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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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erworben», der Meinung sei, es sei das Beste, dass Erik «gänzlich die Studien quittieren» und stattdessen «rechnen und schreiben lernen solle», um eines Tages in den Staatsdienst zu treten. Es gab Zeitgenossen, die fanden, dass sich bereits allzu viele kleine Bürgerjungen in der gelehrten Welt tummelten und dass sie sich lieber an näherliegende und passendere Tätigkeiten halten sollten. Vor allem Adlige betonten mit großem Nachdruck, dass die Rolle des Menschen in der Gesellschaft von seinem ersten Atemzug an vorgegeben sei. Es sei natürlich, dass man in die Fußstapfen seines Vaters trete; außerdem meinten manche, dass soziale Herkunft und natürliche Anlagen in der Regel in die gleiche Richtung wiesen. Der Sohn eines Bauern passte für die Landwirtschaft, genau wie ein Pfarrersohn sich am besten dazu eignete, selbst Geistlicher zu werden, und der Sohn eines Landbuchhalters sollte sich am besten ans Rechnen und Schreiben halten und nicht anfangen, mit Büchern und lateinischen Vokabeln zu jonglieren. Nun waren es sicher nicht in erster Linie solche dünkelhaften Gedanken, die der Onkel in seinem Kopf bewegte. Für ihn scheint der junge Schützling eine unwillkommene Last gewesen zu sein, die er sich so schnell und so billig wie möglich vom Hals zu schaffen gedachte. Er war nicht bereit, den Jungen selbst in die Geheimnisse der Buchführung einzuweihen, er hatte eine andere Idee: Am besten wäre es, wenn der Junge in eine Schreib-und Rechenschule ginge, und eine solche stand zum Glück zur Verfügung, in … Hamburg.
    So sah sich Erik innerhalb weniger Wochen auf ein lübeckisches Schiff verfrachtet, das im Juni 1638 an Dalarö vorbei Kurs auf ein Deutschland nahm, in dem der Krieg mit unverminderter Stärke tobte und wo Gerüchten zufolge den Schweden eine große Katastrophe drohte. Er war zwölf, in seinem dreizehnten Lebensjahr. Und er war allein.

III. Der deutsche Krieg ( 1630 – 1638 )
    1 . Ich bin der Löwe aus dem Mitternachtsland!
    Endzeitstimmungen – Die Schweden gehen an Land – Wie sie empfangen werden – Der Vertrag von Bärwalde – Die Erstürmung von Frankfurt an der Oder – ‹Haufenweise in großen Gräben, mehr als hundert in jedem Grab› – Die Plünderung von Magdeburg – Die Schlacht von Breitenfeld – Zwei verschiedene taktische Systeme – ‹Wir befanden uns gleichsam in einer dunklen Wolke›
    Unter den deutschen Protestanten hatte man seit dem späten 16 . Jahrhundert von einem Retter geträumt, der den Unterdrückten zu Hilfe kommen, das römische Babylon zerschlagen und ein neues, goldenes Zeitalter für die Menschheit einleiten werde. Dieser Retter sollte aus dem Norden kommen –
aus der Mitternacht
–, und er wurde der Löwe aus dem Norden genannt.
    Seit dem Mittelalter hatte es in Europa starke endzeitliche Strömungen gegeben: Es mangelte nicht an Personen, die unter Berufung auf die Offenbarung des Johannes und andere Schriften das Ende der Welt, den endgültigen Untergang Satans und eine baldige, totale und wunderbare Umwälzung des irdischen Lebens vorhersagten. Diese schwärmerischen Sekten hatten unter den Armen und Entwurzelten eine besonders große Anhängerschaft, und sie entwickelten sich nicht selten zu anarchistischen und vorsozialistischen Bewegungen, die nicht zögerten, zu Gewalt und Aufruhr zu greifen, um das tausendjährige Reich auf Erden zu errichten. Die ganze religiöse Unruhe während des 16 . Jahrhunderts und vor allem die politische Unruhe während des frühen 17 . Jahrhunderts hatten diese Ideen vom Jüngsten Gericht aufblühen lassen, und Horden von selbsternannten Propheten, Wahrsagern, Bibelkundigen, Zeichendeutern und Auguren überschwemmten Europa mit Schriften über den bevorstehenden Weltuntergang. Es war wahrlich eine Zeit der Ungewissheiten, in der die Menschen sich sowohl von den ins Wanken geratenen wirtschaftlichen Verhältnissen als auch von den launischen politischen Konjunkturen bedroht fühlten, die ein Reich nach dem anderen in Krieg und innere Unruhen zu stürzen schienen. Diese Welt, in der alles in Frage gestellt zu sein schien und wo Unsicherheit und Unbeständigkeit vorherrschten, schien in den Augen vieler dem Untergang geweiht zu sein. Für viele, die in der ersten Hälfte des 17 . Jahrhunderts lebten, war der Gedanke an das nahe bevorstehende Ende so etwas wie eine Selbstverständlichkeit, und dies prägte in vielfacher Hinsicht die angespannte und düstere Gemütslage der Epoche.
    In den ersten Jahrzehnten des

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