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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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vor, Wolfenbüttel als Pfand in den zur gleichen Zeit geführten Verhandlungen mit den politisch wetterwendischen lüneburgischen Herzögen zu benutzen, und waren deshalb daran interessiert, der wassergefüllten Festung zu Hilfe zu kommen. Die schwedischen Generale ihrerseits sahen ein, dass sie, wenn sie auch in Zukunft die wankelmütigen Herzöge zu ihren Verbündeten zählen wollten, ihnen bei der Zernierung dieser aufs Ganze gesehen bedeutungslosen Festung Unterstützung geben mussten.
    Es begann ein Wettlauf dorthin, der im Großen und Ganzen unentschieden endete. Und kurz nach Mittag am 19 . Juni griff die kaiserliche Armee die Schweden und ihre Verbündeten an. Es war eine der größten Schlachten während des ganzen Kriegs (die Schweden und ihre Verbündeten zählten rund 20 000 Mann – darunter 600 Finnen und Småländer –, ihre Gegner 21 000 ), doch sie wurde, teilweise aufgrund der ausgeglichenen Kräfteverhältnisse, zu einer ziemlich bedeutungslosen Affäre.
    Die Verbündeten hatten sich auf den erwarteten Angriff durch den Bau von Schanzen und die Errichtung eines riesigen Mikados aus gefällten Bäumen vor Teilen ihrer Linie vorbereitet. Auf der linken Seite ritt die kaiserliche Reiterei unter Piccolomini an. Da die grüne Saat auf den Feldern schon in die Höhe gewachsen war, entdeckten sie die schwedischen Befestigungen nicht rechtzeitig und gerieten überraschend unter Artilleriebeschuss aus großer Nähe. Nachdem sie kleinere Verluste erlitten hatten, verschwanden die Angreifer wieder außer Schussweite. Draußen auf dem rechten Flügel hatte man keine Zeit gehabt, Verschanzungen zu graben, und dort hatte die kaiserliche Kavallerie mehr Erfolg. Sie ritt Attacken gegen die Rechtecke der schwedischen Reiterei, die ins Wanken geriet und einen ungeordneten Rückzug antrat. Ein Gegenangriff zweier Regimenter von Berhardinern – einer der wenigen wirklichen Einsätze dieser Querulanten während dieses und des voraufgegangenen Feldzugs – warf die Kaiserlichen zurück, und sie verschwanden in einem Laubwald, aus dem sie kurz zuvor aufgetaucht waren.
    Die härtesten Kämpfe fanden in der Mitte statt, in und um den dichten und zum Verhau gemachten Beddinger Wald. Eine viereckige Redoute, etwa 75 mal 75 Meter, die ein Stück weit im Grünen lag, war mit Banérs altem Regiment besetzt, «dem alten blauen». Große Schwärme bayerischen und kaiserlichen Fußvolks stürmten zwischen den Baumstämmen auf die feuersprühenden Walle der Redoute zu. Ihr Feldruf an diesem Tage war: «Hilf, Maria, Mutter Gottes!»
    Die kaiserliche Führung verlor beinahe sofort die Übersicht über den Kampf in der Mitte. Während des Vorrückens durch das Walddickicht lösten sich die straff geordneten Verbände auf. Die Infanterie, die entlang der äußeren Waldränder angreifen sollte, hatte außerdem ihren Befehl missverstanden und folgte stattdessen ihren bayerischen Waffenbrüdern bei deren Sturmlauf gegen die Redoute dicht auf den Fersen. Es erwies sich auch als nahezu unmöglich, den Irrtum zu korrigieren, denn viele der kommandierenden Offiziere waren ihren Soldaten überhaupt nicht in den Wald gefolgt. Die Ursache war wahrscheinlich reine Feigheit, denn der Beddinger Wald war rasch zu einem makabren Schlachtplatz geworden, wo das angreifende Fußvolk haufenweise niedergeschossen wurde. Schwedische Kanonen und schwedisches Fußvolk waren nämlich so aufgestellt, dass ihre Waffen sowohl den Rücken der Redoute als auch deren Seiten abdeckten. Die vorrückenden Bayern und ihre kaiserlichen Verbündeten waren deshalb einem vernichtenden Kreuzfeuer ausgesetzt, das aus allen erdenklichen Richtungen außer direkt von hinten kam. Die Verluste wurden noch größer, als die falsch vorgerückten Verbände ebenfalls zur Redoute vordrängten, worauf weitere Verwirrung und sogar ein regelrechtes Gedränge entstand. In diesem Chaos von dichtem Pulverdampf, heulendem Traubenhagel, fliegenden Holzsplittern, verstreuten Leichen und abgeschossenen Ästen und Körperteilen gelang es ihnen trotz allem, die Redoute zu erstürmen und nach einem Nahkampf Mann gegen Mann – ansonsten eine Seltenheit – dem «alten blauen» drei leichte Kanonen und vier Fahnen zu nehmen und es in die Flucht zu schlagen. Doch eine andere schwedische Brigade, die in Reserve gestanden hatte, stampfte mit ihren im Sommerwind fliegenden Fahnen durch das Gras heran und konnte die leichenübersäte Befestigung zurückerobern. Besonders die bayerische Infanterie

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