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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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Hilfsmittel bekommen, den optischen Tubus oder das Fernrohr – Gustav Adolf hatte selbst eines, ein schmales und buntes. Das Fernrohr war am Anfang des Jahrhunderts von Hans Lipperhey, einem holländischen Brillenschleifer, erfunden worden. Die Holländer erkannten rasch seinen Wert im Krieg und versuchten sogar, es als eine Art Geheimwaffe für sich zu behalten, was jedoch misslang. Das Gerücht von dieser sensationellen Erfindung verbreitete sich in Europa und gelangte binnen eines Jahres nach Italien, wo der bekannte Astronom und Physiker Galileo Galilei selbst einen optischen Tubus baute. (Er richtete ihn zum Himmel und entdeckte in rascher Folge die Gebirge des Mondes, die Monde des Jupiter, die Phasen der Venus und die Flecken der Sonne und erhielt außerdem die Bestätigung für die These des Kopernikus, dass es die Erde ist, die sich um die Sonne dreht, und nicht umgekehrt; in ebendiesen frühen dreißiger Jahren des 17 . Jahrhunderts sollte im Übrigen Galileis Streit mit der katholischen Kirche um die Lehre, dass die Sonne der unbewegliche Mittelpunkt der Welt sei, ihren Höhepunkt und ihr schmähliches Ende finden – 1633 wurde Galilei gezwungen, in der Kirche Santa Maria niederzuknien und dem, was er früher gesagt hatte, abzuschwören.) In Italien fand ein großer Teil der Rekrutierung und Ausbildung von Soldaten für die spanischen Armeen statt, und der optische Tubus wurde von spanischen Offizieren entdeckt, und damit war das Geheimnis in Europa bald gelüftet.
    Doch der optische Tubus war kein Präzisionsinstrument; blickte man hinein, sah man ein kleines, unruhiges Bild mit gelblichen Rändern. Er war auch von begrenztem Wert, wenn die Schlacht ernsthaft in Gang gekommen war, wie hier bei Breitenfeld. Der Sommer 1631 war heiß und trocken gewesen, und riesige Staubwolken wurden von den ausgetrockneten Äckern aufgewirbelt, wenn die Männer und die Pferde sich über sie vor und zurück bewegten. Und der Staub vereinigte sich mit den quellenden Schwaden weißen, übel riechenden Pulverdampfs, sodass das Schlachtfeld bald in einen Nebel gehüllt war, den ein Beteiligter mit einer dunklen Nacht vergleicht, wo man einem anderen Augenzeugen zufolge zuweilen nicht mehr als vier Schritt weit sehen konnte. Der Infanterieoffizier Robert Monro berichtet, wie seine Brigade schottischer Söldner mit einem der kaiserlichen Rechtecke zusammenstieß, wie sie es mit Feuer aus Musketen und Regimentskanonen in Unordnung brachten und es dann in einem Direktangriff mit den Piken sprengten, woraufhin sie weiterstürmten:
    Aber der Rauch war dicht, der Staub wurde aufgewirbelt, und wir befanden uns gleichsam in einer dunklen Wolke, ohne die Hälfte unserer Bewegungen sehen, geschweige denn die Aktionen des Feindes oder den Rest unserer eigenen Brigaden ausmachen zu können; weshalb ich, der ich einen Trommler an meiner Seite hatte, diesen den schottischen Marsch schlagen ließ, bis es hell wurde, welches unsere Kameraden um uns sammelte und unsere besiegten Feinde veranlaßte, sich zu zerstreuen; und erst als die Brigade sich wieder gesammelt hatte, konnten die, die lebten, merken, welche Freunde getötet oder verwundet worden waren.
    Unter dem Druck der in engem Zusammenspiel kämpfenden Reiterei, des Fußvolks und der Artillerie brach der Rest der kaiserlichen Schlachtordnung bei Sonnenuntergang zusammen und strömte flüchtend zurück. Tilly, an Brust und Nacken von drei Kugeln getroffen, die zu seinem Glück nicht durch die Rüstung gedrungen waren, wurde in dem Durcheinander beinah selbst gefangen genommen. Ein langer Deutscher in schwedischen Diensten ritt zu ihm hin, ergriff ihn bei den Kleidern und rief ihm zu, er solle aufgeben – Personen von hoher Abkunft oder hochgestellte Persönlichkeiten gefangen zu nehmen und sie dann gegen ein Lösegeld freizugeben, war ein überaus einträglicher Brauch –, aber Tilly gab seinem Pferd die Sporen und versuchte, sich loszureißen. Sein Verfolger begann daraufhin, mit dem Kolben seiner Pistole auf ihn einzuprügeln, wurde aber in dem Moment von einer Kugel in den Kopf getroffen und fiel tot vom Pferd, und der verwirrte und niedergeschlagene Tilly konnte entkommen.
    Mit Einbruch der Dunkelheit nahmen die Kämpfe ein Ende. Die siegreichen Schweden kampierten auf den Feldern, zwischen Toten und Sterbenden, und zündeten zum Schutz gegen die Kühle der Nacht Feuer aus zerbrochenen Pikenschäften und zerschlagenen Wagen an. In dieser Nacht klang das Geräusch von Glöckchen

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