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Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Verwechseljahre: Roman (German Edition)

Titel: Verwechseljahre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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sieben«, sagte ein anderer. »Mit dir passen wir genau an einen Achtertisch.«
    »Guten Abend.« Ich nickte erst mal in die Ruhe und gab jedem Spieler die Hand. »Ich bin Romans Mutter.«
    »Ich hab euch doch erzählt, dass ich mit meiner leiblichen Mutter hier bin!« Roman hatte unsere tolle Story also längst zum Besten gegeben, und ich fühlte mich wie eine bloße Statistin.
    »Oh.«
    »Was für eine junge Mutter.« Unter anderen Umständen hätte ich mich über die anerkennenden Mienen gefreut. Zum Beispiel, wenn sie nach dieser Begrüßung taktvoll von dannen gezogen wären. Aber das hatten sie offensichtlich nicht vor.
    »So eine knackige Mutter hätte ich auch gern …«
    »Wenn sie dann noch den ganzen Urlaub spendiert, halleluja!«
    »Mensch, Roman, du Hund! So ein Glück möchte ich auch mal haben!«
    »Na ja«, unterbrach ich das Geplänkel, »wir haben uns ja erst nach dreißig Jahren gefunden und haben viel nachzuholen …«
    So, Freunde. Das war das Stichwort. Abgang!
    »Ihr seht euch auch ähnlich …« Einer der jungen Männer zückte bereits die Handykamera. »Wenn ich das zu Hause erzähle …«
    Roman legte den Arm um mich und ließ sich von seinen Sportsfreunden feiern. Irgendwie hatte ich das beklemmende Gefühl, dass es ihm wieder nicht um uns ging, sondern nur um seine Außenwirkung.
    »Also, Roman, ich warte dann einfach da drüben …« Ich zeigte hilflos ans Ende des Raumes.
    Er schüttelte lächelnd den Kopf. »Du, Carin, wie der Carsten schon sagte: Hier im Robinson-Club sitzen immer alle zusammen. Ganz unkompliziert.« Seine Stimme klang auf einmal gereizt.
    »Wirklich, Carin, wir beißen nicht!«
    »Oh. Ähm. Ja, okay.« Ich stellte fest, dass hier tatsächlich ausschließlich größere Tische standen. Die ersten Gäste gesellten sich zueinander und holten sich ihre Teller selbst vom Buffet. Mein Traum vom Zweiertisch mit Kerzenlicht und Champagner platzte genauso wie der von vertrauten Gesprächen, Ruhe und Abgeschiedenheit.
    »So etwas Spießiges wie Service gibt es hier wohl nicht?«, stammelte ich.
    »Nee. Du kannst dir alles selber nehmen.«
    »Musst dich aber beeilen, die besten Sachen sind immer schnell weg.«
    »Die Hummerschwänze sind geil.«
    »Und die Babyshrimps musst du unbedingt mit dieser Knoblauchsoße probieren!«
    »Oh. Ah. Ja, okay.« Mein Hals war wie zugeschnürt.
    »Hol dir ruhig schon was, wenn du Hunger hast«, sagte Roman gönnerhaft und wandte sich wieder seinen Sportsfreunden zu.
    »Wir essen also nicht zusammen?« Ich konnte mich nicht von diesem Gedanken lösen.
    »Doch, gerne. Dann musst du halt noch warten, bis wir hier fertig sind.«
    »Dann hau ich mich jetzt mal an die Bar und warte, bis du fertig bist«, griff ich seinen lockeren Umgangston auf. »Schließlich sind wir nicht zum Vergnügen hier.« Das war ironisch gemeint, aber gleichzeitig eine Botschaft an ihn: »Bitte nimm dir Zeit für mich!«
    Aber Roman tat so, als hätte er nicht verstanden. Er kehrte mir den Rücken zu.
    Sie zeigten sich gegenseitig ihre mit dem Handy gefilmten Abschläge.
    Meine Enttäuschung wich Fassungslosigkeit. Ich bezahlte das hier doch nicht, damit er und seine Kumpels ihren Spaß hatten? Ich hatte so viel für Romans Urlaubswunsch getan, ja, drei Monatsgehälter geopfert. Nur damit er in einer Umgebung war, in der er sich wohlfühlte. MEINETWEGEN hätten wir hier nicht hinfahren müssen. ICH hätte den stinknormalen Waldspaziergang vorgezogen. Ein kleines Hotel irgendwo in den Bergen. Von mir aus hätten wir auch zu Hause bleiben können, wenn dort nicht Rainer gelauert hätte.
    Was war nur mit meinem Leben los? Da musste ich aus meiner eigenen Wohnung fliehen, eine sündhaft teure Reise antreten – nur in der kindischen Hoffnung, meinen Sohn mal ein paar Tage für mich allein zu haben?
    Ich ließ den Blick schweifen und kämpfte mit plötzlichen Fluchtgedanken. Sei nicht kindisch, Carin! Entspann dich! Du wolltest dich doch für deinen Sohn interessieren. Das hier ist schon mal ein Anfang! Ich griff nach meinem Drink und begann, die Atmosphäre unvoreingenommen auf mich wirken zu lassen. Ich war bereit, mich auf Romans Welt einzulassen. Interessiert reckte ich den Hals.
    Andere Golffreunde hatten Cocktails in der Hand. Sie schauten in den riesigen Flachbildfernseher, in dem – ja, was wohl – Golf lief. Die Kamera folgte Männern, die kopfschüttelnd oder lächelnd über den Rasen gingen und ab und zu ihren Ball weiterschlugen. Wenn er im Loch war, bückten sie

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