Verwechslungsspiel in Griechenland
auch einmal abschalten …” Mit Unschuldsmiene drehte sie sich zu Ria um. “Ach, bitte richten Sie Rosa aus, dass ich noch ein Glas heiße Milch möchte, ja?”
Sie behandelt mich wie eine Hausangestellte, dachte Ria rebellisch. Trotzdem, Kristie hatte Stil, das musste man ihr einfach lassen. Sie manipulierte ihre Mitmenschen mit geradezu beneidenswerter Leichtigkeit.
Am nächsten Morgen erschien Kristie in einem fast unanständigen dünnen Negligé schön zurechtgemacht zum Frühstück, blieb, bis die Männer zur Arbeit gefahren waren, und ließ sich danach den ganzen Vormittag nicht mehr blicken. Die nächsten Tage verliefen genauso. Mittags aß Kristie manchmal mit Christina, danach schlenderte sie im Garten oder im Haus umher, las Zeitschriften und ließ sich von Rosa ein eisgekühltes Getränk nach dem anderen bringen. Immer war sie perfekt gekleidet, und ihre Frisur saß tadellos.
Nach der ersten Begegnung hatten Kristie und Poppy sich stillschweigend darauf geeinigt, sich gegenseitig zu ignorieren, aber aus irgendeinem Grund konnte Kristie Ria nicht in Frieden lassen. Kalt und boshaft beobachtete sie jede ihrer Bewegungen und machte ihr immer wieder angeblich hilfreiche Vorschläge, hinter denen sie jedes Mal eine Bosheit verbarg.
Die Abende waren für Ria am allerschwersten zu ertragen. Sobald Dimitrios nach Hause kam, klammerte Kristie sich an ihn und ließ ihn nicht mehr los. Von Zeit zu Zeit seufzte sie, als wäre sie völlig erschöpft, wobei sie Ria und Poppy trotzig anschaute, wie um ihren Widerspruch herauszufordern.
Ria ging Dimitrios immer mehr aus dem Weg. Abends zog sie sich gleich nach dem Essen auf ihr Zimmer zurück und kam morgens erst zum Frühstück herunter, wenn er schon zur Arbeit gefahren war. Sie wusste, dass sie damit Kristie direkt in die Hände spielte, konnte es aber nicht ändern.
Als Ria am vierten Abend nach Kristies Ankunft gerade ins Bett gehen wollte, klopfte es leise an der Tür. Ria dachte, es sei Rosa, denn Christina hatte darauf bestanden, dass die Haushälterin ihr jeden Abend ein Glas warme Milch brachte, weil Ria angeblich zu dünn wurde. Also zog sie nur einen kurzen Bademantel über, ging zur Tür und öffnete.
Draußen stand Dimitrios, die Hände arrogant in die Hüften gestemmt und die Lippen drohend zusammengepresst. “Ich muss mit dir sprechen.” Er schob sich an Ria vorbei ins Zimmer, und dabei nahm sie einen Hauch von Kristies schwerem Parfum an ihm wahr.
“Also?” Er wartete, bis Ria die Tür geschlossen hatte, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Ria finster an. “Erzählst du mir freiwillig, was los ist, oder muss ich dich dazu zwingen?”
“Ich weiß gar nicht, wovon du sprichst”, behauptete Ria trotzig. Noch immer glaubte sie, Kristies Parfum einzuatmen.
“Wirklich nicht?” Gereizt betrachtete er sie von oben bis unten. “Dann bilde ich mir das Ganze wohl ein?” Als sie schwieg, wurde sein Blick noch härter. “Hör zu, meine Liebe, ich will wissen, warum du jedes Mal wie ein verschrecktes Kaninchen davonläufst, wenn du mich siehst, und ich gehe nicht, bevor du es mir gesagt hast!” Während er den wenig schmeichelhaften Vergleich zog, funkelte Ria Dimitrios zornig an, gab aber weiter keine Antwort. “Kristie hat angedeutet, dass dir die Arbeit über den Kopf wächst. Stimmt das?”
“Nein! Sie soll ihre Meinung gefälligst für sich behalten!”
“Was soll denn das heißen?” Er strich sich mit einer Hand durchs schwarze Haar. “Sie wollte dir doch nur helfen!”
“Das wäre das erste Mal!” Sofort bereute sie, was sie gesagt hatte. Jetzt würde er sie auch noch für kleinlich halten.
“Ich will wissen, was mit dir los ist!” Anscheinend war er mit seiner Geduld fast am Ende. “Vor meiner Abreise haben wir uns noch blendend verstanden, und jetzt …”
Blendend verstanden! Und sie hatte so viel Hoffnung an diese Zeit geknüpft! Es überwältigte sie fast, ihn so lässig davon sprechen zu hören. Lieber würde sie sterben, als ihm zu verraten, dass sie es nicht aushielt, ihn mit Kristie zu sehen. Diese Genugtuung wollte sie ihm nicht geben.
“Es geht mir ausgezeichnet”, erklärte sie abweisend. “Nur weil ich nicht jede Minute in deiner Nähe verbringen will, bin ich noch längst nicht krank! Du bist nämlich nicht unwiderstehlich, auch wenn du das zu glauben scheinst!”
“Das darf doch nicht wahr sein! Wer hat denn verlangt, dass du jede Minute mit mir verbringst?”
“Na, du bestimmt nicht!”,
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