Verzehrende Leidenschaft
sechs bewaffneten und berittenen Männern? Worin soll dieser Vorteil denn bestehen?«
»Sie werden von Mungan und seinen Leuten nicht gesehen werden wollen. Mungan würde sie erkennen und wissen, worauf sie aus sind, und deshalb nicht zögern, sie niederzumähen. Es ist zwar nur ein kleiner Vorteil, aber besser als gar keiner.«
Moira nickte, doch innerlich seufzte sie. Nach Tavigs Befreiung hatte sie kaum darüber nachgedacht, was Ivers Männer wohl tun würden, wenn sie herausfanden, dass ihnen ihr Fang durch die Lappen gegangen war. Auf alle Fälle hatte sie sich keine derartig hartnäckige Verfolgungsjagd vorgestellt, der sie und Tavig nun schon seit zwei Tagen ausgesetzt waren. Die Lebensmittel aus dem letzten Dorf gingen zur Neige, und sie hatten abends nicht einmal ein Feuer machen und ihre Hafergrütze kochen können. Selbst die kleinste Flamme hätte Ivers Knechte auf sie aufmerksam gemacht und sie direkt zu ihnen geführt.
Zwar waren sie schon seit Beginn ihrer langen Reise verfolgt worden, doch noch nie so unerbittlich wie jetzt. Inzwischen war ihre Angst um Tavig ein ständiger bitterer Geschmack in ihrem Mund. Um sich selbst und um Adair machte sie sich weniger Sorgen. Sie wusste, dass Tavig jederzeit wieder so handeln würde, wie er es bereits getan hatte – er würde sich seinen Feinden ausliefern, um ihr und seinem Sohn die Chance zu geben, in sichere Gefilde zu entkommen. Davor hatte sie die größte Angst, weil sie wusste, dass sie dann unter schweren Schuldgefühlen leiden würde. Dabei war es schon jetzt schlimm genug, denn ihr war klar, dass die Sorge um sie und Adair Tavigs Flucht verlangsamte.
»Vielleicht solltest du uns hier zurücklassen und allein zu Mungan gehen«, schlug sie vor, als sie Adairs leeren Lederbeutel weglegte und ihm wie immer nach dem Essen sachte den Rücken rieb.
Tavig verdrehte nur die Augen. »Manchmal redest du wirklich dummes Zeug daher, Mädchen.«
»Was soll daran dumm sein? Du kannst wohl kaum leugnen, dass du wegen Adair und mir weniger wendig bist. Ohne uns könntest du dich womöglich direkt an diesen Kerlen vorbeischleichen.«
»Und was machst du, während ich mich in Sicherheit bringe?«
»Wir warten hier, bis du uns Leute schickst, um uns zu holen.«
»Und was willst du tun, wenn Ivers Söldner über dich und das Kind stolpern? Was ist, wenn die Wölfe, die wir nachts gehört haben, kommen und herumschnüffeln? Du kannst kein Feuer machen, um sie zu vertreiben, ohne dass du Andrew wissen lässt, wo du steckst. Ich weiß nicht einmal, ob du überhaupt eine Ahnung hast, wie man ein Feuer entfacht.«
»Ich habe dir jetzt seit ungefähr zwei Wochen dabei zugesehen. Ich bin mir sicher, dass ich das kann.«
Verärgert musste sich Moira eingestehen, dass er wohl recht hatte, wenn er das, was ihr als gute Idee erschienen war, als dummes Zeug abtat. Sie hatte nicht erwartet, so lange von ihm getrennt zu sein, dass sich wirkliche Gefahren auftun würden. Aber offenbar hatte sie nicht weit genug in die Zukunft gedacht. Er würde mit Sicherheit mindestens einen Tag brauchen, um zu Mungan zu kommen. Sie würde also mindestens eine Nacht allein sein, und diese Aussicht versetzte sie in Angst und Schrecken. Aber das konnte sie ihm gegenüber natürlich nicht zugeben.
»Ich möchte jedenfalls nicht abermals schuld daran sein, dass du gefasst wirst.«
»Warum solltest du beim letzten Mal daran schuld gewesen sein?«
»Wenn wir nicht dabei gewesen wären, hättest du diesen Männern problemlos ausweichen können. Stattdessen musstest du dich ihnen direkt in den Weg stellen, damit sie Adair und mich nicht fanden. Das könnte noch einmal passieren.« Sie verzog das Gesicht, als er sich neben sie kauerte und ihr einen Kuss auf die Wange drückte. »Wofür war der denn?«
»Dafür, dass du dich so um mich sorgst.« Er stupste Adair liebevoll in die Rippen, woraufhin der Kleine kicherte und in Moiras Armen strampelte. »Wir bleiben zusammen. In einem knappen halben Tag haben wir Mungans Burg erreicht.«
»Aye, solange unsere Jäger uns nicht noch einmal zwingen, die Richtung zu ändern.« Seufzend bemühte sie sich, ihre Angst zu zügeln. »Es tut mir leid, Tavig, aber ich bin es einfach leid, wegzurennen und mich zu verstecken.«
»Mir geht es genauso, Liebes. Es ist kein Wunder, schließlich haben wir kaum etwas anderes getan, seit wir von diesem Schiff gestürzt sind.«
»Aber so schlimm war es nicht die ganze Zeit. Jetzt sind uns die Jäger ja so dicht auf den
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