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Verzaubert

Verzaubert

Titel: Verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Resnick
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Windbö nicht zerzaust werden. Seine tiefe, gleichmäßige Bräune ging einen Tick ins Orangefarbene. Die Augenbrauen waren zu dramatischen Bögen in Form gezupft, und er hatte einen Hauch Eyeliner aufgelegt. Er trug schwarze Hosen und ein schwarzes Seidenhemd über der behaarten, orangebraunen Brust, das fast bis zum Bauchnabel offen war.
    Laut Khyber, der im Internet recherchiert und mich auf der Hinfahrt gebrieft hatte, war Goudini lange Zeit erfolgreich in Las Vegas aufgetreten. Das lag gut zehn Jahre zurück. Seither war er von anderen Darstellern zunehmend aus dem Rampenlicht gedrängt worden. Während der letzten zwei Jahre war er nirgendwo mehr aufgetreten. Die Show am Vorabend sollte der Auftakt zu seinem Comeback sein. Eine Woche lang wollte er damit in Manhattan auftreten. Den neuen Zaubertrick hatte er monatelang in seinem Haus außerhalb der Stadt geprobt.
    Max versuchte es erneut. »Wegen letzter Nacht, Mr. Goudini …«
    Aber Goudini war bereits wieder abgetaucht in Erinnerungen an Aufführungs-Pannen. Dieses Mal ging es um einen Wassertank, in dem er beinahe ertrunken wäre. Ich war plötzlich froh, dass der Mann, für den ich mich neuerdings interessierte, einen netten sicheren Job als Polizist hatte.
    »In jener Nacht kam ich beinahe ums Leben«, schloss Goudini seine Anekdote. »Von daher bin ich Überraschungen auf der Bühne gewohnt. Und es mangelt mir auch nicht an Erfahrung, vor Publikum mit derartigen Notfällen umzugehen.«
    »Natürlich nicht«, versicherte Max.
    »Aber was letzte Nacht passiert ist … Mein Gott! So etwas habe ich noch nie zuvor erlebt!« Goudini leerte sein Glas. »Ich bekam Panik, das gebe ich gern zu.
Jeder
hätte Panik bekommen, da kann mir keiner was erzählen.« Er ging hinüber zur Zimmerbar und mixte sich einen weiteren Whiskey Soda. »Will sonst wirklich niemand einen?«
    »Nein, danke«, sagten wir wie aus einem Munde.
    Laut Khyber war Goudinis Auftritt am Vorabend ein derartiger Flop, dass sich die Zaubereifans darüber die ganze Nacht lang in den Chatrooms ausließen. Als sich Khyber heute Morgen einloggte und die Website aufrief, die er die letzten Tage überwachte, hatte er deshalb leicht die Spur der Verschwundenen zu Goudini zurückverfolgen können.
    »Es war eine erschütternde Erfahrung«, erzählte uns Goudini.
    Ich hatte mich derart beeilt, dass meine Haare noch feucht vom Duschen waren. Max sah so abgekämpft aus, wie ich mich fühlte, dennoch hörte er mit aufmerksamer Miene zu, als es um die Details von letzter Nacht ging. Der Bericht des Magiers ähnelte denen, die wir bereits kannten, nur dass bei diesem alles
großartiger! besser! und kühner!
war. Seine Requisitenkiste ist ein überdimensionaler Tigerkäfig mit schimmernden, silbernen Gitterstäben. Und er schwebt fast fünf Meter über der Bühne, während die Musik plärrt und die Scheinwerferlichter tanzen. Der Käfig füllt sich mit Rauch, es wird für einen Moment im ganzen Theater dunkel, ein bisschen Blitz und Donner …
    »Blitze?«, warf Khyber ein. Offenbar erinnerte er sich an seine Recherche.
    »Keine echten«, stellte Goudini klar.
    … gefolgt von einigen Drehungen des Käfigs, der dann plötzlich abstürzt und mit Geräuschen auf der Bühne landet, als wolle sich der gefährliche Tiger befreien …
    »Armes Ding«, murmelte Khyber. »Hat er dabei Angst?«
    … um Jagd auf den Zauberer und die Zuschauer zu machen. Dann geht das Licht wieder an, der Rauch verzieht sich, und statt des Tigers steigt ein hübsches Mädchen aus dem Käfig und verbeugt sich.
    Goudini schüttelte sich. »Nur dass es gestern Abend schiefging. Furchtbar schiefging.«
    »Wir müssen den Käfig untersuchen«, sagte Max.
    Max’ Bemerkung ignorierend gab Goudini einen kleinen Entsetzensschrei von sich. »Wie soll ich heute Nachmittag auftreten?«
    »Heute Nachmittag?«, wiederholte ich.
    »Die Samstagnachmittagsvorstellung«, sagte Khyber.
    Es war Samstag! Das bedeutete, dass Golly schon eine Woche lang verschwunden war. Ich verdrängte die plötzlich aufsteigende Angst, unsere Suche könnte hoffnungslos sein – doch die Zahl der Verschwundenen wuchs schneller, als wir Hinweise zusammentrugen.
    Goudini war so aufgewühlt, dass er sich hektisch durch sein Haar fuhr. Ich hatte recht: Die Frisur blieb unverändert.
    »Was soll ich denn ohne sie machen?«, fragte er geknickt.
    »Keine Sorge, Mr. Goudini«, versicherte Khyber. »Wir werden sie finden.«
    »Ja«, stimmte ich energisch und mit neuer

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