Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
Bilder und Stadtpläne für seinen informationshungrigen Schüler, und eines Tages zeigte er Bengt Oxenstierna, dem Neffen des Reichskanzlers, der die Stadt in seiner Eigenschaft als schwedischer Diplomat besuchte, Eriks Übungsblätter – offenbar mit einem gewissen Stolz. Erik seinerseits vermittelte später ein Angebot Mardefelts an Böckler, an der schwedischen Universität in Greifswald eine Professur anzunehmen. Böckler lehnte jedoch ab, da er meinte, mit seiner Tätigkeit als Architekt ausgelastet zu sein.
Während Erik bei Böckler Ingenieurskunst studierte, suchte er gleichzeitig seine Fertigkeiten in Zeichnen und im Kupferstechen zu vervollkommnen. Es war in mehr als einer Hinsicht eine glückliche Fügung, dass er gerade nach Frankfurt am Main geschickt worden war. Die Stadt war nämlich als eins von Europas großen Zentren für den Handel mit Büchern und Drucksachen bekannt. Jedes Jahr wurde eine Buchmesse abgehalten, und die gut sortierten Buchhändler der Stadt boten Druckerzeugnisse aus ganz Europa an. (Erik kaufte auch bei verschiedenen Gelegenheiten Bücher für Mardefelt und schickte sie per Post nach Demmin.) Welch starke Position Frankfurt in der europäischen Verlagsbranche hatte, zeigt auch das Beispiel des englischen Arztes William Harvey, der 1628 seine bahnbrechende Arbeit über den Blutkreislauf nicht in London, Oxford oder Cambridge, sondern in Frankfurt am Main herausgab. Erik hatte ein Zimmer in der Buchstraße gemietet, die in der Nähe des Flusses lag, und dort gab es, wie der Name andeutet, verschiedene Druckereien und Buchläden. Er lebte praktisch im Herzen des Frankfurter Buchmarktes.
Das vielleicht wichtigste Ereignis für Erik in diesen Jahren war die Begegnung mit Matthäus Merian d.J., einem 29 Jahre alten Künstler und Verleger, etwas rundlich und pastoral, mit schütterem Haupthaar und einem dünnen Schnurrbart. Matthäus gehörte der bekannten Verlegerfamilie Merian an, die sich durch die Publikation einer Reihe umfangreicher und schön illustrierter Werke, vor allem der bekannten Gegenwartschronik
Theatrum Europaeum
, aber auch sogenannter Topographien – also historisch-geographischer Schilderungen verschiedener Städte und Provinzen – sowie von Werken in den Bereichen Alchimie, Medizin und Heraldik einen Namen gemacht hatte. Das Oberhaupt der Familie, der begabte Matthäus d. Ä., starb im gleichen Jahr, in dem Erik in die Stadt kam, und seine Söhne Caspar und Matthäus führten den Verlag unter dem Namen «Merians Erben» weiter. Matthäus war ein begabter junger Mann, der in verschiedenen Ländern Europas Kunst und Malerei studiert hatte und unter anderem bei Sacchi in Italien, Vouet in Frankreich, van Dyck in England und Rubens in Flandern in die Lehre gegangen war. Wie sein Lehrmeister Rubens war er ein ehrgeiziger Weltmann, dem es behagte, als unbekümmerter diplomatischer Amateur zu posieren und mit feinen Leuten zu verkehren. Sein Vater hatte recht enge Kontakte zu dem Feldmarschall Carl Gustav Wrangel unterhalten, der durch die Übersendung von sowohl Geld als auch eigenen Hintergrundinformationen an die Firma Merian diese dazu veranlasst hatte, dem fünften Band des
Theatrum Europaeum
eine gewisse proschwedische Tendenz zu geben. Matthäus war 1647 als Wrangels persönlicher Hofmaler angestellt worden und folgte ihm ins Feld – die Erfahrung des rauen Kriegerlebens wurde für den verfeinerten jungen Mann jedoch eher traumatisch; noch gut 30 Jahre später erklärte er, immer noch an den Folgen der Kälte und des elenden Soldatenlebens zu leiden. Er malte über die Jahre eine Reihe guter Porträts für Wrangel. Auf mehreren von ihnen ist der Feldmarschall selbst abkonterfeit, korpulent und selbstbewusst, andere zeigen verschiedene schwedische Militärs.
Erik konnte Mardefelts Hilfe in Anspruch nehmen, um mit Matthäus Merian in Kontakt zu kommen, denn Mardefelt hatte früher mit dem bekannten Verlag zusammengearbeitet und ihn unter anderem mit Bildvorlagen für das
Theatrum Europaeum
versehen. Eine andere Verbindung war über Rehnskiöld herzustellen, der wie Merian zu dem Netz von Klienten zählte, das um Wrangel herum bestand. Bei Eriks Abreise nach Frankfurt hatte Rehnskiöld ihm auch dazu geraten, Kontakt mit den berühmten Merians aufzunehmen. In diesem Jahr, 1650 , waren die Gebrüder Merian damit beschäftigt, eine topographische Arbeit über Pommern herauszugeben, und Erik war nicht zu schüchtern, ihnen ein Bündel Zeichnungen zu schicken, die er
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