Verzaubertes Verlangen
ihr ein dankbares Lächeln. Maud erwiderte es.
»Da stimme ich zu.« Amelia legte ihren Bleistift beiseite und sah Jeremy an. »Ich sehe keinen Grund, weshalb Sie Mrs. Jones nicht als Caesar gefallen sollten, Mr. Kingsley. Aber Sie verstehen natürlich, dass die endgültige Entscheidung bei Mrs. Jones liegt, sobald sie Sie in Augenschein genommen hat.«
»Ja, Miss. Danke, Miss.« Jeremy war eindeutig begeistert. »Ich werde mein Bestes tun, um Sie vollends zufrieden zu stellen, das verspreche ich.«
»Nun gut«, sagte Amelia, »Mrs. Jones hat am dreiundzwanzigsten um drei Uhr für Sie Zeit. Wenn sie mit Ihnen zufrieden ist, wird sie Sie noch am selben Termin fotografieren. Die Aufnahmen werden mindestens zwei Stunden in Anspruch nehmen, sehr wahrscheinlich länger. Mrs. Jones ist eine Perfektionistin, wenn es um ihre Fotos geht.«
»Schon klar, Miss.«
»Sie müssen pünktlich sein«, fügte Maud hinzu. »Mrs.
Jones ist eine vielbeschäftigte Frau. Sie mag es nicht, auf ihre Modelle warten zu müssen.«
»Machen Sie sich da mal keine Sorgen, Miss«, versicherte Jeremy und ging auf den Umkleideraum zu. »Ich werde rechtzeitig hier sein.«
Er verschwand hinter dem schweren rot-goldenen Vorhang, der den Umkleideraum für Gentlemen abteilte. Als er einige Minuten später wieder hervorkam, trug er abermals seine schlecht sitzende Kleidung von der Stange. Amelia dachte im Stillen, dass ihm die Toga bedeutend besser gestanden hatte. Sie sah, dass Maud ebenso dachte.
Jeremy stammelte ein paar dankbare Worte und eilte dann aufgeregt hinaus auf die Straße.
Amelia und Maud kehrten in den Empfangssalon des Ateliers zurück.
»Ich denke, Mr. Kingsley wird einen ausgezeichneten Caesar abgeben«, sagte Amelia.
»Ja, Miss, das wird er ganz sicher, da gehe ich jede Wette ein.« Maud rieb sich die Hände. »Ich bin sicher, dass er sich noch besser verkaufen wird als Hamlet vor einigen Wochen. Ein Mann in Toga hat etwas, finden Sie nicht auch?«
»Ja, aber ich muss sagen, dass es schwer sein dürfte, unseren Hamlet zu übertreffen.«
Amelia blieb vor einem der ausgestellten Bilder an der Wand stehen. Die stimmungsvolle Fotografie war das sinnliche Porträt eines ausgesprochen gut aussehenden Mannes, der den Betrachter aus den verführerischen Augen eines romantischen Dichters ansah. Sein dunkles, lockiges Haar war auf anziehendste Weise zerzaust.
Hamlet trug ein weißes Hemd, offenstehend bis zur Brust, eine dunkle enge Hose und blank gewienerte hohe
Lederstiefel. Er wirkte eher wie ein kühner Forscher denn wie ein tragischer Prinz. Lässig räkelte er sich auf einem vergoldeten Sessel, ein Bein lang ausgestreckt in einer Pose, die besonders die weibliche Kundschaft sehr ansprechend fand. Eine langfingrige Hand ruhte anmutig auf der Armlehne. In der anderen hielt er einen Yorick-Schädel. Es war nicht leicht gewesen, einen menschlichen Schädel aufzutreiben, erinnerte sich Amelia. Letztendlich hatte Maud einen überzähligen bei einem kleinen Theater erstehen können.
»Ihr Einfall, Hamlet in ein offenstehendes Hemd zu stecken, war schlichtweg brillant«, lobte Amelia.
Maud lächelte bescheiden und bewunderte das Bild. »Der Gedanke ist mir einfach so gekommen.«
Amelia schaute sich das nächste Porträt in der Reihe an. Es zeigte einen weiteren außerordentlich gut aussehenden jungen Mann in altmodischem italienischem Gewand. Einen Schädel zu finden, war schon schwierig genug gewesen, erinnerte sich Amelia, doch einen Hosenbeutel zu finden, hatte sich als eine echte Herausforderung erwiesen. Doch die Mühe hatte sich gelohnt. Wer hätte gedacht, dass die weibliche Kundschaft einen Mann in einem Hosenbeutel so faszinierend finden würde?
»Wir können nur hoffen, dass unser Ceasar sich so gut verkauft wie unser Hamlet«, sagte Amelia. »Aber ich vermute, dass wir nie wieder den Erfolg erreichen werden, den wir mit Romeo hatten.«
»Er ist noch immer mit Abstand unser Verkaufsschlager«, pflichtete Maud ihr bei und betrachtete dabei eingehend den Hosenbeutel. »In der letzten Woche allein habe ich zwanzig Abzüge verkauft. Wir werden bald neue machen müssen.«
»Nun, es ist halt Romeo.«
»Bevor ich es vergesse«, sagte Maud und trat hinter den Tresen. »Ich habe eine Anfrage von einem Gentleman erhalten, der wissen möchte, ob Mrs. Jones verfügbar sei, um ein Porträt von seiner Bekannten aufzunehmen. Ich habe für morgen einen Termin angesetzt. Die Einzelheiten finden sich alle im Auftragsbuch.«
»Danke,
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