Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
angelegten dänischen Anstrengungen zur Errichtung von Manufakturen und Handelskompanien aufs Ganze gesehen keinerlei Ergebnis zeitigten, während die entsprechenden schwedischen Bemühungen nach und nach ansehnliche Resultate aufwiesen.) Wahrscheinlich war dies der Punkt, von dem an die Entwicklungen auseinanderliefen und wo der sichere Verlierer plötzlich eine Chance bekam, den sicheren Gewinner zu schlagen, und eine neue scheinbare sogenannte Unausweichlichkeit nahm Gestalt an.
Ein vergleichbarer Kompromiss war nämlich in Dänemark nicht geschlossen worden. Das Tauziehen zwischen Aristokratie und Krone war in den vierziger Jahren noch in vollem Gang. Der dänische König Christian IV . zog in die eine Richtung, sein Reichsrat in eine andere. Christian neigte unter anderem stärker zu außenpolitischen Abenteuern als seine vorsichtigen Ratsherren, die vollauf damit zufrieden waren, auf ihren riesigen Gütern zu sitzen und in aller Ruhe die Gesichter der Bauern noch etwas tiefer in den Modder der Leibeigenschaft zu pressen. So wurde beispielsweise der Angriff auf Schweden 1611 gegen ihren Willen und gegen ihre Stimme geführt. Auch wenn sie wie die meisten anderen Dänen in führender Stellung Schwedens Selbständigkeit 1523 nie anerkannt hatten, hielten sie doch das nördliche Nachbarland für so erbärmlich arm, dass eine Rückeroberung das reine Verlustgeschäft werden musste. Sie hatten sich auch entschieden König Christians ungeschicktem Eingreifen in den deutschen Krieg widersetzt. All dies bedeutete, dass immer wieder lähmender politischer Stillstand eintrat. Christian hatte nach dem Scheitern in Deutschland an Autorität verloren. Es wurde auch nicht besser dadurch, dass seine Gemahlin ihn öffentlich mit einem deutschen Offizier betrog, weshalb sich der König immer häufiger in Feste, Saufereien und erotische Eskapaden flüchtete. Ein englischer Diplomat klagte, das Einzige, was der König tue, sei, «den ganzen Tag zu trinken und jede Nacht mit einer Hure zu schlafen». Wenn der König nüchtern war, tat er, was er konnte, um sich von dem aristokratischen Rat freizumachen, vor allem, indem er sich wirtschaftlich von ihm unabhängig machte. Dies gelang ihm auch recht gut, nicht zuletzt aufgrund des Öresundzolls, über dessen reichen Strom er, wie gesagt, nach eigenem Gutdünken verfügte. Dort draußen im Öresund war sozusagen ein Zapfhahn für königliche Souveränität, den man bei Bedarf nur aufzudrehen brauchte. Christian war in vieler Hinsicht ein guter Monarch, aber viele seiner Pläne, Ideen und großartigen Projekte verschlangen horrende Summen, und als das Defizit in den Geschäften der dänischen Krone gegen Ende der dreißiger Jahre des 17 . Jahrhunderts anwuchs, begann er unbekümmert, den Zollhahn aufzudrehen. Der Schiffszoll wurde um ein Viertel erhöht, viele Warenzölle wurden verdoppelt, ja, in manchen Fällen vervierfacht, und schließlich wurde sogar ein Sonderzoll von 1 Prozent des Werts aller Waren eingeführt. Binnen zwei Jahren stiegen die Zolleinnahmen der dänischen Krone zu König Christians unverhohlenem Entzücken um mehr als das Doppelte, von 230 000 auf 600 000 Reichstaler.
Aber Christians Politik war kurzsichtig. Denn auch wenn die Zollabgaben außer ihrer Üppigkeit den großen Vorteil hatten, dass sie angehoben werden konnten, ohne dass der König sich dem Murren der Einwohner des Reiches aussetzte, reizten diese Erhöhungen Holländer und Schweden, die zusammen den Löwenanteil an der Schifffahrt durch den Sund hatten, bis aufs Blut. Schwedischen Schiffen war zwar im Zusammenhang mit dem Friedensschluss 1613 Zollbefreiung gewährt worden, doch hatten die Dänen dieses Recht Schritt für Schritt wieder eingeschränkt. Als die schwedischen Truppen in dem miserablen Jahr 1637 bedrängt waren wie nie zuvor, hatte Christian die Gelegenheit wahrgenommen, jeglichen Transport von Soldaten und Kriegsmaterial durch den Sund zu verbieten. Dies war natürlich ein schwerer Rückschlag für Schwedens Waffenfabrikanten mit Louis De Geer an der Spitze. Das Verbot drohte aus erklärlichen Gründen einen Großteil ihres profitablen Verkaufs von Kanonen und anderem Kriegsgerät an verschiedene Käufer in Westeuropa lahmzulegen, und das konnten sie nicht hinnehmen. Die Irritation unter Reedern, Kaufleuten und anderen steigerte sich noch weiter, als die Dänen gegen Ende der dreißiger Jahre verschärfte Kontrollen aus-und einlaufender Schiffe einführten. Sinn und Zweck der
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