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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
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ich mich nicht auf ein sexuelles Verhältnis mit Ihnen einlasse?“
    „Weil Sie so tun, als ließe Sie das alles kalt, mein Verliebtsein, mein Begehren, meine Phantasien!“
    „Von Verliebtsein war bisher nicht die Rede, nur von Sex.“
    „Was würde das schon ändern? Würden Sie vielleicht mit mir schlafen, wenn ich sagen würde, dass ich in Sie verliebt bin?“
    „Was hier in diesem Raum zwischen Ihnen und mir passiert, Herr Wiebke, ist nur ein Spiegel davon, wie Sie auch außerhalb der Therapie mit Menschen umgehen. Wenn Sie in Ihrem Privatleben etwas von einer Frau wollen, hauen Sie ihr dann auch nur Ihre sexuellen Wünsche um die Ohren?“ Sie zog eine Augenbraue hoch. „Oder sprechen Sie von Gefühlen wie beispielsweise von Ihrem Verliebtsein?“
    „Das ist doch jetzt egal. Im Moment bin ich in Sie verliebt!“
    „Das ist nicht egal. Wie gesagt, Ihr Verhalten in der Therapie spiegelt Ihr Verhalten wider, dass Sie auch außerhalb dieses Raumes an den Tag legen. Sie sind krampfhaft darum bemüht, keine Nähe zwischen Ihnen und mir zuzulassen. Sie haben solch eine Angst davor, dass Sie alles tun, um sie zu verhindern, und genau das werden Sie auch sonst im Umgang mit Frauen tun.“
    „Ich kämpfe gegen gar nichts an. Außerdem frage ich mich, wieso ich Nähe zulassen sollte, da ich für Sie doch nur einer von vielen bin. Ich bin Ihnen doch völlig schnuppe!“
    Sie schüttelte den Kopf. „Erstens, Herr Wiebke, kann ich mir meine Patienten aussuchen. In die Entscheidung, ob ich einen Anwärter auf einen Therapieplatz nehme, spielen mehrere Faktoren hinein. Einer davon ist schon mal die Sympathie. Zweitens entsteht zwischen Patient und Therapeut auch immer, und ich betone es noch einmal, immer eine emotionale Beziehung, ohne die eine Therapie ja gar nicht möglich wäre, denn Sie würden mir dann nicht Ihre Probleme anvertrauen wollen, und ich hätte Schwierigkeiten damit, mich überhaupt auf Sie einzulassen. Ihr Bedürfnis, mit mir zu schlafen, zeigt nur, dass Sie sich Nähe zu mir wünschen.“
    „Körperliche Nähe!“
    „Seelische!“
    „Blödsinn!“
    „Herr Wiebke, ich halte dies, ehrlich gesagt, für Ihr Hauptproblem. Sie wünschen sich Nähe, ertragen sie aber nicht!“
    „Wieso glaubt Ihr Frauen eigentlich immer, nur weil man mit euch schlafen möchte, ist man gleich verliebt.“
    „Eben behaupteten Sie noch, Sie seien in mich verliebt!“
    Er fluchte, weil er sich selbst in eine Falle manövriert hatte.
    „Herr Wiebke, von mir aus können wir hier noch den Rest des halben Jahres sitzen und uns über Ihre sexuellen Phantasien unterhalten. Nur bin ich mir nicht sicher, ob das in Ihrem Interesse liegt. Wenn ich mich recht entsinne, war Ihr Ziel, dass Sie in emotionaler Hinsicht besser mit Frauen zurechtkommen und sich nicht immer wie ein Elefant im Porzellanladen aufführen wollten.“
    *
    Seit einer Viertelstunde saß Harald schweigend vor Frau Dr. Donner.
    „Warum machen Sie es sich selbst so schwer, Herr Wiebke?“
    Er kniff die Lippen zusammen und starrte vor sich hin. „Seit vielen Wochen kommen Sie nun hierher. Sie hatten doch einen Grund, eine Therapie zu beginnen, haben sich selbst dazu entschlossen.“ Der Tonfall ihrer Stimme brachte ihn dazu, sie anzusehen. Sie hatte sich nach vorne gebeugt und hielt den Kopf schräg. Güte sprach aus ihrem Blick. „Sind Sie des ewigen Kampfes nicht langsam müde? Es bedarf einer viel größeren Anstrengung, diesen Widerstand aufrechtzuerhalten, als ihn aufzugeben. Hm? Lassen Sie los, Herr Wiebke. Es ist viel einfacher, als Sie denken.“
    „Ich will mich aber nicht in Sie verlieben“, schrie Harald, und Verzweiflung schwang in seiner Stimme mit, denn er fühlte seine Kräfte schon lange schwinden, fühlte sich aufgerieben, fühlte die Anstrengung, die es kostete, ständig seine Gedanken und Gefühle unter Kontrolle zu halten. Sein ganzes Wesen sehnte sich nach ihr, drängte zu ihr hin, und er verstand diese Gefühle nicht. Hatte er nicht vor kurzem noch Angelika geliebt? Die Stimme von Frau Dr. Donner war eindringlich. „Für eine erfolgreiche Therapie ist es wichtig, dass Sie eine emotionale Bindung zu mir aufbauen. Was hier in diesem Raum zwischen uns entsteht und auch entstehen muss, ist eine Beziehung, wenn auch innerhalb bestimmter Grenzen, die es Ihnen ermöglicht, sich frei und offen zu zeigen und zu äußern.“
    „Nur sitze ich jetzt wieder in der Falle!“, sagte Harald, dessen Züge seltsam verzerrt waren.
    Die Analytikerin

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