Verwegene Herzen (German Edition)
Haube zwischen den Blättern gefunden hatte, stand sie hastig auf. „Stimmt es nicht, dass Ihr eine einflussreiche Familie habt, die sich für Euch beim Sheriff einsetzen könnte?“
„Es ist nicht so, dass …“
„Stattdessen lehnt Ihr diese Hilfe ab“, fuhr sie fort und schob ihr Haar unter die Haube. „Ihr geht in den Wald, den Ihr verabscheut, zusammen mit einem blinden Mädchen, einem jüdischen Jungen und einem Haufen von Leuten, die Euren Kopf gefordert hätten, wäre da nicht ein Adliger gewesen, der versucht hat, Euch umzubringen. Welche Antworten habt Ihr mit absoluter Gewissheit parat?“
„Ich wusste, dass Ihr es mir schwer machen würdet.“
Er stand auf und führte sie zurück zur Hütte.
„Will?“
Als er zum ersten Mal seinen Vornamen aus ihrem Mund hörte, wäre er um ein Haar stehen geblieben. Aber dann hätte er sie auch geküsst. Und wenn er sie geküsst hätte, wäre aus dieser unangenehmen Angewohnheit, sich für den schwierigen Weg zu entscheiden, eine feste Einrichtung geworden.
„Will, was wollt Ihr damit sagen?“
„Dass ich mich sorge“, erklärte er über die Schulter hinweg. „Ihr macht es mir schwer, mich um das zu kümmern, was aus Euch wird.“
In der Dunkelheit öffnete Meg die Augen und rang nach Luft. Feuchte Nachtluft drang ihr in Mund und Nase und raubte ihr den Atem. Sie versuchte, einen Traum aus ihrer Erinnerung zu verbannen, doch sie fand keine Ruhe. Immer wieder drängten sich ihr die Bilder von ineinander verschlungenen Armen und Beinen auf, vernebelten ihr die Sinne, ließen sie zwischen den Schenkeln feucht werden.
Als ihr Herz wieder ruhiger schlug, nahm sie Will sein Eindringen übel. Aber es war ihr unmöglich, die Erinnerung an ihre leidenschaftliche Begegnung zu unterdrücken. Seine Stimme, sein Geruch, jede seiner Eigenschaften widersetzte sich ihrem ansonsten so starken Willen.
Und seine Küsse.
Sie wollte vor ihm davonlaufen, aber ihr gesunder Menschenverstand war ein Opfer der Leidenschaft geworden. Nicht einmal in den Schlaf und den Zauber des Feuertraums konnte sie sich zurückziehen. Will folgte ihr überallhin.
Langsam und leise setzte sie sich auf und rief sich die Einrichtung der Hütte ins Gedächtnis zurück, um sich zu orientieren. Irgendwo neben der Tür schlief Jacob tief und fest und schnarchte mit geöffnetem Mund. Will hatte einen Platz auf dem Boden eingenommen, parallel zu ihrem Arbeitstisch, und Dryden hatte sich ein Lager neben seinem Cousin eingerichtet. Er wollte sich während der Nacht um Monthemers Bedürfnisse kümmern.
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen und lenkte sie weiter ab von dem Traum mit seinen eindeutig sinnlichen Inhalten. Abgesehen von Jacob hatten sie und Ada niemals Gäste gehabt. Der Raum bot kaum genug Platz für mehrere Menschen, die nun um die Möbel herum lagerten.
Doch in Abwesenheit ihrer Schwester beherbergte Meg nun zufällig vier Gäste. Vier Männer schliefen unter ihrem Dach. Sie sollte das als anstößig empfinden oder Angst haben, aber Anstößigkeit hatte für sie schon längst keinen Schrecken mehr. Und was die Angst betraf, in der Dunkelheit der Nacht von vier verschiedenen männlichen Gestalten umgeben zu sein, so brachte sie nicht genug Energie dafür auf. Die vergangenen Tage hatten genügend Schrecken mit sich gebracht, um die schlimmsten Albträume einer Frau wahr werden zu lassen.
Nur einer von diesen vier Männern machte ihr Angst.
Ein Stöhnen schreckte sie aus ihren Gedanken, und sie wandte sich Monthemers Strohsack zu.
Einen kleinen Moment lang schob sich ihr Traum wieder in den Vordergrund, mit Stöhnen und Seufzen. Sie presste die Fingerspitzen an die Schläfen, als könnte sie so ihre Gedanken ergreifen und sie zwingen, sich aus ihrem Kopf zurückzuziehen.
Reglos wartete sie auf das nächste Geräusch. Ein weiteres Stöhnen? Ob Dryden erwachte? Der schwache Rest einst lodernder Flammen knisterte in der Feuerstelle. Draußen begann eine mutige Lerche ihr erstes Lied, was ihr einen Hinweis darauf gab, wie spät es war.
Von Monthemers Strohsack ertönte ein weiteres Stöhnen.
„Milord?“
Ihr leises Flüstern, an Dryden gerichtet, durchdrang kaum die Stille der Nacht. Keine Antwort. Sie legte einen Umhang um ihre Schultern und ging das kleine Stück zu Monthemer hinüber. Der Geruch von Blut und Eisenhut stieg ihr in die Nase. „Milord?“
„Hier.“
Sie presste die Hände vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien.
„Entschuldigung“, sagte Dryden. „Ich
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