Verzehrende Leidenschaft
und schrie leise auf, als das Klirren von Schwertern die Stille durchbrach. Sie musste eingedöst sein; der Schlafmangel und die ständigen zermürbenden Ängste um Tavig hatten wohl ihren Tribut gefordert. Sie rappelte sich hoch und lief zu dem bewaldeten Rand der kleinen Lichtung. Gerade ging die Sonne auf, im Zwielicht konnte sie Drumdearg sehen, obwohl der Nebel noch nicht verschwunden war. Sie befanden sich nah genug an der Burg, um zu erkennen, dass eine Schlacht geschlagen wurde, doch zu weit davon entfernt, um auszumachen, wer gegen wen kämpfte, wie Moira sehr zu ihrem Verdruss feststellen musste.
»Es wird nicht lange dauern«, meinte James, der älteste der jungen Burschen, der zu ihr getreten war.
»Du klingst sehr zuversichtlich«, erwiderte sie. »Iver hat es geschafft, sich Drumdearg unter den Nagel zu reißen. Wie kommst du darauf, dass er es so leicht aufgeben wird?«
»Ach, er wird schon darum kämpfen, es bleibt ihm nichts anderes übrig. Aber sobald die Schlacht anfing, sind bestimmt sämtliche Dorfbewohner Tavig zu Hilfe geeilt.«
»Hat Iver denn keine Verbündeten?«
»Nur welche, die er gekauft hat.« Der junge Mann zuckte die Schultern. »Na ja, vielleicht haben sich ja noch ein, zwei Narren zu ihm gesellt, aber die wird niemand vermissen, wenn sie tot sind.«
»Ich wünschte, ich könnte deine Zuversicht teilen.«
»Mungan Coll ist der beste Ritter in ganz Schottland, und Tavig MacAlpin ist ebenfalls ein geübter Krieger. Gemeinsam können sie einen Hundesohn wie Iver MacAlpin mühelos schlagen.«
Moira lächelte James an, dann wandte sie sich wieder dem Kampfgetümmel zu. James verehrte seinen Laird Mungan offenbar sehr. Wie gern hätte sie sein blindes Vertrauen geteilt! Sie zweifelte zwar nicht an Tavigs Mut und seinem Geschick, doch sie konnte sich gut vorstellen, mit welchem hinterlistigen Schuft er es zu tun hatte. Manchmal reichten Mut und Geschick nicht aus für den Sieg.
In dem Moment, als sie James fragen wollte, ob sie nicht ein wenig näher an den Kampfplatz herankönnten, hörte sie, wie jemand durchs Unterholz brach. James zückte sogleich sein Schwert und stellte sich vor sie, als drei große Männer auf die Lichtung stürmten. Ivers Söldner ließen ihren Herrn bereits im Stich. Hätten sie doch nur einen anderen Fluchtweg gewählt!
Moira eilte zu Una, während die drei jungen Burschen sich den Männern entgegenstellten. Ihre Cousine war soeben aufgewacht und geriet nun völlig außer sich. Moira kam gerade noch rechtzeitig bei ihr an, um sie daran zu hindern, in blinder Panik wegzurennen. Sie packte Una um die Taille und hielt sie fest, bis sie ihre Fluchtversuche einstellte.
»Sie werden uns ermorden oder schänden«, kreischte Una verstört.
Moira packte sie an den Schultern und rüttelte sie unsanft. »Denk daran, wer du jetzt bist – die Gemahlin von Sir Mungan Coll. Was würde er von einer Frau denken, die beim ersten Zeichen von Gefahr laut schreiend in den Wald rennt?« Als sie sah, dass sich Una ihre Ermahnung offenbar zu Herzen genommen hatte und ruhiger wurde, lockerte sie ihren Griff ein wenig.
»Du hast recht, ich muss mich Mungans würdig erweisen.« Una sah zu den drei Jungen hinüber, die gegen die Söldner kämpften. »Aber was können wir tun? Wir sind nur zwei schwache Frauen.«
»Wir müssen etwas tun. Die jungen Burschen können diese kampferprobten Kerle bestimmt nicht mehr lange in Schach halten.«
Schon kurz darauf bewahrheitete sich ihre Befürchtung: Einer der Jungen schrie laut auf, und eine tiefe Wunde in seinem Schwertarm ließ ihn zurücktaumeln. »Such dir etwas, was du als Waffe benutzen kannst. Mach schnell!«, befahl Moira und sah sich ebenfalls nach einem Gegenstand um, mit dem sie sich verteidigen konnte.
Sie ergriff einen dicken am Boden liegenden Ast und stürmte zu dem verletzten Jungen und seinem Gegner, ohne abzuwarten, ob ihre Cousine sich ebenfalls bewaffnete. Der Junge wich den wuchtigen Hieben seines Angreifers aus, doch er konnte jederzeit stolpern und dann nicht mehr in der Lage sein, den tödlichen Schlag abzuwehren.
Der Söldner bemerkte Moira, konnte jedoch nur einen Hieb in ihre Richtung andeuten. Jedes Mal, wenn er nicht auf den Jungen achtete, ging der zum Angriff über. Moira hörte, wie der Söldner sie verfluchte, während er versuchte, sich aus ihrer Reichweite zu halten und gleichzeitig den Jungen abzuwehren, von dem noch immer genug Gefahr ausging. Doch Moira war klar, dass sie rasch handeln musste,
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