Verzehrende Leidenschaft
dann gezwungen sind, sich um die Früchte dieser Torheiten zu kümmern.« Moira fragte sich, ob sie Annies Vorhaltungen vielleicht doch ernster nehmen und sie nicht nur als Gefasel einer alten Frau abtun sollte.
»Aye, aber währenddessen hat sie die ganze Zeit die Locken des Kleinen gezaust und ihn abgeküsst. Na komm schon, Moira, du weißt genauso gut wie ich, dass die krumme Annie eine scharfe Zunge, aber auch eine liebevolle Hand hat. Trotz all ihrer Freudentränen über dein Wohlergehen hat sie dich als Närrin beschimpft, als unvernünftiges Kind und als tollkühn, weil du in einem Sturm aufs Deck gegangen bist. So ist sie eben. Adair ist zwar noch sehr klein, aber er hat sie angelächelt und fröhlich gegluckst. Er weiß genau, mit wem er es zu tun hat.«
Moira lachte verlegen. »Aye, du hast recht. Und Tavig grinste nur, als er sie schimpfen hörte. Er hatte nicht die geringsten Bedenken, ihr seinen Sohn anzuvertrauen.«
»Ich muss schon sagen, du bist sehr freundlich zu diesem Kind. Ich weiß nicht, ob ich so nachsichtig sein könnte.«
»Tavig kannte mich ja nicht, als er Adair gezeugt hat. Wie soll ich ihm oder dem süßen Kleinen einen Vorwurf machen wegen Dingen, die passiert sind, als ich Tavig noch nicht einmal flüchtig kannte? Ich war zwar eine Weile böse, und auch die Eifersucht hat schwer an mir genagt, aber das ist längst vorbei. Wahrscheinlich war es ein Glück, dass wir vollauf damit beschäftigt waren, um unser Leben zu laufen, und deshalb kaum reden konnten. Das hat mir die Zeit gegeben, über meine unguten Gefühle hinwegzukommen.«
»Und du kannst ihm vergeben, dass seine ehemalige Geliebte dich als Hexe verbrennen lassen wollte?«
»So wie ich Adair vergeben kann, dass eine solche Frau ihn geboren hat. Das Kind konnte sich seine Eltern nicht aussuchen, und ebenso wenig konnte Tavig ahnen, wie Jeanne reagieren würde, wenn er sich von ihr lossagte. Schließlich hat er ihr nie ein Versprechen gegeben oder einen Schwur geleistet.«
»Aber dir hat er eins gegeben.« Una beobachtete Moira ganz genau, als sie fortfuhr: »Und du hast vor, den Schwur zu brechen, den du ihm gegeben hast.«
»Ich habe ihn davor gewarnt, bevor wir vor dem Priester knieten.«
Una seufzte. »Ich wünschte, ich besäße die Klugheit, um dich zu überreden, bei Tavig MacAlpin zu bleiben. Du liebst ihn doch, vielleicht sogar mehr, als dir bewusst ist.«
»Was zwischen mir und Tavig steht, lässt sich nicht mit klugen Worten bereinigen. Aber im Moment will ich einfach nicht darüber reden. Es mag zwar töricht sein, aber eine Weile möchte ich so tun, als sei Iver unser einziges Problem.«
Unas hübsches Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. »Daran würde ich jetzt lieber gar nicht denken. Eine Schlacht steht uns bevor, und in einer Schlacht werden Männer verletzt oder getötet.«
»Ich weiß, aber ich habe das Gefühl, dass wir diese Schlacht gewinnen und auch keine Männer verlieren werden, die uns am Herzen liegen.«
»Moira, bist du jetzt etwa auch hellsichtig?«
»Nay, es ist einfach ein Gefühl. Mungan und Tavig kennen ihren Gegner sehr gut, und sie kennen auch die Art von Männern, gegen die sie kämpfen müssen. Der Ort der bevorstehenden Schlacht ist ihnen bestens vertraut, und die Leute, die Iver zu beherrschen versucht, sind ihnen gewogen. Bei so vielen Vorteilen kann ich einfach nicht glauben, dass sie verlieren werden. Ich frage mich, ob sich Iver nicht auch darüber im Klaren war und deshalb Tavig unbedingt beseitigen wollte, bevor der einen Trupp zusammenstellen konnte, um gegen ihn anzutreten.«
»Tavig hat wohl keine Vision gehabt, wie der Kampf ausgehen wird, oder?«
»Jedenfalls hat er nichts davon erwähnt. Aber er wirkt sehr zuversichtlich, und ich hoffe, dass dahinter nicht nur männliche Kühnheit steckt. Offenbar haben sie jetzt beschlossen, was als Nächstes zu tun ist.«
Bald wurde ein Lager aufgeschlagen, und alle halfen mit. Moira bekam ein paar Gesprächsfetzen von den Männern mit, doch nicht genug, um über die nächsten Schritte im Bilde zu sein. Als Mungan drei Männer nach Drumdearg schickte, begann sie sich über ihre Unkenntnis zu ärgern. Sobald sie mit den anderen am Feuer saß, beschloss sie, nicht mehr zu warten, bis man ihr endlich Bescheid gab.
»Was habt ihr vor?«, fragte sie Tavig, während der Wein herumgereicht wurde.
»Wir bleiben bis kurz vor Morgengrauen hier, dann schleichen wir nach Drumdearg«, erwiderte er und reichte ihr den Weinbeutel.
Sie
Weitere Kostenlose Bücher