Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
schwedische Machthaber jetzt «Stadt» zu nennen beliebten; es kann am besten als ein verdichtetes schwedisches Bauerndorf beschrieben werden, allerdings etwas stärker nach Tran und Teer duftend. Die Hälfte des Stadtgebiets bestand aus Äckern, Rübenfeldern und Gemüsegärten, und überall auf den Straßen sah man Kühe und Ziegen, lärmende Schweine und scharrende Hühner. Als die Schweden beim Schloss anlangten, kam ihnen der alte dänische Landeshauptmann entgegen, der ihnen den Schlüssel der Stadt überreichte und danach mit mürrischer Miene von dannen ging.
Die Jämtländer und Härjedalinger reagierten nicht mit demselben Gleichmut wie die abgeklärten Gotländer. In diesen Ländern wurde stattdessen der Bescheid, dass sie jetzt zu Schweden gemacht worden waren, mit erheblicher Verwunderung, Verwirrung, ja sogar mit Bitterkeit aufgenommen. Die Menschen weinten. Zwar war die Unzufriedenheit mit der dänischen Oberhoheit früher groß gewesen, aber die Menschen dort hatten trotz allem mit nicht unbedeutender Einigkeit, großer Entschlossenheit und eindeutigem Erfolg die schwedische Invasion bekämpft und, soweit sie sehen konnten, praktisch ihren Teil des Krieges gewonnen. Aber es half wenig. Im Oktober und November wurden feierliche Versammlungen in Östersund und Sveg abgehalten, auf denen die beiden Länder formell an schwedische Beamte übergeben wurden. Grundbücher, Schlüssel und Siegel wechselten ein für alle Mal den Besitzer. Die Übernahme verlief friedlich, denn die schwedischen Beamten waren instruiert worden, gegenüber den widerspenstigen Jämtländern und Härjedalingern Milde walten zu lassen, um sie «
lenitate et clementia
[mit Milde und Gnade] für sich zu gewinnen». Die versammelten Repräsentanten der Bevölkerung wurden von ihrem Treueid auf den dänischen König entbunden und mussten einen neuen auf die schwedische Krone ablegen. Wer den neuen Eid nicht ablegen wollte, bekam zu hören, dass er ein Jahr und einen Tag hatte, um alles, was er besaß, zu verkaufen und sich aus dem Land zu scheren. Schreiber, Bezirksvögte und andere, die unter der dänischen Krone Dienst getan hatten, wurden ebenfalls aufgefordert, das Reich zu verlassen – sie konnten ohnehin nicht mit einem neuen Amt rechnen –, und mehrere Geistliche und Leute, die als treibende Kräfte im Widerstand gegen die schwedischen Angreifer besonders aktiv waren, setzte man ohne viel Federlesens vor die Tür.
Die Halländer dürften nichts anderes als Trauer empfunden haben darüber, die früheren Okkupanten und Brandschatzer als ihre neuen Herren begrüßen zu müssen. Ende August 1645 begannen die dänischen Behörden, Halland zu räumen. Die befestigten Orte wurden geräumt, Waffen, Munition, Lebensmittel, Möbel und andere bewegliche Güter wurden auf Schiffe verladen, die nach Kopenhagen gingen. Auch die deutschen Söldner und Offiziere wurden nach Jütland hinübergebracht, während die gemeinen dänischen Soldaten von ihrem Dienst entbunden und informiert wurden, dass sie gehen könnten, «wohin zu ziehen sie gelüste». Die noch ausstehenden Schulden der dänischen Krone bei verschiedenen Bürgern wurden prompt bezahlt, gleichzeitig wurden sämtliche Steuern eingetrieben – ein sonderbarer Abschiedskuss, möchte man meinen. Die zivile Verwaltung wurde ganz einfach eingestellt; die verschiedenen Beamten erhielten Entlassungsbriefe. Und schließlich kamen die neuen Verwalter des Landes, die mit knarrenden Stulpenstiefeln das hallend leere Schloss von Varberg betraten und gegen schriftliche Quittung die Grundbücher und andere wichtige Dokumente übernehmen konnten. Das schwedische Regime über Halland war für dreißig Jahre geplant. Es sollte für immer sein.
VIII. Verpasste Gelegenheiten ( 1645 – 1647 )
1 . Die seltsame Belagerung von Brünn
Das Treffen in Leipzig – Torstensson geht, Wrangel kommt – Angriff auf Brünn – Über den Minenkrieg – ‹Nunmehr ist unsere Infanterie kaputt› – Zurück nach Sachsen – Trautmannsdorff wird nach Osnabrück entsandt – Erik holt Verstärkungen – Zwischenfall in Kalmar – Erik begegnet Königin Christina
Erik Jönsson befand sich an der deutschen Ostseeküste, als im August 1645 die Botschaft vom Frieden in Brömsebro eintraf. Den Herbst verbrachte er dort in Norddeutschland, wie zuvor als Begleiter seines Hausherrn, der durchs Land reiste, Proviant aufkaufte und andere Geschäfte für die schwedische Kriegsmacht regelte.
Anfang des folgenden Jahres
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