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Verzaubertes Verlangen

Verzaubertes Verlangen

Titel: Verzaubertes Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
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Zeitgenosse war. Er war ein verschlagener, gewissenloser Intrigant, der sich in den niederen Rängen der Fotogemeinde bewegte. Er besaß ein kleines Atelier in einem ärmlichen Viertel
der Stadt, aber um ganz ehrlich zu sein, ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.«
    Gabriel umfasste seinen Brandyschwenker mit beiden Händen. »Ich würde gern die Fotos sehen, die er Ihnen geschickt hat.«
    »Sie sind in der untersten Schreibtischschublade. Ich hole sie.«
    Sie stellte ihr Brandyglas ab, stand auf und ging zum Schreibtisch hinüber.
    Gabriel sah, wie sie einen kleinen Schlüssel aus einem zierlichen Chatelaine-Täschchen holte, das von der Taille ihres Kleids baumelte. Sie schloss die Schublade auf und nahm zwei Fotografien heraus.
    Wortlos kehrte sie zu ihrem Sessel zurück, setzte sich wieder und reichte ihm eins der Bilder.
    Er hielt das Foto einen Moment lang mit der Bildseite nach unten und fühlte mit dem Teil seines Wesens, der Dinge wahrnehmen konnte, die seinen anderen Sinnen verborgen blieben. Da war ein leises Echo von Wut und Empörung, aber er war so gut wie sicher, dass diese Emotionen von Venetia stammten. Es schwang deutliche Selbstbeherrschung in ihnen mit.
    Darunter spürte er den schwächeren Nachklang einer anderen, brennenderen Emotion, die nur als besessene Wut beschrieben werden konnte. Er war so gut wie sicher, dass diese Emotion von der Person stammte, die dafür gesorgt hatte, dass Venetia das Foto auf ihrer Türschwelle gefunden hatte.
    Er drehte das Foto um und betrachtete es im Lichtschein des Kaminfeuers.

    »Ist dies das Bild, das als Erstes kam?«, fragte er.
    »Ja.«
    Das Foto wirkte auf den ersten Blick zwar ausgesprochen morbide, aber dennoch recht harmlos. Es zeigte einen Trauerzug, angeführt von einer schwarzen Beerdigungskutsche, die von zwei schwarzen Pferden gezogen wurde. Die Kutsche stand vor dem Eisentor eines Friedhofs. Durch die Gitterstäbe des hohen Zauns, der den Friedhof einfasste, war eine düstere Ansammlung von Grabmalen, Grüften und Grabsteinen zu sehen.
    Erst bei näherer Betrachtung bemerkte man am Rand der Szene eine Frau in einem modischen schwarzen Kleid und mit einem breitkrempigen schwarzen Hut auf dem Kopf.
    Gabriel spürte, wie sich ihm der Magen zusammenschnürte.
    »Das sind Sie?«, fragte er beklommen.
    »Ja. Der Friedhof auf dem Bild ist nicht weit von dieser Straße gelegen. Ich komme jeden Tag daran vorbei, wenn ich ins Atelier gehe.« Sie hielt ihm das zweite Foto hin.
    Er nahm es in die Hand und verharrte abermals einen Moment, um zu sehen, ob er irgendwelche starken Empfindungen wahrnehmen könnte. Der Nachklang von Venetias Wut und Empörung war abermals deutlich zu spüren, doch diesmal war da noch etwas anderes. Angst.
    Und unter jener Emotion schwang die gleiche krankhafte Besessenheit mit, die am ersten Bild haften geblieben war.
    Er drehte das Bild um. Diesmal zeigte das Foto ein reich verziertes Grabmal. Einen Moment lang konnte er sich keinen Reim darauf machen. Dann sah er den Namen auf dem Stein. Eine eisige Faust packte sein Herz.
    »Im Gedenken an Venetia Jones «, las er laut.

    Venetia verzog das Gesicht. »Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, was jemand erreichen kann, der sich auf die Kunst der fotografischen Retusche versteht. Nachdem wir das Bild erhalten hatten, sind Amelia und ich zu dem Friedhof gegangen, um nachzuschauen, ob jenes spezielle Grabmal tatsächlich dort steht.«
    »Und haben Sie es gefunden?«
    »Ja.« Sie verschränkte ihre Finger fester miteinander. »Der Name auf dem Grabstein ist allerdings Robert Adamson.«
    »Was immer er sonst gewesen sein mag, Harold Burton war ein gemeiner Dreckskerl.«
    Sie trank einen Schluck Brandy. »Dieser Ansicht schließe ich mich vorbehaltlos an.«
    Er betrachtete abermals das erste Foto. »Ist dieses Bild ebenfalls retuschiert?«
    »Nein. Ich war an jenem Tag bei dem Friedhof. Ich war auf dem Heimweg von meinem üblichen Spaziergang im Park und ging gerade am Tor vorbei, als der Trauerzug eintraf.« Sie zögerte. »Ich weiß, dass es wie blanker Verfolgungswahn klingen wird, aber ich hatte seit einiger Zeit das Gefühl, Burton würde mich beschatten.«
    Gabriel legte die Fotos auf den Tisch neben dem Sessel. »Sind Sie absolut sicher, dass er diese Fotos gemacht hat?«
    Sie warf einen kurzen Blick auf die Bilder. »So sicher, wie ich das ohne unumstößliche Beweise sein kann. Es ist etwas am Stil und der Komposition. Burton war ein

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