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Verwesung

Verwesung

Titel: Verwesung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Ordnung?»
    Terry wirkte erschöpft. Die Beule an seiner Stirn, die ihm Monk verpasst hatte, war mittlerweile verschorft, wodurchsie noch schlimmer aussah. Er rieb sich mit den Handballen seine sowieso schon geröteten Augen. «Super.»
    «Wie läuft’s mit Simms?»
    «Simms?» Er sah mich verdutzt an, so als wüsste er für einen Augenblick tatsächlich nicht, von wem ich sprach. «Er wird mich jedenfalls nicht für eine Beförderung empfehlen, so viel steht fest.»
    «Gibt er dir die Schuld?»
    «Natürlich. Du glaubst doch nicht, dass er sich selbst dem Beschuss aussetzt, oder?»
    «Aber er ist der Ermittlungsleiter, er trug die Verantwortung   …»
    «Simms würde mich sofort den Haien zum Fraß vorwerfen, wenn sie ihn dafür in Ruhe lassen. Außerdem gibt es hier einige Leute, die es gar nicht abwarten können, dass der Neuling aus London einen Dämpfer kriegt.»
    Das konnte ich mir vorstellen. Ich fragte mich, ob ich ihm erzählen sollte, dass ich gehört hatte, wie Roper Simms Bericht erstattet hatte. Aber das war letztlich nur eine Vermutung, und Terry hatte schon genug um die Ohren.
    «Kann ich irgendetwas tun?»
    Er lachte freudlos auf. «Kannst du die Uhr zurückdrehen?»
    In dieser Stimmung hatte ich Terry noch nie erlebt. «Ist es so schlimm?»
    Er versuchte gleichgültig zu wirken. «Ach was. Ich habe nicht viel Schlaf gekriegt, das ist alles. Ist Sophie hier?»
    «Sie ist gestern Abend abgereist.»
    «Gestern Abend? Warum hat mir keiner was gesagt, verdammte Scheiße?»
    «Ich habe sie auch nicht mehr gesehen. Ich glaube, siewollte einfach nicht länger bleiben. Sie macht sich ziemliche Vorwürfe.»
    «Ja, da ist sie nicht die Einzige.»
    «Es war nicht ihr Fehler. In ihrer Position hätte ich wahrscheinlich das Gleiche getan.»
    Terry sah mich ohne jede Freundlichkeit an. Plötzlich hatte ich das Gefühl, ihn überhaupt nicht zu kennen. «Wieso verteidigst du sie plötzlich?», fragte er.
    «Ich habe nur gesagt   …»
    «Ich weiß, was du gesagt hast. Die ganze Sache ist schiefgelaufen, und mein Kopf steckt in der Schlinge, aber du machst dir vor allem Sorgen um die verfluchte Sophie Keller. Aber mir ist ja gleich aufgefallen, wie gut ihr beiden miteinander könnt.»
    «Was soll das heißen?»
    «Das soll   …» Er unterbrach sich. «Vergiss es. Grüß Kara von mir.» Er stieg wieder in seinen Wagen, knallte die Tür zu und jagte so schnell davon, dass mir der Kies gegen die Beine wirbelte. Ich blieb noch eine Weile stehen, hin- und hergerissen zwischen Ärger und Verwirrung.
    Doch das legte sich bald. Terry und die Ereignisse in Dartmoor rückten schnell in den Hintergrund. Alice schien jedes Mal, wenn ich weg war, größere Entwicklungssprünge zu machen, und Kara und ich sprachen von einem zweiten Kind. Meine Arbeit beschäftigte mich mehr denn je. Zwar war die Suche kein Erfolg gewesen, doch meine Rolle dabei hatte meinem Ruf nicht geschadet. Ich war mit einem Mal bei vielen Polizeibehörden gefragt, und gelegentlich wunderte ich mich über meine Vorfreude, wenn das Telefon klingelte und mir von weiteren verstümmelten oder verwesten Leichen berichtet wurde   … Doch ich sagte mir, dass es nurverständlich war. Das war eben meine Arbeit, ich musste Distanz wahren. Und wer wäre nicht erfreut, wenn seine Karriere so gut läuft?
    Dann kam die Sache mit dem Massengrab in Bosnien. Ich gehörte zu einem internationalen Team, das den Auftrag hatte, die Opfer zu exhumieren und, wenn möglich, zu identifizieren. Es war ein schrecklicher, monatelanger Aufenthalt, von dem ich drei Tage mit Fieber und Grippe im Bett verbrachte. Ich kehrte mehrere Kilo leichter zurück, ernüchtert von der menschlichen Fähigkeit zur Grausamkeit in einem solch industriellen Ausmaß. Ich war noch nie so froh gewesen, wieder zu Hause zu sein, und zunächst führte ich Karas distanzierte Art darauf zurück, dass sie mir Raum geben wollte, um mich wieder einzugewöhnen. Aber als ich Alice am ersten Abend nach meiner Rückkehr eine Gutenachtgeschichte vorgelesen hatte und Kara und ich dann bei einer Flasche Wein zusammensaßen, hatte ich den Eindruck, dass mehr dahintersteckte.
    «Na schön, erzählst du mir, was los ist?», fragte ich, nachdem sie schon eine ganze Weile ins Leere gestarrt hatte. Derart in sich gekehrt zu sein, sah ihr überhaupt nicht ähnlich, erst recht nicht, wenn wir uns wochenlang nicht gesehen hatten. «Hm? Ach, entschuldige, ich war ganz woanders.»
    «Das habe ich bemerkt. Was ist

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