Verzehrende Leidenschaft
haben Zeit, bis die Sonne aufsteigt, erst dann wird die Wache gewechselt. Bis dahin sollten wir alle in der Burg sein. Wir werden uns in den beiden Tortürmen verstecken, und sobald der letzte Mann drinnen ist, können wir losschlagen.«
»Aye, und ich glaube, als Erstes sollten wir die Mauern einnehmen.«
Mungan nickte. »Aye, die Mauern müssen vor allem anderen erobert werden. Sag den Männern, dass sie sich auf den Weg machen sollen, Ranald.« Er sah Tavig an, während Ranald wegkroch. »Du gehst als Letzter.«
»Als Letzter? Das ist meine Schlacht! Wenn nicht die Notwendigkeit bestünde, die Mauern zu räumen, würde ich als Erster hineingehen.«
»Und wenn das nicht klappt, wärst du der Erste, der gefangen genommen und getötet würde. Aus diesem Grund werde auch ich erst nach meinen Männern hineingehen, obwohl es mich maßlos ärgert. Iver wird auch mich nicht lange leben lassen wollen, da er weiß, dass ich ihn für seine Verbrechen bezahlen lassen werde. Falls das eine Falle ist, ist es am besten, wenn einer unserer Männer erwischt wird. Dann steht es uns immerhin frei, den Kampf weiterzuführen.«
»Du hast recht, ich hatte dieselben Gedanken, aber das heißt noch lange nicht, dass es mir gefällt.« Tavig hörte die gedämpften Schritte eines Wächters auf der Mauer über ihren Köpfen und verstummte, bis der Mann weg war. »Ich kann es kaum erwarten, diese Verräter von meinen Mauern zu werfen.«
»Bald wird Drumdearg wieder dir gehören.«
»Aye, ganz bestimmt«, flüsterte eine raue Stimme neben Tavig.
Tavig drehte sich langsam um, den Dolch in der Hand. Doch von den dunklen Gestalten, die sich völlig unbemerkt an sie herangeschlichen hatten, schien keine Gefahr auszugehen. Ihm wurde klar, dass sie ihm schon längst die Kehle hätten durchschneiden können, wenn sie das gewollt hätten. Er strengte sich an, etwas in den nebligen Schatten auszumachen, und erkannte schließlich ein zerfurchtes Gesicht, das ihm wohlvertraut war.
»Der alte Ennis!«, flüsterte er erleichtert. »Wen hast du noch dabei?«
»Über ein Dutzend Eurer Bewaffneten, und bald werden weitere da sein. Wir sind nur die Vorhut.«
»Ich dachte, ihr wärt alle umgebracht worden, oder ihr hättet euch aus dem Staub gemacht.«
»Das haben wir auch, aber wir sind nicht sehr weit gelaufen. Wir wussten, dass Ihr zurückkehren würdet, und wollten in der Nähe bleiben, um Euch rasch zur Verfügung zu stehen.«
»Gut, wir brauchen jeden greifbaren Mann.«
Sie machten eine kleine Pause, um den nächsten Wächter auf der Mauer passieren zu lassen, dann meinte der alte Ennis: »Es tut mir leid, dass unser Gegner Euer Verwandter ist.«
»Das geht mir genauso, aber Iver lässt uns keine andere Wahl. Zögere nicht, ihn und seine Söldner wie die Feinde zu behandeln, die sie sind. Selbst wenn es mir gelänge, mit Iver einen Waffenstillstand auszuhandeln, worauf ich kaum hoffe, muss er für die Morde bezahlen, die er begangen hat.« Als der Alte nickte, fragte Tavig: »Es haben doch hoffentlich nicht sehr viele seine Behauptung, dass ich es war, geglaubt?«
»Nur sehr wenige. Vielleicht haben die Leute einen Fehler gemacht, als sie darüber schwiegen, aber Iver hat im Lauf der Jahre mehrere Untaten verübt, von denen Ihr nichts wusstet. Er war der Erste, den wir alle verdächtigten, als diese grässlichen Morde verübt wurden. Nichts von dem, was er seitdem gesagt hat, konnte unsere Meinung ändern.«
Während er sein dick wattiertes Wams zurechtrückte, riskierte Tavig es, ein wenig von der Mauer abzurücken, um einen Blick hinter den alten Ennis zu werfen. Er sah, dass sich inzwischen über ein Dutzend Männer versammelt hatten. Keiner trug einen Harnisch, um den Überraschungsangriff zu verstärken. Das hatte bestimmt der alte Ennis befohlen, ein kampferprobter Mann. Es war gut, solche Leute auf seiner Seite zu wissen.
»Wir sollten jetzt los, Cousin«, meinte Mungan.
Auf die Männer hinter ihm deutend, meinte Tavig: »Aber wir sind nicht die Letzten, die in die Burg eindringen.«
»Es kann nicht schaden, ein paar gute Männer im Rücken zu haben.«
Mungan schlich vorsichtig an der Mauer entlang. Tavig gab dem alten Ennis ein Zeichen, ihnen zu folgen, und schlich hinter Mungan her. Bei jedem Laut, den sie verursachten, zuckte er zusammen, auch wenn diese Geräusche sicher so leise waren, dass die Wächter sie nicht hörten. Er schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass alles nach Plan verlaufen möge.
Das Licht der Fackeln im
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