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Verwegene Herzen (German Edition)

Verwegene Herzen (German Edition)

Titel: Verwegene Herzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Lofty
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seinen Adern aus, umnebelte seinen Geist. Er hielt den Atem an, als sie die Finger über seine Wange gleiten ließ, an seinem Kinn entlang, bis zu seinem Bauch. Er hielt den Atem an, bis seine Lungen brannten.
    Ihr langer, heller Hals verlockte ihn. Er könnte sich vorbeugen und ihre kühle Haut küssen, den sauberen Duft einatmen, sie beißen – aber er rührte sich nicht. Forschend ließ sie ihre Hand weitergleiten, über seinen Körper, seine Hüften. Er holte tief Luft und kniff die Augen zusammen, um nicht zu sehen, wie sie den Kopf beugte, nur wenige Zentimeter von seinen Lenden entfernt.
    Sie bewegte die Hände weiter, immer tiefer, bis zu seinen Füßen. Dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus, und triumphierend zog sie ihm die abgetretenen Stiefel aus. Ihre Miene und der letzte Rest seines gesunden Menschenverstandes ließen ihn erkennen, was sie vorhatte.
    „Verdammt, Meg!“
    Aber es war zu spät. Schon entfernte sie die Dietriche aus seinen Stiefeln.
    Ihr Lächeln verschwand, als sie sich einen Schleier über das Gesicht zog. Dann stand sie auf, nahm ihren Beutel und wandte sich an ihren Begleiter. „Wir sind fertig.“
    Dryden warf Wills Waffen in den Wald und verscheuchte dessen Pferd. Ohne ein weiteres Wort stiegen sie auf ihre eigenen Pferde und wandten sich in Richtung Nottingham. Wills Blick ruhte auf Megs Hinterkopf; er sah, wie der Wind sich in ihrem Schleier fing und ihn wie ein Segel aufblähte. All das sah er, aber er konnte nicht glauben, was hier geschehen war. Und seine Fassungslosigkeit brachte sie nicht dazu, das Pferd zu zügeln und zu ihm zurückzureiten.
    Mit einem leisen Fluch überprüfte er die Fesseln. Der Strick grub sich nur noch tiefer in seine Schultern. Von seiner Verletzung zuckte ein lähmender Schmerz durch seine Gliedmaßen, ein sich allmählich steigerndes Pochen, das nicht nachlassen wollte. Und sein Körper schien noch immer zu glühen, sehnte sich nach Megs neugierigen Händen, wollte ihren Mund auf seinem spüren. Er spürte, wie ein wahnsinniges Lachen in ihm aufstieg.
    Wie sehr er sich doch wünschte, ihr gegenüber nur noch Gleichgültigkeit zu empfinden.
    In seinem liebsten Tagtraum stellte er sich vor, wie er die beiden davonreiten lassen würde. Nie wieder würde er an sie denken. Meg würde tun, was immer ihr Dummes durch den Kopf ging, und sie würde irgendein männliches Wesen, ob freiwillig oder nicht, in ihre Pläne hineinziehen. Er würde ihr nicht helfen, aber er würde sie auch nicht an Finch ausliefern. Beides würde bedeuten, dass er ihr wieder nahe kommen müsste, und nichts versetzte ihn mehr in Angst, nichts versuchte ihn mehr. Da war es ihm schon lieber, an einen verdammten Eichbaum gefesselt zu sein.
    Er stemmte sich gegen die Rinde und versuchte, die Stricke zu lockern. Die unbequeme Position versetzte ihm einen Schmerz im unteren Rückenbereich. In seiner Schulter pochte es, als würde ein glühendes Eisen dagegen gepresst. Derselbe kühle Herbstwind, der Megs Schleier hatte flattern lassen, strich nun über die Schweißperlen, die sich auf seiner Stirn sammelten, sein Haar und seine nackten Fußsohlen.
    Er blickte nach Osten und zu der unebenen Straße hin, die zwischen den Bäumen des Charnwood hindurchführte. Obwohl nirgendwo jemand zu sehen war, musste er sich eingestehen, dass kein einziger Mensch ihm aus seiner misslichen Lage helfen würde, selbst wenn sie zu Hunderten vorbeikämen. Er vermutete, dass selbst Marian, die einzige Person, die ihn gegen Verleumdungen und Verdächtigungen verteidigt hatte, den Blick abwenden und an ihm vorbeigehen würde. Um seiner trotzig verteidigten Unabhängigkeit willen hatte Will alle Brücken hinter sich rücksichtslos abgebrochen.
    Bedauern stieg in ihm auf. Er zählte bis drei, die Anzahl der Jahre, in denen Robin eine gute Meinung von ihm gehabt hatte. Heftig schluckte er und wich vor dem alten Schmerz zurück wie ein Feigling von einem Kampf.
    Und er war es gewesen, der Meg Stolz und Vereinsamung vorgeworfen hatte – er, ein Mann, der ganz allein war, gefesselt, an einen Baum gefesselt.
    Von einem Zügel geführt und voller Vertrauen in Drydens Leitung presste Meg die Knie gegen die Seiten des Sattels. Hohl klapperten die Hufe der Pferde auf der Holzbrücke, die hoch über den Trent führte. Das Rauschen der Fluten dröhnte ihr in den Ohren, wie die endlosen Rufe der Krähen oder die erstickten Schreie einer Frau, ehe sie in die Tiefe sank. Sie kniff die Augen zusammen und

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