Verzehrende Leidenschaft
haben.« Als er spürte, wie sie erbebte, umfasste er ihre Hand fester. »Ich wünschte, ich könnte etwas sagen, um Euch Mut zu machen.«
»Nay, mir ist die Wahrheit lieber, egal, wie düster sie ist. Ich wünschte nur, es wäre hier drunten nicht so finster.«
Tavig drückte einen Kuss auf ihre Haare. Er hörte die Angst in ihrer Stimme, er spürte sie durch ihren ganzen Körper strömen, aber Moira kämpfte dagegen an. Ihn durchflutete eine Welle von Zärtlichkeit, doch gleichzeitig hatte er auch ein schlechtes Gewissen. Wie gerne hätte er sie in Sicherheit gebracht, aber bislang sah er keinen Weg für ihre Rettung. Dennoch mochte er nicht glauben, dass sein Schicksal darin bestehen sollte, mit Moira gemeinsam in den Tod zu gehen, noch bevor sie ein richtiges Paar geworden waren. Er war sich sicher, dass es in seinen Vorahnungen kein frühes Grab gegeben hatte.
»Ihr hättet wegrennen sollen, als ich es Euch sagte«, meinte er.
»Das wäre feige von mir gewesen. Wenn Ihr in ein sturmgepeitschtes Meer springen könnt, um mir zu helfen, dann sollte ich immerhin versuchen, Euch aus den Klauen dieser abergläubischen Dorftrottel zu befreien. Abgesehen davon gibt es auch eine ganz praktische Seite: Ich muss bei Euch bleiben, denn nur Ihr kennt den Weg zu Eurem Cousin. Ich habe keine Ahnung, wo ich mich befinde, wohin ich gehen soll und wie ich lange genug überleben könnte, um dorthin zu gelangen.«
»Ach so? Und ich habe mich schon darüber gefreut, dass Ihr endlich so weit seid, Euch etwas aus mir zu machen.«
»Ihr solltet Euch von Eurer Eitelkeit nicht solchen Unfug einreden lassen.«
Er lächelte leise über ihre bissige Erwiderung. Sie machte sich etwas aus ihm, das hatte er ihr angesehen, als sich die Menge gegen ihn wandte, und auch bei ihrem Aufschrei, als man ihn niederschlug, war es deutlich geworden. Es mochte vielleicht nicht die tiefe, anhaltende Empfindung sein, die er gern gehabt hätte, aber es war auf jeden Fall ein Gefühl vorhanden abgesehen von dem Verlangen, das er in ihr zu wecken vermochte.
»Nicht, dass es dir in diesem Moment etwas nützen würde, du Tölpel«, brummte er.
»Wie bitte?«, fragte sie.
»Schon gut, Mädchen. Ich habe nur auf meine Dummheit geschimpft.«
»Ihr konntet doch nicht wissen, dass wir in ein Loch im Boden gestoßen werden, nur weil Ihr das Leben eines Kindes gerettet habt. Der Undank dieser Leute ist wirklich himmelschreiend.« Sie spürte, wie er ein wenig von ihr abrückte, und sofort regte sich wieder Angst in ihr. »Wohin wollt Ihr?«
»Nicht weit weg. Außerdem ist hier vermutlich ohnehin nicht viel Platz. Meine Kopfschmerzen haben sich schneller gelegt als erwartet, und ich wollte unser Gefängnis ein wenig erforschen, um festzustellen, ob hier etwas herumliegt, was wir gebrauchen könnten. Ihr habt wohl nichts gesehen, bevor die Luke über uns dichtgemacht wurde, oder?«
»Nay, ich war zu sehr damit beschäftigt hinunterzufallen.« Sie zuckte überrascht zusammen, als er sie plötzlich an die Hand nahm. Wie hatte er es nur im Dunkeln geschafft, so schnell zu ihr zu finden?
»Sie haben uns in dieses Loch geworfen?«
»Jawohl, wie Getreidesäcke.«
»Habt Ihr Euch wehgetan?«
»Nay, ich habe wohl nur ein paar Blutergüsse davongetragen. Ihr seid wesentlich unsanfter gelandet als ich.«
»Aha, jetzt verstehe ich auch, warum mein Körper so schmerzt. Ich dachte, das käme von der groben Behandlung, nachdem sie mir auf den Kopf gehauen haben.« Er ließ ihre Hand los und entfernte sich wieder.
Kurz darauf hörte Moira, wie er einen überraschten Laut ausstieß. Sie erstarrte. »Alles in Ordnung?«
»Jawohl, Liebes. Ich bin auf ein Fass Ale gestoßen, es ist zwar nicht besonders gut, aber es wird uns ein Weilchen ernähren. Außerdem, glaube ich, hängen hier auch ein paar Käselaibe herum. Zumindest werden wir nicht verhungern.«
»Nein, wir werden fett und betrunken sein, wenn sie uns auf dem Scheiterhaufen festbinden.« Sie erschrak, als er plötzlich wieder neben ihr auftauchte. »Könnt Ihr im Dunkeln sehen?«, beklagte sie sich, als er sich neben sie setzte und an sich zog.
»Wir werden nicht auf dem Scheiterhaufen sterben«, sagte er mit fester Stimme und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
»Habt Ihr das vorhergesehen?«, fragte sie und spürte zum ersten Mal wieder ein wenig Hoffnung in sich aufkeimen. Inzwischen war sie davon überzeugt, dass er in die Zukunft sehen konnte.
»Ich wünschte, ich hätte deutlich gesehen, wie wir
Weitere Kostenlose Bücher