Verzaubert in Florenz
drehte sich auf halber Treppe noch mal um. “Leistest du mir Gesellschaft, während ich esse? Oder bist du dazu schon zu müde?”
Es wäre ein Leichtes gewesen, Müdigkeit vorzuschützen, aber Georgia wollte keine erneute Unstimmigkeit aufkommen lassen. Zumindest redete sie sich das ein. “Nein.”
“Nein, du willst nicht bleiben oder nein, du bist nicht müde?”
“Ich bin nicht müde”, sagte sie wahrheitsgemäß. “Wenn du es wünschst, leiste ich dir Gesellschaft.”
“Danke. Ich bin in zehn Minuten unten.”
Georgia sah ihm nach, wie er, zwei Stufen auf einmal nehmend, nach oben eilte, und ging nachdenklich in den Wintergarten zurück. Sie wollte zwar keine Liebesaffäre mit Luca, aber deshalb brauchte sie sich nicht das Vergnügen seiner Gesellschaft zu versagen.
Er erschien in weniger als zehn Minuten im Wintergarten, das schwarze Haar noch feucht, und trank erst eine Unmenge Mineralwasser, ehe er sich ein Glas Wein genehmigte. “Es war eine Arbeit, die durstig macht, aber Gott sei Dank wurde niemand verletzt.”
“Du scheinst für euer Personal große Verantwortung zu empfinden”, stellte Georgia fest.
“Wir haben nicht sehr viele Arbeiter, aber viele von ihnen sind schon in der zweiten Generation bei uns.” Luca lächelte. “Natürlich fühle ich mich für sie ebenso verantwortlich wie schon zuvor mein Vater. Traurig genug, dass er starb, als ich noch zur Schule ging, und Maddalena die Verantwortung für den Betrieb übernehmen musste, bis ich alt genug war, um sie zu entlasten.”
“Und was ist mit deiner Mutter?”, erkundigte sich Georgia zögernd. “Ich möchte nicht in deiner Familiengeschichte herumschnüffeln, aber starb sie ebenfalls jung?”
“Bei meiner Geburt”, antwortete er kurz angebunden. “Genau wie Maddalena, als ihr Sohn geboren wurde.”
Georgia sah ihn bestürzt an. “Tut mir leid, ich hätte nicht fragen sollen.”
“Warum nicht? Es ist kein Geheimnis.” Luca schien erleichtert, als nun Elsa mit einem üppig beladenen Tablett in den Händen erschien.
“Nur gut, dass ich etwas für dich aufgehoben habe”, sagte Elsa brummelnd. “Warum überlässt du die Dreckarbeit nicht anderen, Luca?”
“Weil ich gerade die am meisten liebe”, entgegnete er mit jungenhaftem Lachen und griff nach dem Besteck. “Und jetzt lass mich in Frieden essen, Weib. Ich bin zu alt für deine Strafpredigten.”
Elsa schnaufte verächtlich, ließ den Blick aber liebevoll auf ihm ruhen, ehe sie sich anschickte, für Georgia Tee zu holen.
“Hängt dir dieser viele Tee nicht manchmal zum Hals raus?”, wollte Luca wissen.
Georgia schmunzelte. “Offen gesagt schon, aber Elsa ist überzeugt, dass wir Briten nichts anderes trinken, und ich habe nicht das Herz, sie eines Besseren zu belehren. Sag mir”, fuhr sie fort, “wird Signor Sardi wirklich schon bald wieder aus dem Krankenhaus entlassen, wie Alessa behauptet?”
Luca versicherte ihr, dass Marco nach einigen Tagen der Ruhe wieder nach Hause kommen werde. “Allerdings muss er strenge Diät halten. Keinen Wein oder sonstigen Alkohol, weder Kaffee noch Essig im Salat und keine Zitrusfrüchte.”
Georgia nickte. “Um die Magensäure zu verringern.”
Luca verzog angeekelt das Gesicht. “Der Arme tut mir jetzt schon leid. Er liebt Wein und Kaffee, aber ich habe ihm gesagt, dass er schon Alessas wegen dieses Opfer bringen müsse.”
Nach dem Essen schlug Luca einen Spaziergang im Park vor. “Um meine Lungen vom Rauch zu befreien”, sagte er und hüstelte.
Georgia war einverstanden. “Man hat das Gefühl, als wären die Sterne einem hier näher”, meinte sie, während sie über den gepflegten Rasen schlenderten.
“Italien liegt eben um einiges südlicher als dein Land.” Luca atmete tief durch. “Wo ich wohne, ist es kühler, weil mein Haus weiter oben in den Bergen liegt. Willst du mich nicht einmal dort besuchen, ehe du abreist, Georgia? Wenn du willst, kannst du Alessa als Anstandsdame mitbringen.”
“Gut, dann komme ich. Bist du mit deinen Arbeiten am Haus fertig?”
Er zuckte die Schultern. “Es war nicht viel zu tun. Mein Schlafzimmer wurde neu gestrichen, und an der Fassade gab es einige Ausbesserungsarbeiten. Mein Haus ist nicht so exklusiv wie die Villa hier. Es ist ein ehemaliger Bauernhof, und ich möchte seinen Charakter bewahren.”
“Klingt interessant. Charlotte und Tom haben auch auf einem Bauernhof hier in der Nähe …” Georgia verstummte jäh und wünschte, Toms Namen nicht erwähnt
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