Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges
Bereiche des Lebens im 17 . Jahrhundert prägten. Er ahnte das große Potenzial der Kolonie und sandte Berichte nach Stockholm und schrieb – nicht ohne ein gewisses Quantum gut verpackter Kritik –, dass Schweden früher solche Mengen von Blut und Geld für die Eroberung von Gebieten geopfert habe, die bedeutend schlechter waren als dieses; warum also nicht auf Neuschweden setzen, das ohne den Einsatz großer und sündhaft teurer Armeen «ein Edelstein in der Königskrone [werden könne], wenn nur rasch Hilfe geschickt wird». Risingh wies hier auf einen wichtigen Grund dafür hin, dass das Schicksal der schwedischen Kolonie so wechselhaft gewesen war. Die Regierenden in Stockholm widmeten Neuschweden zumeist nur ein beiläufiges Interesse. Rein ökonomische Gründe waren kein Universalargument für die schlichten Herren des Rates. Geld und wirtschaftliches Wachstum waren für sie ein Mittel für den Staat, aber keineswegs ein Ziel. Sie suchten gern schöne Eroberungen, solche, die Ehre einbrachten, und in derartigen Fällen kamen die rein ökonomischen Erwägungen erst in zweiter Linie. Die deutschen Landgewinne waren ihr ganzer Stolz, nicht weil sie sich rein wirtschaftlich so gut lohnten wie die baltischen. Im Gegenteil, es sollte sich mit der Zeit als total unmöglich erweisen, Pommern und die übrigen Provinzen in Deutschland so weit zu bringen, dass sie auch nur die Andeutung eines Gewinns abwarfen. Aber diese Provinzen lagen den Herrschenden sehr am Herzen, weil sie ihnen einen gewissen Einfluss im deutschen Reich sicherten und die Schweden zu
Europäern
machten.
Risingh mit seinen merkantilistischen Grillen gehörte einem neuen Menschentyp an, der zu dieser Zeit in Erscheinung trat: der
homo oeconomicus
, der Wirtschaftsmensch, dem entschieden mehr daran lag, Geld zu machen, als Prestige zu gewinnen. Als er nun hier an der Küste Nordamerikas stand, sah er nicht Wildnis und Wilde. Vor seinem inneren Auge erschien stattdessen ein Bild von dem, was sein konnte: ein blühendes, reiches Land mit großen Städten, und er machte sich sofort ans Werk, um den Boden zu bereiten für die dynamische Entwicklung, die er erwartete und wünschte. Auf der Landseite von Fort Christina ließ er ein großes Gebiet ausmessen, wo die erste Stadt der Kolonie liegen sollte. Genau wie die neuangelegten Städte zu Hause in Schweden sollte sie ein Wunder geometrischer Geradlinigkeit werden, mit schnurgeraden Straßen und Reihen rechteckiger Stadtviertel. Hier sollten auch Manufakturen gebaut und der Hafen erweitert werden, denn der Ort sollte eine sogenannte Stapelstadt werden, die das Monopol für den gesamten Handel über das Meer haben würde. Risingh plante den Bau von Schulen und Kirchen, und es gelang ihm sogar, eine funktionierende Armenpflege einzurichten, denn in Neuschweden war bereits eine kleine hilfsbedürftige Unterschicht entstanden. Zu denen, die aus dem gemeinsamen Fonds versorgt wurden, gehörten unter anderem «die blinde Kerstin und ihre zwei Kinder, Anders, Per Paulssons Mutter und Klas Johanssons Tochter». Im Laufe des Sommers zogen einige Kolonisten in die geplante Stadt ein und begannen, auf einzelnen der sorgfältig abgesteckten Grundstücke ihre Häuser zu bauen. Der Name der Stadt war Kristinehamn.
Dem geschickten Risingh gelang es auch, die gute Zusammenarbeit mit den Indianern wiederherzustellen. Es wurden mehrere Treffen abgehalten, bei denen man mit den Häuptlingen verhandelte – die Schweden nannten sie Fürsten, was ein wenig von dem Respekt verrät, den sie ihnen gegenüber empfanden. Man tauschte Geschenke gegen Zusagen von Frieden und Freundschaft aus, und die früher getätigten Landkäufe wurden bekräftigt. Die Leichtigkeit, mit der die Schweden sich mit den im Umkreis lebenden Indianern liierten, hing offenbar damit zusammen, dass diese begonnen hatten, Unterschiede zwischen den verschiedenen europäischen Kolonisatoren festzustellen. Die Engländer waren wie gewöhnlich die schlimmsten, denn sie betrieben nach wie vor ihre brutale Ausrottungspolitik. Ein Mingohäuptling namens Agaliquanes sagte unter anderem, dass
sie die Engländer in Virginia zu töten pflegen, wo sie sie finden, aber mit den Schweden wollen sie gerne Freundschaft halten und mit ihnen handeln.
Im folgenden Sommer konnten die Schweden ein großes Landgebiet kaufen, das sich vom Delaware bis hinab zur heutigen Chesapeake Bay erstreckte. Die in Maryland lebenden Engländer hatten es lange vergebens auf dieses Land
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