Verzaubertes Verlangen
wenn Sie mir die Wahrheit sagen würden, also frage ich Sie noch einmal: Was haben Sie heute Abend gesehen?«
Sie ließ sich so viel Zeit mit ihrer Antwort, dass er schon befürchtete, sie würde sich weigern, es ihm zu sagen. Er konnte es ihr nicht einmal übelnehmen, dachte er. Sie war ihm nichts schuldig. Aber aus irgendeinem Grunde störte es ihn, dass sie ihn nicht ins Vertrauen zog. Er erkannte, dass er sich wünschte, sie würde ihm wieder vertrauen, so wie sie es in Arcane House getan hatte.
»Nichts, was ich an dem flüchtenden Mann wahrgenommen habe, hätte irgendeinen Nutzen für die Polizei«, erklärte sie leise.
Er stockte. »Also ist Ihnen etwas an dem Mörder aufgefallen?«
»Ja.« Sie sah ihm in die Augen. »Sie werden zweifellos denken, ich hätte eine allzu rege Phantasie oder würde unter Halluzinationen leiden, wenn ich Ihnen die Wahrheit sage. Bestenfalls werden Sie mich für eine Schwindlerin halten.«
Er machte zwei Schritte auf sie zu, umfasste ihre Schultern mit seinen Händen und zog sie auf die Füße. »Ich versichere Ihnen, dass mich nichts, was Sie sagen, je zu einer dieser Schlussfolgerungen verleiten könnte.«
»Ach ja?« Sie zog skeptisch die Augenbrauen hoch. »Was macht Sie da so sicher?«
Er umfasste ihre Schultern fester. »Sie scheinen zu vergessen, dass wir vor rund drei Monaten mehrere Tage zusammen verbracht haben.«
»Nein, Mr. Jones, das habe ich nicht vergessen. Nicht einen Moment lang.«
»Ich auch nicht. Ich sagte Ihnen bereits, dass ich keinerlei Zweifel an Ihrem Charakter hege. Das Gleiche gilt für Ihren Verstand.«
»Vielen Dank.«
»Aber es gibt noch einen anderen Grund, weshalb ich wohl alles glauben würde, was Sie mir erzählen«, sagte er.
»Und was für ein Grund soll das sein, Sir?«
»Mein Verlangen nach Ihnen ist viel zu groß, als dass ich mir jemals irgendwelche Zweifel in Bezug auf Sie erlauben würde.«
Sie sah ihn entgeistert an. »Mr. Jones. «
Die Fragen würden später fortgesetzt werden müssen. Es war schon zu lange her. Er konnte der Versuchung nicht länger widerstehen.
Er senkte seinen Kopf und bemächtigte sich ihrer Lippen.
16
Der Schock der Umarmung entzündete ihre Sinne. Nach all den Wochen und Monaten der Ungewissheit über sein Schicksal und der Verzweifelung angesichts der Erkenntnis, dass Gabriel, so er noch am Leben war, nicht zu ihr gekommen war, küsste er sie endlich wieder.
Seine Umarmung war sogar noch erregender, als sie es in Erinnerung hatte. Die Wärme seines Körpers, der sinnliche Geschmack seines Mundes, die männliche Kraft seiner Arme weckten tief in ihr eine wohlige Lust.
»Haben Sie die leiseste Ahnung, wie viele Nächte ich wach gelegen und mir ausgemalt habe, wie es sein würde, Sie wieder zu küssen?«, flüsterte Gabriel.
»Was denken Sie denn, wie es für mich war? Ich war am Boden zerstört, als ich von Ihrem angeblichen Unglück hörte. Ich konnte es einfach nicht glauben. Ich war überzeugt davon, dass Sie noch am Leben waren. Immer wieder habe ich mir gesagt, dass ich es irgendwie spüren würde, wenn Sie tot wären. Aber es kam kein Wort, keine Nachricht von Ihnen.«
»Es tut mir so leid, meine Liebste.« Er zog ganz sanft mit einer Hand ihren Kopf in den Nacken, damit er freieren Zugang
zu ihrem Hals hatte. »Ich schwöre, ich habe niemals gewollt, dass Sie die Nachricht von meinem Tod erfahren. Wie sollte ich denn wissen, dass Sie eine so kurze Meldung in den Londoner Zeitungen zu lesen bekommen? Ich dachte, Sie wären noch immer heil und sicher in Bath.«
»Sie hätten sich bei mir melden sollen«, beharrte sie.
»Vergeben Sie mir«, flüsterte er in ihr Ohr. »Ich hatte gedacht, dass diese verfluchte Sache schon längst bereinigt sein würde und ich zu Ihnen kommen könnte, ohne Sie in Gefahr zu bringen.«
Er fuhr mit seinen Fingern durch ihr Haar. Haarnadeln fielen leise auf den Teppich. Die Intimität der Situation ließ sie erschaudern. Sie umklammerte seine Schultern, fühlte das weiße Leinen seines Hemdes und die festen Muskeln unter dem Stoff.
Ihr Haar fiel von seinen Nadeln befreit über ihre Schultern. Als Nächstes nahmen sich seine Finger die Haken an der Vorderseite ihres Kleides vor. Die Erkenntnis, dass er im Begriff stand, sie auszuziehen, weckte Panik in ihr.
Es geschah alles viel zu schnell. Gabriel benahm sich, als verzehrte er sich vor Verlangen nach ihr, doch sie durfte nicht vergessen, dass die Gründe für seine Rückkehr zu ihr nichts mit Leidenschaft zu
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