Verwechslungsspiel in Griechenland
fuhr Ria ihn an. Sie wusste, dass sie Unsinn redete, doch es war ihr einerlei. “Und ich würde es auch gar nicht wollen!”
“Nein?” Er presste grimmig die Lippen zusammen, und bevor sie es verhindern konnte, zog er sie an sich und küsste sie verlangend auf den Mund.
Im ersten Moment war Ria wie gelähmt, dann flammte heißer Zorn in ihr auf. Das ließ sie nicht noch einmal mit sich machen! Er dachte wohl, er könne sie tagelang vernachlässigen und sie würde ihm trotzdem dankbar um den Hals fallen, sobald er sich ihr gnädig wieder zuwandte?
Ohne Vorwarnung trat sie ihm gegen das Schienbein. Er zuckte zusammen, drückte sie aber nur noch fester an sich, und auch als sie sich in seinen Armen wand und ihm mit den Fäusten auf den muskulösen Rücken trommelte, ließ er sie nicht los. Sein Mund bekam einen grausamen Zug. Ria schmeckte Blut auf den Lippen.
Dass ihr Bademantel aufgegangen war, merkte sie erst, als Dimitrios sie rückwärts aufs Bett stieß. Schwer atmend kniete er über ihr, hielt ihre Arme über ihrem Kopf fest und betrachtete ihren nackten Körper.
Ria schloss die Augen, als könnte sie dadurch die Wirklichkeit aussperren. Tränen glitten unter den geschlossenen Lidern hervor und über die Wangen, doch Ria gab keinen Laut von sich. Sie wollte sich nicht noch mehr demütigen, indem sie Dimitrios anflehte, sie loszulassen.
Mehrere Sekunden verstrichen, dann hörte sie Dimitrios gequält aufstöhnen. Er ließ ihre Arme los. Sofort rollte sie sich schutzsuchend eng zusammen. Mit einem Finger berührte er ganz leicht ihr nasses Gesicht.
“Was machst du nur mit mir?” Seine Stimme klang so verzerrt, dass Ria ihn kaum verstand. Er wickelte den Bademantel wieder um sie, zog sie hoch und drückte sie an seine Brust. Sein Herzschlag dröhnte ihr in den Ohren. Vor Scham und Angst blieb sie steif sitzen, und nach einer Weile stand er auf und betrachtete grimmig ihr blasses Gesicht und die bebenden, geschwollenen Lippen.
“Ich will dich nicht noch mehr beleidigen, indem ich dich um Vergebung bitte. Ich kann nur sagen, dass ich mein Verhalten tief bedaure. Es wird nie wieder geschehen, das verspreche ich dir. Falls du trotzdem das Gefühl hast, nach England zurückkehren zu müssen, werde ich dafür sorgen, dass du morgen abreisen kannst.”
“Ich bleibe bis zur Hochzeit. Ich halte mein Wort”, erwiderte sie, ohne die Augen zu öffnen.
Erst als sie hörte, wie die Tür ins Schloss fiel, hob Ria den Kopf. Sie war allein. Dort, wo in ihrem Herzen die Liebe zu ihm gewohnt hatte, spürte sie nichts als Leere. Sie würde ihm nie verzeihen. Nie.
Am nächsten Vormittag ging Ria mit Christina Listen von Bestellungen für das Hochzeitsfest durch. Obwohl es Ria trotz Make-up nicht gelungen war, ihre geschwollenen Lippen und die tiefen Schatten unter ihren Augen zu vertuschen, machte Christina zunächst keine Bemerkung dazu, sondern schaute Ria nur von Zeit zu Zeit besorgt an.
Beim Frühstück hatte Ria erfahren, dass Dimitrios in aller Frühe zu einer zweitägigen Reise auf eine der Inseln aufgebrochen war. Kristie begleitete ihn.
“Sie hat sich ganz plötzlich dazu entschlossen”, hatte Nikos missbilligend erzählt, und Poppy hatte tröstend nach Rias Hand gegriffen.
Das Mitgefühl der beiden hatte ihr gutgetan, doch die Ereignisse der letzten Nacht hatten sie so erschüttert, dass sie kaum wahrnahm, was um sie vorging. Erst lange nachdem Dimitrios ihr Zimmer verlassen hatte, war ihr bewusst geworden, wie leblos und hoffnungslos seine Stimme bei den letzten Worten geklungen hatte. Sie stand vor den Scherben ihrer Wünsche und Träume und besaß nicht einmal mehr die Kraft zu trauern. Eine lähmende Betäubung hatte von ihr Besitz ergriffen, und Ria war dankbar dafür.
“Geteiltes Leid ist halbes Leid”, meinte Christina, nachdem sie die letzte Liste durchgesprochen hatten.
Ria schaute sie nur stumm an. Sie wollte nicht mit Christina darüber sprechen. Der eisige Panzer um ihr Herz könnte schmelzen und der Schmerz zurückkehren.
“Na komm, Ria”, drängte Christina sanft. “Ich bin nicht blind, auch wenn ich die meiste Zeit in meinem Zimmer eingesperrt bin. Seit Kristies Ankunft bist du völlig verändert. Macht sie dir Schwierigkeiten?”
Ihr Mitgefühl war zu viel für Ria. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie sprang auf und wollte das Zimmer verlassen, doch Christina legte ihr tröstend einen Arm um die Schultern und führte sie auf den Balkon hinaus, wo Rosa ihnen ein zweites
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