunde könnt ihr fliegen.«
Ariane war so unglaublich erleichtert, dass sie Damiens Stimme nur noch wie aus weiter Ferne hörte. Alle ihre Gedanken waren auf Sammael gerichtet. Erst nachdem er das Anwesen in der Wüste verlassen hatte, war ihr klar geworden, was für ein riesiges Geschenk er ihr gemacht hatte, indem er sie nicht – wie so viele andere – geächtet hatte. Ohne Sam hätte sie gar nicht gewusst, was Freundschaft bedeutete – und nur dieses Wissen hatte sie davor beschützt, so kalt wie viele ihrer Dynastie zu werden.
»Du willst nicht mitkommen?«, sagte Damien gerade überrascht zu Vlad. »Normalerweise ist dir doch jede Entschuldigung recht, um da oben aufzukreuzen. Außerdem spielst du sonst immer gern den Oberaufseher.«
Vlads Lächeln wirkte gequält. »Ich würde gern mitkommen, aber es geht nicht. Sammaels und Lucans Auftauchen war nicht die einzige Neuigkeit, die ich heute erhalten habe. Mormo ist aufgewacht und besteht auf einer Ratssitzung. Es kann gut sein, dass sie ihre Nachfolgerin bekannt geben will, da kann ich mich schlecht
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