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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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und liegt jetzt auf der Intensivstation.»
    Der Stift kratzte wieder übers Papier.
Miller bei Bewusstsein. Soll schon wieder dämliche Witze reißen.
    Ich lächelte. Das war seit einer Ewigkeit die erste gute Nachricht. «Großartig.» Ich holte tief Luft. «Hören Sie, ich   …»
    Doch sie hatte bereits zu schreiben begonnen. Mittlerweile strengte es sie offensichtlich immer mehr an. Nachdem sie fertig war, riss sie das Blatt vom Block und faltete es zusammen. Ihr fielen schon die Augen zu, als sie es mir reichte. Ich glaube, sie war eingeschlafen, ehe das Blatt in meiner Hand war.
    Ich faltete es erst auseinander, als ich wieder auf dem Gang war. Steph Cross hatte nur einen Satz geschrieben.
Sie haben richtig gehandelt.
    Als ich das las, stiegen mir Tränen in die Augen. Eine Weile musste ich mich sammeln, dann steckte ich das Blatt ein. Ich wollte unbedingt raus aus dem Krankenhaus, frische Luft atmen und einen klaren Kopf kriegen, doch das musste warten.
    Zuerst hatte ich noch etwas anderes vor.
     
    Mein Wagen und meine Sachen waren bei Sophie in Padbury. Ich hätte mir telefonisch ein Taxi rufen können, aber ich zog es vor, mir draußen eins zu suchen. Der Spaziergang würde mir guttun, und ich wollte nicht noch länger im Krankenhaus bleiben.
    Am Empfangsschalter wurde mir der Weg zum nächsten Taxistand erklärt. Kaum war ich auf der Straße, hielt neben mir ein Wagen. Als ich mich umdrehte, wurde das Fenster herabgelassen.
    Es war Terry.
    «Dachte ich mir doch, dass ich dich hier finde», sagte er. Ich ging weiter. «David! Mein Gott, warte mal einen Moment!»
    Er fuhr neben mir her.
    «Hey, ich will nur reden. Ich habe gehört, was letzte Nacht passiert ist. Wie geht’s Sophie?»
    Widerwillig blieb ich stehen. Ganz gleich, was ich von ihm hielt, Terry hatte einmal eine Beziehung mit ihr gehabt. Gefühle vergehen nicht, nur weil jemand Schluss macht.
    «Sie liegt auf der Intensivstation. Mehr weiß ich auch nicht.»
    «Himmel.» Er war blass geworden. «Ich weiß, dass ich der Letzte bin, den sie sehen will. Aber sie wird wieder gesund, oder?»
    «Ich weiß es nicht.»
    Er war wie gelähmt. «Wo willst du hin?», fragte er nach einer Pause.
    «Ich muss meine Sachen bei Sophie abholen.»
    Er beugte sich über den Beifahrersitz und öffnete die Tür. «Komm, ich fahre dich hin.»
    Eigentlich wollte ich mit Terry nichts mehr zu tun haben, aber das Leben ist zu kurz, um nachtragend zu sein. Außerdem war ich so müde, dass ich mich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
    Ich stieg ein.
    Während der ersten paar Kilometer sprachen wir kein Wort. Erst als wir die Stadt und die Vororte hinter uns ließen und aufs Land kamen, durchbrach er die Stille. «Willst du darüber sprechen?»
    «Nein.»
    Er verstummte wieder. Ich starrte durchs Fenster auf das vorbeirauschende Moor. Im Wagen war die Heizung an, und die Wärme und das Brummen des Motors machten mich schläfrig.
    «Immerhin wissen wir jetzt, wer Sophie neulich überfallen hat», sagte Terry.
    Ich seufzte. Terry hatte sich noch nie mit einem Nein zufriedengeben können. «Ich glaube trotzdem nicht, dass es Monk war. Er hat zugegeben, dass er bei ihr war, aber da war sie bereits im Krankenhaus. Als ich sie nach Hause gebracht habe, dachte ich, ein Tier hätte sich reingeschlichen, weil Monk sich mit der Erde von einem Fuchsbau eingeschmiert hatte, damit seine Fährte nicht aufgenommen werde konnte. Der Uringestank war unverkennbar. Wenn Monk schon vorher da gewesen wäre, wäre mir das aufgefallen.»
    «Fuchspisse? Schlaues Arschloch.» Terry klang fast bewundernd. «Es sind eine Menge Gerüchte im Umlauf. Er soll zum Beispiel eine Beziehung mit Angela Carson gehabt haben. Und angeblich wollte er sie gar nicht umbringen.»
    Ich rieb mir die Augen. Einerseits hatte ich keine Lust zu reden, andererseits konnte ich gut verstehen, dass Terry immer noch an dem Fall interessiert war. «Möglicherweise.»
    «Ist das dein Ernst?»
    Es gab eigentlich keinen Grund, ihm meine neuen Erkenntnisse vorzuenthalten. «Bevor ich das Krankenhaus verließ, habe ich mit einem Neurologen gesprochen. Er hat mir vom sogenannten Frontalhirnsyndrom erzählt. Das stellt sich manchmal ein, wenn der vordere Teil des Gehirns geschädigt ist.»
    «Und?»
    «Erinnerst du dich an die Delle in Monks Schädel?» Ich tippte mir an die Stirn. «Die wurde durch eine unfachmännisch ausgeführte Zangengeburt verursacht. Monks Mutter ist bei der Geburt gestorben, und ich glaube, dass dabei auch

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