Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
wurde bei diesen Kämpfen schwer in Mitleidenschaft gezogen; rund 2000 Männer waren am Morgen aufmarschiert, nach dreistündigem Kampf waren 1149 von ihnen tot, verwundet oder in Gefangenschaft geraten.
Nun gab die kaiserliche Führung Order an ihre Truppen, sich aus dem Kampf zurückzuziehen. Sie konnten dies ohne größere Schwierigkeiten tun, denn als einer der hohen Offiziere auf der schwedischen Seite den Regimentern der Bernhardiner zu befehlen versuchte, die Verfolgung aufzunehmen, weigerten diese sich glatt. Auch die lüneburgischen Truppen wollten ihre Verschanzungen nicht verlassen, sondern stellten jedes Feuer ein, als die Kaiserlichen ihnen den Rücken zukehrten.
Die schwedische Führung war angenehm überrascht, dass die noch immer recht unzufriedenen Truppen, die nur wenige Tage zuvor noch drauf und dran gewesen waren, einige hohe schwedische Offiziere zu massakrieren, sich so gut geschlagen hatten. Die Schlacht an sich jedoch erwies sich als bedeutungslos.
Das Kampfgeschehen bei Wolfenbüttel illustrierte dagegen mit aller Deutlichkeit ein Faktum, das sich bereits angekündigt hatte und das dazu führte, dass die Schlachten immer weniger und die Pattsituationen immer häufiger wurden; auch eine notdürftig eingegrabene Truppe war kaum durch direkten Angriff zu besiegen, und dies unabhängig davon, ob der Angreifer stark überlegen oder der Verteidiger schwer demoralisiert war. Die in aller Hast gegrabenen Feldbefestigungen hatten im voraufgegangenen Sommer Piccolominis Heer gerettet. Im Juni 1641 retteten sie die Schweden und ihre Bundesgenossen.
Den Rest des Sommers vertaten beide Seiten mit politischen Intrigen, Uneinigkeit, Lagerleben und kleineren Belagerungen. Die Verbündeten wurden weiterhin gelähmt durch Unruhe und Murren unter den Kriegern, die aufs Neue nach Belohnungen, dem ausgebliebenen Sold und anderem mehr zu rufen begonnen hatten. Die Kaiserlichen wurden von der Nachricht erschüttert, dass Brandenburgs neuer Herrscher Friedrich Wilhelm noch während des Reichstags in Regensburg den Frieden von Prag verworfen und einen Waffenstillstand mit den Schweden geschlossen hatte – der Kaiser sah seine Machtbasis schrumpfen. Und beide Seiten hatten große Versorgungsschwierigkeiten. Die Not war zeitweilig so groß, dass Soldaten ihre Waffen verkauften, um Lebensmittel einhandeln zu können. Andere zogen nach alter Gewohnheit auf eigene kleine Plünderungszüge aus, woraufhin die Bauern nach ebenso alter Gewohnheit sich zusammenrotteten und zurückschlugen. Im Sommer 1641 verloren mehr Soldaten ihr Leben in diesem ewigen Krieg zwischen Bauern und Soldaten als in regulären Kämpfen zwischen den feindlichen Armeen.
Als der Spätherbst kam und die Armeen ihre Winterquartiere bezogen, waren die Positionen im Großen und Ganzen die gleichen wie am Ende des Frühlings. Und die Stimmung unter den Söldnern des schwedischen Heeres war im Großen und Ganzen genauso schlecht.
Die ganze Zeit über saßen die hohen schwedischen Offiziere da und wanden sich und flickten, machten Versprechungen und erfanden Lügen, denn sie wussten, sie saßen auf einem Vulkan, der jederzeit mit Getöse sie selbst und die schwedische Macht in Deutschland verschlingen konnte. Sorgenvoll wandten sie ihre Blicke dem Meer und der erwarteten Rettung in Gestalt des neuen Oberbefehlshabers der Armee, Lennart Torstensson, zu, der aus Schweden kommen sollte mit dem Geld und der Mannschaft, die erforderlich waren, um die Ruhe im Heer wiederherzustellen und es wieder voll kampftauglich zu machen. Aber die Herbstwochen vergingen, und kein Torstensson ließ sich blicken. Der Rat in Stockholm machte Verrenkungen und arbeitete weiter an der Vorbereitung eines völligen schwedischen Rückzugs aus Deutschland.
Die Ursache der Verspätung war banal. Torstensson lag schwer krank zu Hause in Schweden und konnte nicht reisen. Als er Mitte September so weit wiederhergestellt war, dass er die Überfahrt wagen konnte, geriet sein Schiff in so widriges Wetter, dass er einen schweren Rückfall erlitt, der ihn erneut ans Bett fesselte. Erst am 15 . November erreichte Torstensson mit seinem Verstärkungskorps die vor Unruhe, Unwillen und aufgrund von Intrigen brodelnde schwedische Hauptarmee. Er brachte 3000 Reiter – die meisten zu Fuß – und 5000 Fußsoldaten mit, aber auch Kleidung und Schuhe, die in Hamburg gekauft worden waren, sowie fast 22 000 Meter Tuch, alles für die Verteilung an die am schlechtesten ausgerüsteten Soldaten
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