Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verwegene Herzen (German Edition)

Verwegene Herzen (German Edition)

Titel: Verwegene Herzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Lofty
Vom Netzwerk:
kämpfen.
    Aber ein anderer Ruf verlangte von ihm zu warten, einer, der aus einer persönlicheren Quelle stammte. Will war in diese Schwierigkeiten hineingestolpert, wenn auch mehr durch Zufall und besondere Umstände. Aber es war an ihm, sich für den Kampf zu entscheiden. Robin konnte sich nicht einfach in die Angelegenheiten seines Neffen einmischen, ebenso wenig wie er seine Pflichten gegenüber den Menschen vernachlässigen durfte, die unter seinem Schutz standen.
    Er war nicht ganz sicher, welche Folgen das für sein Handeln haben würde – abgesehen von jener kleinen, unbedeutenden Entscheidung, die er bereits getroffen hatte.
    Seufzend wandte er sich wieder den Aufzeichnungen zu. Marian hatte sorgfältig Buch geführt über die Rechnungen des Anwesens und seine Erträge, ebenso gab es Zeugnis über jede Auseinandersetzung und jeden Rechtsspruch. Mit ihrer zarten Hand hatte sie jedes Blatt berührt, jedes Detail. Er legte einen Finger auf die Tinte, die schon so lange getrocknet war, und stellte sich das Leben vor, das sie während seiner Abwesenheit geführt hatte – all die Verantwortung, das Warten – und eine Einsamkeit, die der seinen entsprach. Jedes Mal hatte sie sich so verhalten, wie ihr gemeinsames Leben es erforderte.
    Selbst in Bezug auf Will, wie er schließlich zugeben musste.
    „Robin, kann ich dich sprechen?“
    An der Tür stand Will.
    „Verdammt“, murmelte Robin in sich hinein. All seine Muskeln spannten sich an, ohne dass er irgendetwas dagegen hätte tun können. Er deutete auf den Stuhl gegenüber seinem Schreibtisch. „Setz dich.“
    „Nein danke.“ Mit seinen gespreizten Beinen und den hinter dem Rücken verschränkten Händen hatte Will die Haltung eines Mannes eingenommen, der zum Kampf bereit ist. „Es wird nicht lange dauern.“
    Robin beklagte zwar die Umstände, die sie zu Feinden gemacht hatten, aber wenn er den Jungen so ansah, den er angeleitet und aufgezogen hatte, so erfüllte ihn das mit Stolz. Marian hatte recht, was nicht überraschend war. Will war zu einem guten, ehrbaren Mann herangewachsen, der stets nach der Anerkennung suchte, aber niemals danach fragte, obwohl Robin sie ihm so lange verwehrt hatte.
    „Was gibt es, Will?“
    „Dryden ist unberechenbar. Er ist gefährlich. Eine Bedrohung für die Ordnung in den gesamten Midlands.“
    „Da widerspreche ich dir nicht. Du hast ein Hornissennest gefunden und mitten hinein gestochen.“
    Er erwartete eine scharfe Antwort, doch Wills Gesicht blieb ausdruckslos. In seinem Inneren tobte ein Kampf, der ihm keine Scherze erlaubte.
    „Ich kann …“ Seine Stimme versagte, während seine Wangen sich röteten. In seiner kämpferischen, selbstsicheren Haltung trat er von einem Fuß auf den anderen. „Ich kann ihm nicht allein entgegentreten.“
    Robin stand auf und vermied es, Will in seiner Verlegenheit anzusehen, teils aus Respekt vor dessen Stolz, teils, weil er selbst so voller Hoffnung und Erwartungen in Bezug auf seinen Neffen war. „Das überrascht mich“, sagte er, um einen gleichmütigen Ton bemüht. „Dein ganzes Leben lang hast du versucht, alles allein zu machen.“
    „Diesmal nicht.“ Will senkte den Kopf und schluckte. „Ich bin Finch nur knapp lebend entkommen. Dabei habe ich Meg großer Gefahr ausgesetzt. Mir fehlt – mir fehlt es an Erfahrung, um ihn zu besiegen.“
    Hastig schenkte Robin sich einen Krug Ale ein. Er trank ein paar Schlucke, dann gestand er sich den wichtigsten Grund ein, warum er keine Hilfe anbot: Er wollte, dass Will ihn fragte. Dieser Gedanke erschien ihm kleinlich und selbstsüchtig, aber er konnte nichts dagegen tun. Irgendwann in ihrer gemeinsamen Zeit war Will in den Vordergrund getreten: Er war jünger, stärker, wagemutiger und überlegter, und jetzt war er auch noch entschlossener und disziplinierter. Robins Vorherrschaft schwand dahin, und er bereitete sich darauf vor, eher wie ein Freund zu handeln denn wie ein Onkel. Aber er brauchte dazu eine Einladung. Er wollte wissen, dass er in Wills Augen, in den Augen des Menschen, der zugleich sein größter Erfolg und seine schwierigste Aufgabe gewesen war, noch immer ein Mann von Wert war.
    Er hob den Kopf und sah seinem Neffen direkt in die Augen. Und wartete ab.
    „Robin, ich brauche deine Hilfe.“

36. Kapitel
    Und Robin Hood blies, laut und schrill,
    blies kräftig in sein Horn,
    den Hügel hinab dann alsbald stolpert,
    sein guter Freund, Little John.
    „Robin Hood and the Tanner“
    Ballade, 17. Jahrhundert
    N 

Weitere Kostenlose Bücher