Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
komponierte jemand eine Parodie auf ein Requiem für den verhassten Banér, in dem der Wunsch zum Ausdruck kam, er möge in der Hölle schmoren, und worin ein Chor von ruinierten Bauern ein Freudenlied darüber anstimmte, dass der schwedische Feldmarschall sie nicht mehr schinden konnte.
Einige Zeit nach seinem Tod – und teilweise als dessen Folge – setzte die schlimmste Krise ein, von der die Schweden in Deutschland bis dahin betroffen waren.
2 . Rosetten appellieren ans Volk
Erik findet ein Zuhause in Stettin – Gerhardt Rehnskiöld – Über Hausväter und ihr Gesinde – Johan Oxenstierna trifft in Pommern ein – ‹Aber dem Land fügte er großen Schaden zu› – Über Kleider und Mode – Die schwedischen Friedensunterhändler streiten sich
Am gleichen Tag, an dem Banér in Halberstadt starb, trat der junge Erik Jönsson seine Reise mit dem Wagen nach Stettin an. Er traf dort am 17 . Mai ein und begegnete zum ersten Mal dem Mann, der nun sein neuer Hausherr werden sollte. Es war ein Westfale mit Namen Gerhardt Antoni Rehnskiöld, und er sollte in Eriks Leben eine große Rolle spielen. Obwohl Rehnskiöld erst knapp über 30 Jahre alt war, war er bereits zum zweiten Mal verheiratet und hatte sich einen Adelstitel erworben; sein ursprünglicher Name war Kewenbrinck. Der große Krieg – der bewirkte, dass militärische wie zivile Apparate nach fähigen Leuten riefen – hatte ganz klar die soziale Mobilität in der Gesellschaft erhöht; er schuf neue Karrierewege und lange Kletterleitern für viele Nichtadlige vom Schlage Rehnskiölds, die nach oben kommen wollten. Sein Adelstitel war schwedisch, seine zweite Frau, Britta Tordenskiöld, war eine schwedische Adelstochter aus Västergötland, und nun leistete er der schwedischen Krone treue Dienste als Oberkämmerer und Assistenzrat in Pommern. In formalem Sinn war Pommern noch ein selbständiger Teil des deutschen Reiches. Nachdem der letzte pommersche Herzog gestorben war und der Krieg im Land nahezu Anarchie geschaffen hatte, baute die Regierung in Stockholm Schritt für Schritt ihre Macht über diese strategisch wichtige Provinz aus, die durch ihre Lage an der Ostsee als Brückenkopf und als Operationsbasis für die schwedischen Truppen in Deutschland fungierte. Die Schweden hatten zwar die alte Organisation der pommerschen Zivilverwaltung beibehalten, aber schwedische Beamte hatten nach und nach alle höheren Posten übernommen. Und einer dieser ins Land eingeschleusten Männer war Gerhardt Rehnskiöld. Seine Aufgaben waren umfangreich und bedeutungsvoll; er war verantwortlich für die Verproviantierung der schwedischen Armee. Hier in Pommern Kontributionen hereinzubekommen, war nicht einfach. Wie erwähnt, war die Provinz eine der am schlimmsten verwüsteten in ganz Deutschland; die ländlichen Gebiete waren teilweise entvölkert, die Städte zerschossen und die Armut groß. Bisher hatte Erik in Hamburg und Lübeck in einem Teil des Reichs gelebt, der von den Verheerungen des Kriegs weitgehend verschont geblieben war. Nach Stettin zu kommen bedeutete, dass er dem Krieg immer näher kam.
Gerhardt Rehnskiöld erwies sich als strenger und fordernder Hausvater. Zunächst bekam Erik in Rehnskiölds Haushalt eine Stelle als einfacher Gehilfe, und er musste bald lernen, dass sein neuer Herr ein strenges Regiment führte. Erik bekam alle naselang Prügel, wenn er etwas falsch gemacht hatte. Doch mit «unverbrannter Asche» – wie Erik selbst die Rute nannte – verprügelt zu werden, gehörte zur Ordnung der Dinge. Wie Züchtigungen als ein unvermeidlicher Teil der Erziehung galten, so waren sie auch im Umgang mit Dienern und Untergebenen stets gegenwärtig. Das Strafdenken war fest verwurzelt im allgemeinen Bewusstsein. Ohne harte Strafen würde nichts bestehen können, nicht der Haushalt, nicht das Reich, ja nicht einmal die Schöpfung. Und so wie Gott die Menschen und der Regent seine Untertanen züchtigte, musste auch der Hausvater sein Hausvolk züchtigen. Die Rute, der Rohrstock und das spanische Rohr gehörten stets irgendwo mit ins Bild.
Der Hausvater war der Herrscher und Patriarch des Haushalts, barsch und bestimmt in Verhalten und Handeln, aber seine Rolle war nicht nur die des Strafenden. Er sollte auch beschützend, gerecht, milde und nachsichtig sein und die Seinen ganz allgemein gut behüten. In einem schwedischen Hausvatertraktat aus dieser Zeit heißt es:
Als erstes darf ein Hausvater sich nicht allzusehr mit seinem Hausvolk gemein
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