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Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges

Titel: Verwüstung - Eine Geschichte des Dreißigjährigen Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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hatte, gebraucht. In dem Schmutz und der Enge des schwedischen Lagers begannen nach kurzer Zeit Krankheiten zu grassieren. Ebenso schlimm stand es in Nürnberg selbst, das mit Flüchtlingen aus dem Umland überfüllt war. Die Hygiene wurde dadurch nicht besser, dass die Flüchtlinge reichlich Vieh mitgeführt hatten, das umherlief und überall seinen Kot hinterließ. Nach einiger Zeit sah man sterbende und tote Menschen auf den Straßen liegen. Es entwickelte sich ein Wettstreit, wer am längsten aushielt, eine ziemlich ungerechte Veranstaltung, denn selbst wenn Krankheiten auch unter Wallensteins Truppen wüteten, so hatten diese doch immerhin Verbindungen zu ihren Nachschubgebieten.
    In einem Versuch, die Blockade zu brechen, griff schwedisches Fußvolk gegen neun Uhr am Morgen des 24 . August die nördliche Front des gegnerischen Lagers an, den bewaldeten und stark befestigten Burgstallhügel. Die Pikeniere waren in dem steilen und mit Gestrüpp bewachsenen Terrain bald zum Anhalten gezwungen. Als die Abteilungen mit Musketieren allein zwischen den Steinblöcken und Klüften weiter vordrangen, wurden sie von einem Geschosshagel aus Brustwehren und Schanzen empfangen und prallten zurück. Mehrere Male strömten die Linien schwitzender Männer zwischen den sonnenwarmen Bäumen und Büschen den Hang hinauf, vorbei an den zerfetzten Leichen gefallener Kameraden, doch nur, um aufs Neue von dem scharfen Feuer ihrer gut geschützten Gegner zurückgeschlagen zu werden, bevor sie sie auch nur erreicht hatten. Als es Abend wurde, hatten sie ein paar kleine Durchbrüche geschafft, und das um den Preis von rund 2400 getöteten oder verwundeten Soldaten. (Wie grausam einseitig der Kampf war, erkennt man daran, dass gleichzeitig nur eben über 100 feindliche Fußsoldaten getötet wurden.) Das Ziel war, sich durch die Befestigungen auf dem Hügel hindurchzubeißen: Artillerie wurde herbeigerufen, aber als sie die Hänge hinaufgeschoben werden sollten, war die Dämmerung angebrochen, und zu allem Überfluss hatte ein heftiger Regen eingesetzt, der die ganze Nacht hindurch anhielt. Das schon ohnedies schwer begehbare Gelände wurde glatt und schlüpfrig, und das ganze Vorhaben verlor sich in Dunkelheit und Erschöpfung.
    Nach dem Scheitern dieses Versuchs, die Verbindungswege zu öffnen, hatten die Schweden keine andere Wahl als den Abmarsch. Wallenstein hatte den Hungerkrieg gewonnen. Am 8 . September zog Gustav Adolfs gelichtetes und niedergeschlagenes Heer aus der verwüsteten Gegend um Nürnberg ab. «Drei Monate wurden wir von unseren Feinden belagert», klagte einer der Stadtältesten später, «und vier Monate aßen unsere Freunde uns aus dem Haus». Als die Schweden in der Ferne verschwunden waren, brach auch Wallensteins Heer auf. Der Abmarsch erfolgte in aller Hast. Man nahm sich nicht einmal die Zeit, die großen Vorräte an Mehl und Fleisch mitzunehmen, die dort lagerten. Auch viele Verwundete und Kranke wurden im Lager zurückgelassen, ohne Pflege oder Aufsicht. Leute, die drei Wochen später das leere und schweigende Lager besuchten, konnten zu ihrem Entsetzen ausgehungerte Menschenwracks auf allen vieren zwischen den verfaulenden Körpern toter Menschen und krepierter Tiere herumkriechen sehen.
    Von Gerüchten über Aufruhr und Unruhe in Österreich und Transsilvanien gelockt, versuchte Gustav Adolf eine Zeitlang, die Offensive entlang der Donau fortzusetzen. Seine Absicht war immer noch, den Krieg in das Herzland des Gegners zu tragen. Leider operierte Wallenstein nach genau dem gleichen Prinzip. Die Kaiserlichen wandten sich nach Norden und brachen unter neuem Brandschatzen und Plündern in Sachsen ein. Sachsen einfach seinem Schicksal zu überlassen, war unmöglich, und so eilte das schwedische Heer zu Hilfe. Wallensteins Heer hatte die schwedischen Verbindungen zur Ostseeküste unterbrochen. In einer Zeit, in der die Heere von Plünderung, Brandschatzung und Kontributionen lebten, war es nahezu unmöglich, die Verbindungslinien einer Armee «abzuschneiden», aus dem einfachen Grund, weil sie keine solchen hatte. Doch jetzt waren die Verbindung des schwedischen Heers mit dem Heimatland und sein Zugang zu den wichtigen Rekrutierungsgebieten im Norden bedroht. Außerdem war es durchaus möglich, dass ein Angriff von Wallensteins Heer den ständig schwankenden Johann Georg veranlassen konnte, sich aus dem Krieg herauszuziehen.
    Die Soldaten hasteten in Eilmärschen nach Norden, vorbei an Donauwörth, Nördlingen,

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