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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
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brachten die Vergangenheit zu sehr in die Gegenwart. Er atmete ein paar Mal tief durch, bevor er das Fenster wieder schloss Er holte aus dem Kühlschrank noch einen Teller mit Käse und brachte ihn ins Wohnzimmer. „Soll ich noch eine Flasche Wein öffnen?“ Er sah alle der Reihe nach an. Die Drei schüttelten den Kopf, und so setzte er sich wieder. Sie sprachen dann noch über dies und das, aber ein wirkliches Gespräch kam nicht mehr auf. Irgendwann hielt Harald die gedrückte Atmosphäre nicht mehr aus und sagte: „Tut mir leid, wenn ich euch die Stimmung verdorben habe. Aber ihr habt gefragt.“ Er stand auf, stapelte die Teller aufeinander und ging in die Küche. Ein verschenkter Abend. Er hätte lieber ein anständiges Buch lesen sollen. Er stellte die Teller in das Abwaschbecken und wollte gerade abwaschen, als die Küchentür aufging. Es war Angelika.
    „Wie man es macht, ist es verkehrt. Erzählt man nichts, heißt es, man sei ein Eigenbrötler, erzählt man etwas, ist es auch verkehrt.“ Seine Stimme klang bedrückt.
    „Es ist nicht leicht für andere Menschen, von solch einem Schicksal zu hören. Man kann danach nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagte sie leise.
    Er ließ Wasser ins Abwaschbecken laufen.
    Sie fuhr fort. „Wenn jemand dich mag, dann berührt ihn diese Geschichte.“
    Er begann, abzuwaschen. „Irgendwie läuft der ganze Abend schief.“
    „Ich glaube nicht, dass das irgendjemand hier so sieht.“ Nach einer kleinen Pause fragte sie: „Hast du ein Geschirrtuch?“
    „Nein. Ich lasse das Geschirr immer so trocknen. Danke.“
    „Deine Jugend scheint nicht gerade rosig gewesen zu sein.“
    „Kann man so sagen.“
    „Das war der Verlust, von dem du sprachst, und nicht der von Frau Kaufmann. Habe ich recht?“
    „Ich habe nie gesagt, dass es sich um Lydia handeln würde.“
    „Nein, ich habe es einfach angenommen.“
    „Das...“
    Katja und Herbert kamen in die Küche. „Junge, war schön bei dir. Und danke für das gute Essen.“ Er stellte die leeren Weingläser auf die Arbeitsplatte.
    Katja kam auf ihn zu. Er nahm seine Hände aus dem Wasser, wischte sie an seiner Jeans ab und umarmte sie. „Tschüss.“ Dann gab er Herbert die Hand, der sagte: „Ich feiere in drei Wochen meinen Geburtstag. Du bist herzlich eingeladen. Bei mir. Sonnabend, neunzehn Uhr.“
    „Danke. Ich komme gerne.“
    Er wollte mit ihnen gehen, aber Katja sagte: „Wir finden alleine raus. So groß ist deine Wohnung ja nun nicht. Wasch lieber anständig ab!“
    Man hörte Herbert beim Hinausgehen murmeln. „So eine freche Göre.“
    Unwillkürlich musste Harald grinsen.
    „Du hast sie gern.“ Angelika lächelte.
    „Sie ist ein lieber Knopf.“ Er wusch die Gläser ab. „Schade, dass sie sich immer solche Typen aussucht. Obwohl... ich muss reden. Ich bin ja auch nicht gerade ein Hauptgewinn.“
    „Glaubst du, du seist weniger liebenswert, nur weil du Verletzungen mit dir herum trägst oder nicht immer der starke Held sein kannst?“
    Er gab keine Antwort.
    „Wir haben alle unsere Wunden, Harald.“ Ihre Stimme klang sanft. „Der einzige Unterschied zwischen uns ist, dass ich mich vermutlich mit meiner Vergangenheit mehr auseinandergesetzt habe. Schon allein aufgrund meines Berufes.“
    „Wieso denn das?“
    „Nun, um als Psychoanalytikerin arbeiten zu können, muss man selbst eine Analyse gemacht haben.“
    „Ach! Du bist ein Anhänger der Psychoanalyse?“, fragte Harald gedehnt.
    „Nicht in freudianischem Sinne. Ich halte mich nicht völlig an die Richtlinien und Theorien, die vor so vielen Jahrzehnten mal aufgestellt wurden. Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, auf meine Erfahrungen zu hören. Kein Mensch kann an etwas festhalten, was vor so langer Zeit festgelegt worden ist. Zumindest nicht, wenn man nicht buchstaben- und autoritätsgläubig ist. Es gibt Therapeuten, die ein Bild von Freud in ihrem Zimmer stehen haben. Für mich wäre das nichts.“
    „Und nach welchen Theorien gehst du dann vor?“
    „Ich gehe nicht nach Theorien vor oder sagen wir, ich hänge nicht starr an ihnen. Ich finde es engstirnig, sich nur an eine Schule oder Richtung zu klammern und nichts Neues zuzulassen. Außerdem bin ich nach all den Jahren zu der Ansicht gelangt, dass jeder Patient eine eigene Art der Behandlung braucht. Wenn du so willst: eine maßgeschneiderte Form der Therapie. Ich lasse mich dabei von meinen Erfahrungen und meiner Intuition leiten.“
    Er war mit dem Abwaschen fertig und

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