verwundet (German Edition)
landeten wir im Bett und haben mehrmals miteinander geschlafen.“
„Ich sagte nicht...“
Er beugte sich in seinem Sessel nach vorne. „Schlafen Sie nie mit einem Mann, nur weil Sie Lust dazu haben?“
„Angelika hat Ihnen doch, wenn ich mich recht entsinne, gesagt, dass sie Sie nach wie vor für einen begehrenswerten Mann hält und...“
„Sie haben nicht auf meine Frage geantwortet.“
„Es geht hier um Sie, Herr Wiebke, und nicht um mich!“
„Sie werden mir doch nicht erzählen, dass sie sich nicht einfach mal aus reinem Trieb einem Mann hingegeben haben?“
„Sie sollten diese Spekulationen lassen. Für Ihre Therapie ist dies nicht von Belang.“
„Schön herausgeredet.“ Sein Blick war provokativ, doch sie hielt ihm mit kühlem Gesichtsausdruck stand, bis er schließlich zuerst die Augen abwandte. „Ich habe Ihnen gesagt, dass ich kein Schubladendenken mag. Ich hatte Dutzende von Frauen für nur eine Nacht. Wenn es also wirklich der Fall wäre, dass Frauen dazu immer Liebe brauchen; mit wem zum Teufel habe ich dann diese Nächte verbracht?“
„Sie sollten mir genau zuhören, Herr Wiebke. Ich habe gesagt, dass es vielleicht in diesem Moment nicht für Angelika passte. Davon, dass Frauen grundsätzlich nur aus Liebe mit Männern schlafen, habe ich nicht gesprochen. Und Sie haben eben genau solch eine Situation geschaffen, wie ich sie geschildert habe.“
„Was meinen Sie?“
„Dass Sie anderen Menschen etwas unterstellen, ohne nachzufragen, ob Ihre Empfindungen den Tatsachen entsprechen. Ich habe Sie gefragt, ob Sie das bei Angelika vielleicht auch getan haben.“
„Mögen Sie es, wenn Männer weinen?“
„Ich kann nicht sagen, dass ich es mag, weil es ja bedeutet, dass derjenige traurig ist. Aber wenn Sie mit Ihrer Frage meinen, ob ich Männer weniger schätze, wenn sie weinen, dann lautet meine Antwort: Nein!“
„Ist das jetzt Ihre therapeutische oder Ihre private Ansicht?“
„Beides, Herr Wiebke.“
„Und Sie haben nie auf einen Mann herabgesehen, weil er geweint hat?“
„Nein! Aber wie bereits gesagt, geht es hier nicht um mich.“ Harald nickte geistesabwesend und starrte auf ihren Mund.
„Haben Sie noch Verbindung zu Angelika?“
„Nein!“
„Wollen Sie versuchen, Kontakt aufzunehmen, um über Ihre Gefühle zu ihr zu sprechen?“
„Warum sollte ich das tun?“
„Sie könnten versuchen, einiges zu klären.“
„Ich laufe niemandem hinterher“, sagte er entrüstet. „Wieso empfinden Sie das Bemühen um einen geliebten Menschen als Hinterherlaufen?“
„Sie weiß, dass ich sie liebe, und sie hat Schluss gemacht!“
„Vielleicht zweifelt sie an Ihrer Liebe?“
„Bitte? Meine Eifersucht war doch wohl Beweis genug.“ Sie schüttelte den Kopf. „Die beweist nur, dass Sie denken, ein anderer Mann könnte interessanter und liebenswerter sein als Sie selbst, und sie beweist, dass Sie Angelika nicht vertraut haben.“ Sie erhob sich. „Bis Montag, Herr Wiebke.“
In der folgenden Nacht träumte er von Frau Dr. Donner und erwachte mit einer Erektion. Schlagartig saß er im Bett, rieb sich den Schlaf aus den Augen und versuchte, die Traumbilder loszuwerden. Als ihm das nicht gelang, stand er auf, tappte barfuß zum Wasserhahn und trank zwei Gläser Wasser. Vielleicht sollte ich so langsam mal meine sexuelle Enthaltsamkeit aufgeben, dachte er. Seit er zuletzt mit Angelika geschlafen hatte, lebte er wie ein Mönch. Das tat ihm anscheinend nicht gut. Er schüttelte den Kopf und ging wieder ins Bett, brauchte aber noch eine ganze Weile, bis er wieder einschlief. Als der Wecker ihn schließlich aus der nächtlichen Bewusstlosigkeit riss, fiel ihm sofort wieder der Traum ein. Auch tagsüber bei seiner Arbeit mit den Tieren tauchten immer wieder die Traumbilder auf.
Als er nach einem endlos erscheinenden Wochenende am Montag ihr Zimmer betrat, war er gehemmt und unsicher. Sie begrüßte ihn jedoch wie immer. Er wartete wie stets, bis sie sich gesetzt hatte, bevor er selbst Platz nahm. „Ich wollte mich entschuldigen. Ich war einfach ärgerlich.“
Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht. „Entschuldigung angenommen. Es wird noch öfter vorkommen, dass Sie verärgert sind.“
Fragend sah er sie an.
„Wenn wir etwas gesagt bekommen, was der Wahrheit entspricht, was wir aber absolut nicht wahrhaben wollen, reagieren wir oft mit Abwehr und Ärger.“
„Sie meinen doch nicht das mit den unterschiedlichen Einstellungen zu Sex bei Frauen und
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