Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
Bescheidenheit zu behandeln wissen, daß von Sr. Königl. Majestät und deren mehrfach genannten Untertanen diesen keine Gewalt oder Unbilligkeit zugefügt werde, sondern lieber bei allen Ungelegenheiten darauf hinarbeiten, daß dieselben wilden Völker nach und nach in der wahren christlichen Religion mögen informiert und ansonsten zu Zivilität und gutem Sozialwesen angeleitet werden.
Printz war klarblickend und energisch und nicht ohne Kenntnisse, aber auch ehrgeizig und machtbesessen, «ein tölpelhafter, intoleranter, erstklassiger Tyrann, mit Augen so kalt wie Eiszapfen». Diese Kombination guter und schlechter Eigenschaften machte ihn indessen besonders geeignet für den Posten eines Alleinherrschers über ein koloniales Unternehmen jenseits des Atlantik – viele der Männer, die sich selbst und ihre Heimatländer jenseits des Ozeans bereicherten, waren so beschaffen: schlitzohrige Gauner mit einem Sinn für Organisation. Johan Printz machte sich sogleich ans Werk. In seiner Amtszeit als Gouverneur sollte Neuschweden seine Blüte erleben.
Es begann allerdings nicht besonders gut für Printz. Er war eifrig bemüht, die Expansion voranzutreiben, und hoffte deshalb auf baldige und große Verstärkungen aus der Heimat. Doch es kam … nichts. Vom Frühjahr 1644 bis zum Herbst 1646 hörten sie nichts aus Schweden. Die Ursache war einfach. Der neue Krieg mit Dänemark beanspruchte die ganze Aufmerksamkeit der Regierenden, und jedes verfügbare Schiff musste im Kriegsdienst eingesetzt werden. Und Claes Fleming, der Vorsitzende der Neuschweden-Kompanie und ihr großer Beschützer, war im Kampf gefallen.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass man bei der Betrachtung der Vergangenheit den Irrtum begeht, das Erklärbare mit dem Unvermeidlichen zu verwechseln. Hinterher, wenn der Rauch sich gelegt hat, die Toten begraben sind und die Lebenden wiederaufgebaut und neu gebaut haben, kann man Bilder und Fragmente zusammenfügen und erkennen, warum das, was geschah, geschah. An diesem Punkt, wenn man zurückschaut und alle Linien sich nach den grundlegenden perspektivischen Regeln im Auge des Betrachters treffen, kann man sich vorstellen, dass alles, was geschah, nur auf diese eine Art und Weise und in einem Punkt enden konnte, dem gegenwärtigen Zustand. Dies ist eine optische Täuschung, die den falschen Eindruck vermittelt, dass das, was geschah, das Einzige war, was geschehen konnte.
Wie zum Beispiel das Verhältnis zwischen Dänemark und Schweden.
Wenn ein Betrachter am Anfang des 17 . Jahrhunderts hätte voraussagen sollen, welches der beiden nordischen Reiche im kommenden Jahrhundert die Vorherrschaft in Nordeuropa erringen werde, hätte dieser wohl ohne den geringsten Zweifel Dänemark gewählt. Das meiste sprach ja für die Dänen. Rein militärstrategisch hatten die Dänen klare Vorteile: Ihre Länder umfingen Schweden im Norden, Westen, Süden und Osten. Im Norden blockierte die norwegische Finnmark den Zugang der Schweden zum Nördlichen Eismeer, während gleichzeitig die beiden norwegischen Landschaften Jämtland und Härjedalen sich wie ein Papageienschnabel tief nach Norrland hinein erstreckten; im Westen lagen nur die Festung Älvsborg und ein schmaler Streifen Land um den Göta Älv zwischen den beiden Hauptteilen des dänischen Reiches; im Süden lagen die alten dänischen Landschaften Blekinge und Schonen; im Osten lagen die beiden dänischen Inseln Gotland und Ösel wie zwei riesige feindliche Galeassen, nur allzu nahe an Stockholm. Dänemark hatte mehr Einwohner als Schweden – rund 1 200 000 Dänen standen vielleicht 900 000 Schweden gegenüber –, und die dänische Wirtschaft war außerdem stärker. Das Land war gut geeignet für die Landwirtschaft, zog große Vorteile aus seiner Nähe zum blühenden Handel in den Niederlanden und exportierte große Mengen von Vieh und Getreide auf die Märkte des Kontinents; zwischen 40 000 und 50 000 Ochsen und Stiere wurden jedes Jahr zum Verkauf nach Süden getrieben. Die norwegische Reichshälfte befand sich in einem dauerhaften wirtschaftlichen Aufschwung und verkaufte große Mengen von Holz für den Schiffs-und Hausbau ins Ausland. Der Besitz Schonens bedeutete darüber hinaus, dass alle Schiffe, die in die Ostsee ein-oder aus ihr ausliefen, durch dänische Gewässer fuhren, vor allem durch den Öresund, und die Zölle, die jedes Schiff dabei entrichten musste, brachten der dänischen Krone bis zu zwei Drittel ihrer Einkünfte ein. (Der Zoll war ein ständiges
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