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Verwegene Herzen (German Edition)

Verwegene Herzen (German Edition)

Titel: Verwegene Herzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Lofty
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bereitet zu haben, schon.
    Aber ihre Besorgnis rührte nur von der Notwendigkeit her, dass sie seine Augen benötigte.
    Sie rieb ihre Hände, um die kalte Taubheit daraus zu vertreiben, und kroch an seine Seite. Behutsam und mit zitternden Fingern strich sie über den Verband. Der Stoff war von Blut durchtränkt, aber es schien nicht frisch zu sein. Sie würde warten, bis er erwachte, und erst dann die Verbände wechseln.
    Wenn er erwacht .
    Im Dunkeln tastete sie nach seiner Stirn und legte prüfend eine Hand auf seine Haut. Zwar strahlte er nicht die glühende Hitze eines Fiebernden aus, doch seine Stirn fühlte sich heiß an. Weder schwitzte noch fror er, obwohl sie, als sie die Kälte tief in ihrem Innern spürte, Letzteres nicht erstaunt hätte.
    Auch wenn sich ihre Sorge um sein Wohlergehen gelegt hatte, blieb sie noch bei ihm. Sie hielt seinen Nacken umfasst und grub die Finger in sein Haar. Hätte sie sehen können, wäre sie schon seit Stunden mit seinem Aussehen vertraut gewesen. Aber sie besaß nur Eindrücke, die sie seinen Worten und seinem Verhalten entnommen hatte. Die Neugier trieb sie zu einer raschen Erkundung.
    Rasch ertastete sie die Konturen seines Gesichts. Die geschlossenen Augen, die feinen, gebogenen Brauen und die hohen Wangenknochen vermittelten den Eindruck wolfsartiger Züge. Von den Augenwinkeln gingen feine Fältchen aus. Die Linien von der geraden Nase hin zu den festen Lippen beschworen dunkle Bilder herauf.
    Er ist schön .
    Ohne Will Scarlet wäre nichts von dem geschehen, was das Entsetzen dieses Tages ausgemacht hatte. Sie wäre zu Hause und in Sicherheit, genau wie Ada. Schon allein aus Anstand sollte sie ihn hassen. Aber er hatte ihr das Leben gerettet. Zwei Mal. Und je mehr sie von ihm entdeckte, desto mehr wollte sie wissen. Ein Hunger überkam sie, das Grundbedürfnis nach menschlicher Nähe – einer Nähe, die ihr viel zu lange verwehrt worden war.
    Sie ließ die Hände über sein Kinn zu seinem Hals gleiten. Bartstoppeln kratzten auf ihrer Haut. Sie erschauerte. Wie ein Forscher entdeckte sie die starken Muskeln seiner gesunden Schulter, die festen Umrisse seiner nackten Brust, den flachen, straffen Bauch. Ein Hauch feiner Haare kitzelte ihre Handfläche.
    Sie holte tief Atem, und Wärme erfüllte ihre Lungen, breitete sich aus bis zu ihren Schenkeln. Verlangen. Ihr Körper gab diesem Drängen nach, sie rückte näher zu dem Mann, der wehrlos vor ihr lag. Das, was sie fühlte – so fest und glatt wie ein Edelstein, warm wie ein heimeliges Feuer –, verlockte sie, mehr zu erfahren.
    Seit Langem schon war sie daran gewöhnt, andere Sinne zu benutzen, und so genügte es ihr nicht, ihn nur zu berühren. Sie atmete seinen männlichen Geruch ein, während ihre Nase nur ein winziges Stück entfernt war von seiner Haut. Der Fluss hatte die Gerüche nicht ganz fortspülen können, daher roch sie Blut, Metall und Schweiß, aber es gefiel ihr. Faszination umfing sie wie ein Wasserfall, drohte sie ganz zu verschlingen.
    Sie stützte sich zu beiden Seiten seines Oberkörpers auf, berührte ihn behutsam mit ihren Lippen und hoffte bei jedem Atemzug, endlich genug von ihm zu haben. Sie verfluchte sich, weil sie zu einem einsamen, verzweifelten Geschöpf geworden war, doch weder Fluch noch Angst vermochten sie zurückzuhalten. Die Angst drängte sie vielmehr weiter. Sie wollte diejenige sein, die bestimmte, die sich nahm.
    Dass sie all das von einem Mann wollte, der Ada eingesperrt hatte – ein Teil von ihr genoss diese Gefahr und den Wahnsinn, der darin lag.
    Wie ein Mensch, dessen Hunger von dem Geruch nach Essen geweckt wird, wollte Meg ihren Appetit stillen. Sie berührte seine Haut mit der Spitze ihrer Zunge. Sie schmeckte Salz und etwas Würziges. Ein wildes Feuer loderte in ihren Adern. Sie drängte sich näher an ihn, bereit, noch mehr zu versuchen.
    Dann umfassten starke Hände ihre Hüften und drückten sie. Sie stöhnte.
    Genau wie er.
    „Hört auf, Meg. Sonst nehme ich Euch jetzt gleich ohne jedes Bedauern.“

5. Kapitel
    Bleib, Will Scarlet, bleib eine Zeit,
    und mache für mich ein Feuer bereit.
    „Robin Hood’s Flight“
    Leigh Hunt, 1820
    M  eg hob den Kopf von seinem Bauch. Ihre Lippen waren geschwollen, ihr Mund leicht geöffnet, den Blick hielt sie gesenkt. Ihr Mienenspiel drückte abwechselnd Überraschung und Selbstbewusstsein aus. Sie leckte sich über die Lippen, den Mund zu dem schiefen Lächeln verzogen, das er schon kannte. Sie war ihm ein

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