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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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handgreifliche Träume.
    Still wie Heiligenlichter im Nebel stehn die Laternen:
    Die Lilien des Eisens geben den Geist auf in der Lohe des Eisens.
    Die Kälte des Weltalls senkt sich langsam herab auf die Erde.
    Die Häuser hüten ihre armselige Wärme tief unter grau gekleideten Flächen.
    Die Geräte waren im Großen und Ganzen die Gleichen: Häufelpflug, Egge und Walze, in der Regel von Ochsen gezogen, sowie Spaten, Hacken und Mistgabeln. Auf ihren Äckern wuchsen die gleichen Früchte wie früher, vor allem Gerste, aber auch Roggen und ein wenig Hafer, doch selten der hochergiebige, aber ach so empfindliche Weizen. Daneben baute man Hanf und Flachs an, Rüben, Kohl und Hopfen, vielleicht ein paar Früchte, und Erbsen – die Erbsen hatten den Vorteil, dass sie in getrocknetem Zustand zu Brotmehl gemahlen werden konnten. Die Ernten waren mager. Im Durchschnitt konnte nur eine von acht Ernten als gut bezeichnet werden, und die Menschen waren zufrieden, wenn ein ausgesätes Korn vier zurückgab. Es ist nicht verwunderlich, dass man häufig gezwungen war, die mageren Ernten mit anderen Lebensmitteln zu ergänzen; in den nördlichen Teilen Schwedens war Rindenbrot so üblich, dass es kaum als Notnahrung angesehen wurde.
    Hierzu kam das Vieh, das sich immer auf den Höfen befand, denn Ackerbau und Viehzucht hingen eng zusammen. Die Bauern brauchten ihre Zugtiere und den Dünger, den diese gaben, während die Kühe, Schweine, Schafe und Ziegen ihnen gleichzeitig Milch, Käse, Fleisch, Talg, Speck, Wolle, Felle und einiges mehr schenkten. (Doch auch hier waren die Erträge gering. So gaben beispielsweise die Kühe oben in Norr-und Västerbotten nur in drei der zwölf Monate des Jahres Milch.) Während der Sommermonate weidete das Vieh im Wald oder auf den brachliegenden Feldern des Dorfs, von kleinen Jungen oder Mädchen gehütet. Die Winter verbrachten die Tiere in der dunklen, ammoniakstinkenden Enge des Stalls. Oft spielte sich dort ein Wettlauf mit der Zeit ab, indem die Tiere mit einer kärglichen Ration von Stroh, Heu und getrocknetem Laub am Leben erhalten wurden, in der Hoffnung, dass so viele wie möglich bis zur Zeit um Walpurgis überlebten, wenn es so weit war, den mageren Überlebenden auf ihre zitternden Beine und hinaus auf die frühlingsgrüne Weide zu helfen.
    Zur Nahrung des Bauern trugen auch die Wildfrüchte sowie die Jagd und der Fischfang bei. Pilze und Beeren zu sammeln, war eine Selbstverständlichkeit. Die Raubtiere, Wolf, Bär, Fuchs, Luchs und andere, gehörten zu dem, was man erlaubtermaßen und gern jagte. Das Hochwild, also Elch, Hirsch und Reh, waren seit dem 16 . Jahrhundert dem König und dem Adel vorbehalten – trotz drohender Todesstrafe scheint die Landbevölkerung sich hierum wenig gekümmert, sondern diese nützliche Beute mit gewissem Nachdruck gewildert zu haben. Das Kleinwild, Hase, Waldvögel und anderes, war den Schlingen, Fallen und Schusswaffen des Bauern noch zugänglich, wenngleich manche der Herrschenden auch dieses Recht gerne einschränken wollten. Zu den Höfen gehörten oft Fischrechte. Viele Dörfer hatten gemeinsame, feste Fangeinrichtungen, die in Seen und Flüssen installiert waren; ansonsten fingen die Leute ihren Fisch selbst mit Angel, Fischgabeln, Zug-und Stellnetzen. Getrockneter, gesalzener und geräucherter Fisch spielte eine große Rolle in der Hauswirtschaft, nicht zuletzt als Tauschware auf dem Markt, wenn man sich Waren beschaffen wollte, die einem fehlten, oder als Steuerabgabe. Das Gleiche gilt für die Butter, einen Teil des Fleisches, die Wolle und die Häute sowie natürlich für den Teer, den viele Bauern in den Waldgebieten brannten und der einer der wichtigsten Exportartikel des Reichs war.
    Die Bauern waren in der Regel Selbstversorger, und die meisten lebten unberührt von der langsam wachsenden Geldwirtschaft. Sie produzierten ihre Nahrung selbst, bauten ihre Häuser und Geräte selbst und nähten ihre groben Kleider aus grauschwarzer Wolle und Flachs selbst. Das Einzige, was sie sich von außerhalb beschafften, war Salz für die Haltbarmachung des Fleisches, der Butter und des Fischs sowie vielleicht ein wenig Tabak für den Vater. Alles andere hatten sie selbst. Der Bauer, seine Frau und Kinder waren sich selbst genug, Menschen der Erde, und verlangten in der Regel nichts anderes, als in Frieden gelassen zu werden, um den ewigen Kampf ihres Geschlechts mit einer widerspenstigen und harten Natur austragen zu können – «eine Ganzheit von

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