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verwundet (German Edition)

verwundet (German Edition)

Titel: verwundet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kühn
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nur: „Eine Biographie über Frida Kahlo.“
    „Ist sie interessant?“
    „Ja.“
    Lisa fiel nichts mehr ein. Es war das erste Mal, dass Lydia ihr nicht entgegenkam, ihr nicht half. „Warum fragst du nicht, wo ich war?“
    Lydia sah sie kühl an: „Du hast mir doch allzu deutlich zu verstehen gegeben, dass mich das nichts angeht.“ Lisa war sprachlos.
    Lydia fuhr fort: „Ich werde deinen Wunsch respektieren und dich nicht mehr danach fragen.“
    Lisa würgte die aufsteigenden Tränen hinunter. „Ich war in Hamburg.“
    Lydia blieb dem Buch zugewandt und fragte nur gleichgültig: „Aha. Und, war es schön?“
    Lisa konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.
    Lydia sah sie jetzt an, sagte jedoch nichts. Ihre Miene war nicht mehr so unnahbar, aber sie versuchte auch nicht mehr, sie in den Arm zu nehmen, wie sie es sonst getan hatte. Sie sah ihr einfach beim Weinen zu.
    Lisa wimmerte. „Hast du mich denn nicht mehr lieb?“
    „Doch Lisa. Aber ich bin müde. Du willst oder kannst keine Nähe zulassen und forderst doch alles von mir. Du bleibst nächtelang weg, und ich darf dich nicht fragen, wo du gewesen bist. Ich komme fast um vor Sorgen, und wenn ich mit dir reden will, weichst du aus oder schreist mich an. Dann fährst du einfach zwei Wochen weg, ich höre nichts von dir und habe keine Ahnung, wo du steckst. Ich habe alles versucht, um dir ein geborgenes Heim zu schaffen. Es hat dir anscheinend nicht geholfen. Jetzt gebe ich auf. Ich kann nicht mehr. Du bist frei und kannst kommen und gehen, wann du willst, zumindest bis das vereinbarte Jahr abgelaufen ist. Ich werde dich nicht mehr behelligen. Das war doch das, was du dir gewünscht hast.“
    Lisa wurde übel. Sie sprang auf, lief ins Bad und übergab sich. Ihr Kopf fühlte sich heiß an, und der Schmerz pochte in ihm. Dann spülte sie sich den Mund aus und schleppte sich in ihr Zimmer. Sie hatte nicht mehr die Kraft, sich den Schlafanzug anzuziehen. So streifte sie nur die Jeans ab und schlüpfte im T-Shirt ins Bett. Sie rollte sich zusammen und schloss die Augen. Sie lief in einem endlos langen Flur auf einen Mann im weißen Kittel zu. Sie kam nie bei ihm an. Eine Nonne tauchte auf, sie hatte ein hartes Gesicht! Sie mochte sie nicht. Es roch komisch, unangenehm. Dann wieder lag sie in einem Raum. Der Raum war weiß und hatte keine Türen. Sie konnte ihn nicht verlassen. Es gab keine Welt außerhalb, sie fühlte sich einsam. Plötzlich saß sie am Tisch und spielte mit Bauklötzen, die ein Märchenbild ergaben. Schneewittchen. Wenn sie die Bauklötze drehte, ergab sich ein anderes Motiv.
    Plötzlich legte sich eine kühle Hand auf ihre Stirn. Wie durch einen Nebel erkannte sie Lydia. Sie konnte das Weinen nun nicht mehr zurückhalten. Lydia streichelte sie: „Sch, sch... so beruhige dich doch.“
    Aber Lisa konnte nicht aufhören zu weinen. Schließlich legte sich Lydia zu ihr und umarmte sie, wiegte sie wie ein Kind. So lagen sie eng umschlungen eine ganze Weile. Als Lisa sich ausgeweint hatte, fühlte sie sich müde und leer. Erschöpft lehnte sie den Kopf in Lydias Halsbeuge und seufzte.
    Als sie wieder erwachte, wusste sie nicht, wie viel Zeit vergangen war. Lydia hatte die Augen geschlossen und schien zu schlafen. Sie kuschelte sich an sie. Wie weich und warm sie war. Sie näherte sich ihrem Gesicht und küsste sie auf den Mund. Lydia öffnete die Augen und sah sie mit einem rätselhaften Ausdruck an. Lisa erschrak. Wie gebannt sah sie in Lydias Augen, als die Türglocke schrillte.
    Lydia sah auf ihre Armbanduhr und schüttelte den Kopf. „Wer mag das jetzt noch sein?“ Sie erhob sich und verließ das Zimmer. Lisa warf sich in die Kissen zurück. Hatte Lydia etwas gemerkt? Sie hörte sie sprechen. Die andere Stimme kam ihr bekannt vor. Stephan, ihr geschiedener Mann. Das gab es doch nicht. Was wollte der denn hier? Lisa mochte ihn nicht. Er hatte damals versucht, Lydia davon abzubringen, Lisa bei sich aufzunehmen. Er war, so hatte Lydia ihr erzählt, außerordentlich eifersüchtig. Lisa kannte das von ihrem Vater. Sie erinnerte sich mit Grauen an eine von vielen Szenen. Sie saß am Küchentisch und machte Schularbeiten. Sie hatte bereits abgewaschen und aufgeräumt, und erst jetzt konnte sie ihre Hausaufgaben erledigen. Ihr Vater saß neben ihr und las Zeitung. Den ganzen Abend schon kippte er Bier in sich hinein und hatte bereits ein bedenklich rotes Gesicht. Sie fürchtete sich. Ihre Mutter war noch nicht zu Hause. Sie fühlte die aufsteigende

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