Verzaubert
muss dringend duschen.«
»Darüber würde ich nicht mit Ihnen streiten.«
»Sie werden immer besser darin, nicht zu flirten.«
Er grinste. »Ich könnte Ihnen ja Gesellschaft leisten.«
»Bisher haben Sie mich nicht einmal zum Essen ausgeführt. Gemeinsames Duschen ist eine Nummer zu groß für Sie.« Wieder ernster werdend fügte ich hinzu: »Hören Sie, ich weiß, dass ich Sie nicht davon abhalten kann, dieser Sache nachzugehen –«
»Stimmt, können Sie nicht.«
»Allerdings vermute ich, dass Ihr Chef es durchaus kann – und auch tun wird, wenn Sie zu viel Zeit in diese Sache investieren.«
»Ebenfalls richtig«, stimmte er zu.
»Aber ich wünschte, Sie würden uns vertrauen.«
»Und ich wünschte, Sie würden sich von Max fernhalten.«
Wir sahen uns an und erkannten, dass unsere Verhandlungen für diesen Tag festgefahren waren.
Mein Handy klingelte. Ich entschuldigte mich und stand auf. Einen Augenblick später sagte ich: »Hi, Mom … Nein … Ja, ich weiß … Also gut, einen Moment.« Ich hielt die Muschel zu und sagte zu Lopez: »Das wird ein längeres Gespräch.«
Er verstand die Andeutung. »Ich gehe dann mal.« Er stand auf. »Wir sehen uns.«
»Okay.« Ich sah ihm nach, als er zur Tür ging. »Danke für das Frühstück.«
»War mir ein Vergnügen. Das nächste Mal bringe ich mehr Kaffee mit.«
Ich ließ einen ungebundenen, gutaussehenden Kerl mit fester Anstellung, den ich wirklich mochte, mit einem kurzen Winken und ohne Verabredung aus meinem Apartment gehen. Konnte es sein, dass ich nicht gerade das Beste aus meinem Leben machte?
Nachdem die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war und ich seine Schritte auf der Treppe im Flur hörte, sagte ich: »Okay, Khyber, er ist weg.«
Als ich ihn mit »Hi, Mom« begrüßte, hatte Khyber sich sofort denken können, wer sich bei mir befand.
»War er über Nacht da?«, fragte Khyber neugierig.
»Nein! Nicht einmal ich war heute Nacht hier. Er hat mir Frühstück gebracht, das ist alles.«
»Hat er dich in die Mangel genommen?«
»Ein bisschen. Aber das ist schon in Ordnung.« Ich erwähnte nicht, dass ich Lopez von Samson und Dolly erzählt hatte. Früher oder später hätte er das sowieso herausgefunden – Khyber musste nicht unbedingt erfahren, dass
mir
diese Information rausgerutscht war.
»Er ist scharf«, sagte Khyber anerkennend. »Hast du ihn schon ohne Klamotten gesehen?«
»Nein!«
»Oder in seiner Uniform?«
»Warum rufst du eigentlich an?«
»Ich habe die Opfer von letzter Nacht ausfindig gemacht.«
»Du?«, fragte ich überrascht.
»Ja. Online wird viel gechattet. Bist du schon angezogen? Dr. Zadok hat gesagt, ich solle dich mit einem Taxi abholen. Er ist bereits auf dem Weg dorthin.«
»Wohin?«
»Zu Garry Goudini. Letzte Nacht ist während der Vorstellung eine seiner Assistentinnen verschwunden. Und außerdem sein weißer bengalischer Tiger.«
[home]
12
N atürlich ist auch früher schon mal was daneben gegangen«, räumte Garry Goudini ein und starrte aus dem Fenster seiner Hotelsuite auf den Times Square. »Damit muss man in diesem Geschäft rechnen. Zum Beispiel damals, als ich einen Toyota frei schweben lassen wollte. Er sollte zweieinhalb Meter hoch in die Luft steigen, doch er hob nur etwa einen Meter vom Boden ab und fiel dann herunter. Eine richtige Bruchlandung.« Er nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. »Wenn der Wagen wie geplant zweieinhalb Meter hochgestiegen wäre, hätte ich darunter gestanden, als er abstürzte. Ich hätte
sterben
können!«
Khyber und ich wechselten einen Blick, während Goudini einen Schluck von seinem Whiskey Soda trank. Wir waren vor knapp fünf Minuten eingetroffen, und das war bereits der zweite Drink des Magiers.
»Wie traumatisch für Sie, Mr. Goudini«, bemerkte Max. »Und jetzt zu letzter Nacht –«
»Und dann der Versuch, ein Mädchen verschwinden zu lassen, während sie von einem hohen Podest durch einen Feuerring springt«, erzählte Goudini. »Eines Abends in Las Vegas schlug sie einfach auf dem Boden auf. Es war so peinlich!«
»Hat sie überlebt?«, fragte Khyber entsetzt.
»Hm?« Goudini warf uns über die Schulter hinweg einen Blick zu. »Ach so, ja. Aber
mich
hat die Krankenhausrechnung fast umgebracht.« Er trank einen weiteren Schluck Alkohol und füllte seine Lungen erneut mit Nikotin.
Goudinis dichtes, gewelltes schwarzes Haar mit den feinen grauen Strähnen an den Schläfen sah aus wie Lackleder und würde wohl auch von einer starken
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