Verwechslungsspiel in Griechenland
plötzlich wie erstarrt. Dimitrios bemerkte es, und seine Miene verhärtete sich. “Was ist?”
“Darüber möchte ich nicht sprechen.” Sie wollte sich abwenden, doch Dimitrios hielt sie sanft, aber entschieden am Arm fest.
“Diesmal lasse ich mich nicht so leicht abspeisen, Poppy. Du wirst mir jetzt antworten.”
“Ich kann nicht!”, antwortete sie so verzweifelt, dass er sie erstaunt anschaute.
“Warum nicht? Weil du mich nicht magst? Oder kannst du mit niemandem darüber reden?” Er sah sie durchdringend an, als wollte er ihr die Antwort gegen ihren Willen abringen.
“Und was ist mit dir?” Unbewusst hatte sie sehr wohl erkannt, dass Angriff momentan die beste Verteidigung war.
“Mit mir?”, wiederholte er überrascht. “Wir reden nicht von mir.”
“Das sollten wir jetzt aber endlich tun!”, meinte sie mutig, ohne sich von seiner abweisenden Haltung einschüchtern zu lassen. “Warum bist du immer derart unzugänglich? Was hat dich so werden lassen?”
“Das genügt.” Er stand heftig auf und ging zum Haus. “Ich gratuliere dir”, sagte er über die Schulter. “Du hast dich wieder einmal durchgesetzt und das Gespräch zu einem Ende gebracht.”
Nachdem er verschwunden war, kehrte Ria in ihr Zimmer zurück und zog sich aus. Erschöpft legte sie sich ins Bett, zog die kühle, weiche Decke über sich und barg das Gesicht in den Armen.
Wie hatte sich ihr Leben nur in so kurzer Zeit so grundlegend verändern können? Konnte Liebe tatsächlich so etwas mit einem machen? Brach sie einem das Herz und stürzte einen in Abgründe der Verzweiflung?
Irgendwann musste Ria erschöpft eingeschlafen sein, denn sie erwachte früh am nächsten Morgen, als Glockengeläut die Gläubigen zum Frühgebet rief. Es war noch dämmrig im Zimmer, und durch die offene Balkontür wehte ein kühler Wind herein, der erfrischend nach Meer duftete. Im Haus herrschte absolute Stille.
Plötzlich sehnte sich Ria danach, draußen die frische Morgenluft zu genießen. Rasch stand sie auf, zog eine weiße Hose und einen warmen Pullover an, bürstete sich das Haar, bis es wie flüssiges Silber glänzte, und ging leise nach unten.
Von den Hunden war nichts zu sehen. Ria ging in den Garten, atmete die süßen Düfte von Jasmin und Geißblatt ein und hörte den Vögeln zu, die den neuen Tag begrüßten. Der Himmel leuchtete rosa und malvenfarben, dann fielen die ersten Sonnenstrahlen in den Garten und ließen die Blüten von Hibiskus, Oleander und Geranien in Rosa, Purpur, Zinnober und Scharlachrot erglühen.
Weit draußen auf dem Meer entdeckte Ria eine Gruppe winziger Punkte: Fischerboote, die in den Hafen zurückkehrten. Eine Zeit lang schaute Ria ihnen zu, dann wurde sie wieder von dem tiefen Schmerz in ihrem Herzen überwältigt.
“Ein friedlicher Morgen, nicht wahr?”
Unvermittelt hob sie den Kopf und drehte sich um. Dimitrios stand von ihr ein Stück entfernt neben einer offenen Holztür, durch die er offenbar den Garten betreten hatte. Er deutete auf die zwei riesigen Körbe zu seinen Füßen. “Wir hatten heute Nacht viel Erfolg.”
“Warst du fischen?”, fragte Ria überrascht. Dimitrios’ Kleidung war schmutzig und seine Haut salzverkrustet. Offenbar hatte er nicht nur zugeschaut. Zum ersten Mal, seit Ria ihn kannte, war er nicht makellos gekleidet, doch dadurch wirkte er eher noch attraktiver.
Die Hunde sprangen bellend auf Ria zu, bis Dimitrios scharf mit den Fingern schnippte. Dann ließen sie sich hechelnd unter den Bäumen ins Gras sinken.
“Überrascht dich das?”, fragte er spöttisch. “Ich esse, trinke und schlafe auch, genau wie andere Männer.”
Verlegen wandte sie den Blick ab. “Nicht alle Männer sind Fischer”, antwortete sie steif.
Er lachte leicht. “Hier schon. Was glaubst du, wovon die Leute hier leben? Das Meer ist ihr Freund und ihr Gebieter.”
Ria beobachtete, wie er sich die schweren Körbe auf die Schultern hob. Seine Muskeln spannten sich unter der Last. “Gehört dir ein Boot?”
“Die ganze Flotte.” Als sie ihn verblüfft anschaute, fuhr er fort: “Mein Großvater väterlicherseits hat vor vielen Jahren in Koista eine Fischfabrik gebaut. Das erwies sich als gute Investition, der Betrieb wurde immer größer, und nach dem Tod meines Großvaters hat mein Vater mit dem Ertrag die unterschiedlichsten Unternehmungen finanziert. Er soll ein guter Geschäftsmann gewesen sein.” Seine Miene war völlig ausdruckslos. “Heutzutage stammt der Großteil unseres
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