Vertraute Schatten
drücken. Zumal ihre klaren Momente immer seltener werden.«
Damien seufzte. »Eine Nachfolgerin – das wird ihr nicht viel bringen. Niemand ist für diese Position aufgebaut worden, und glaub mir, die Haie kreisen schon. Wenn Mormo stirbt, wird sich irgendjemand die restlichen Empusae einverleiben. Ich setze auf die Ptolemy, aber es gibt da auch ein paar Dynastien aus dem Ausland, die hier gern einen Fuß auf den Boden bekommen würden. Das wird eine hässliche Geschichte werden. Und sie hat niemanden, der stark genug wäre, das zu verhindern.«
»Wie auch immer«, entgegnete Vlad. »In drei Nächten, am Freitag, empfange ich die Führerinnen und Führer der nordamerikanischen Dynastien.« Er richtete den Blick auf Ariane. »Sariel kommt ebenfalls. Sie sehen also, woanders sind Sie besser aufgehoben.«
Damien starrte ihn grimmig an. »Du bist immer noch bereit, ihn zu empfangen? Und wenn wir nun nach Tipton kommen und Sammael erzählt uns, dass es stimmt, was in dem Buch steht? Und selbst wenn nicht – irgendwas kann mit dem Typen doch nicht stimmen, wenn er seine eigenen Leute umbringen lässt, nur weil sie sich aus dem Staub gemacht haben. Ariane sollte nur wieder nach Hause verfrachtet werden, um getötet zu werden, das hat Oren klipp und klar gesagt, unabhängig davon, ob ihr irgendwas die Seele aussaugen wird oder sie ihre übliche Kopf-ab-Aktion performen wollen. Und da willst du dich mit ihm an einen Tisch setzen und nett und freundlich mit ihm plaudern?« Er warf den Kopf in den Nacken. »Dieser ganze lächerliche Blaublutschwachsinn …«
Damien war während seiner Schimpfkanonade aufgesprungen, und Ariane beobachtete verblüfft, wie er einen der mächtigsten Vampire der Welt anschrie. Es stimmte – er hatte sich ihr gegenüber mehr geöffnet, als sie sich das nach der kurzen Zeit ihres Zusammenseins hätte vorstellen können. Aber nie hätte sie damit gerechnet, dass er sich ihretwegen ganz offen derart in Rage reden würde.
Diese Nacht schien voller angenehmer Überraschungen zu sein.
Offensichtlich ließ sich Vlad von dem Gebrüll nicht im Geringsten aus der Ruhe bringen. Andererseits: Er und Damien waren Freunde, also musste er solche Ausbrüche gewohnt sein.
»Bist du fertig, Damien? Dann denk doch bitte mal vernünftig darüber nach.«
Damien stieß einen lauten Seufzer aus, fuhr sich mit der Hand durch das Haar und verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Schließlich sagte er, den Blick wütend auf Vlad gerichtet: »Vermutlich hast du ihn lieber hier, weil du dann nicht in die Wüste rausmusst, um ihn zu vernichten – falls sich rausstellt, dass er wirklich der Schuldige ist. Und das ist er.«
Ariane runzelte die Stirn. »Können Sie das wirklich tun? Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass der Rat in solch einem Fall etwas unternehmen kann. Schließlich jagt Sariel nur seine eigenen Leute.«
Vlad schüttelte den Kopf. »Wenn sich tatsächlich herausstellen sollte, dass diese Auferstehung droht und dass die Grigori damit irgendwas zu tun haben – und sei es nur, dass sie irgendein Monster mit Seelen füttern, um sie zu verhindern –, dann betrifft das uns alle. Das ist nicht länger etwas, das nur die Grigori angeht. Und so Gott will kann Mormo, wenn sie erst hier ist, durch eine Wahrsagung einen endgültigen Beweis liefern. Dann ist die Sache klar.«
»Hat sie dem zugestimmt?«, fragte Damien scharf.
Vlad nickte. »Ja, das hat sie.«
»Oh Mann«, sagte Damien verwundert. »Du glaubst ja wirklich, dass die im Keller einen Dämon angekettet haben.«
»Ich glaube, dass da irgendwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. Das reicht fürs Erste.«
Ariane sah verwirrt zwischen den beiden hin und her. »Was ist eine Wahrsagung? Ich kann mich nicht erinnern, jemals auf diesen Begriff gestoßen zu sein, als ich von den Empusae gelesen habe.«
Es war Vlad, der ihr mit tiefer, rauer Stimme antwortete.
»Empusa – oder Mormo – war eine mächtige Hexe, bevor sie zur Vampirin wurde. Nach ihrer Verwandlung blieben ihr einige ihrer Fähigkeiten erhalten, so auch die, unter bestimmten Umständen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu enthüllen. Es ist außerordentlich schwierig für sie, jetzt mehr denn je, weil sie so gebrechlich ist. Für die Zeremonie bedarf es mehrerer einflussreicher Vampire. Aber, um der Wahrheit die Ehre zu geben – Mormo und ich haben beide mit etwas Derartigem gerechnet, schon seit der Wiedergeburt der Lilim.«
Ariane lief ein Schauder über
Weitere Kostenlose Bücher