Verzehrende Sehnsucht
oder dessen Regierungsmethoden hielt.
Doch sie war schließlich nicht die Kundschafterin ihres Vaters. Und nach dem Gespräch von heute Morgen würde ihr Vater ohnehin einen ausreichenden Eindruck von Sir Blaidds politischen Ansichten haben. Er brauchte ihre Hilfe nicht. Ob er ihn deshalb als Bewerber für Laelia ablehnen würde, das stand jedoch auf einem anderen Blatt. Laelia schien Sir Blaidd von Tag zu Tag mehr zu mögen. Und auch ihr Vater hatte bisher keinerlei Einwände gegen ihn geäußert.
Becca konnte das gut verstehen. Der Waliser war ein zuvorkommender, interessanter und sehr attraktiver Mann.
"Ihr müsst mir erlauben, Euch beim Absteigen zu helfen, Mylady", erklärte Trevelyan Fitzroy und riss sie aus ihren Träumen. "Sonst macht Blaidd mich einen Kopf kürzer. Schaut nur, da kommt er. Er schnaubt vor Wut."
Sie folgte seinem Blick und sah, dass Sir Blaidd auf sie zuschritt, als befände er sich auf einer Mission auf Leben und Tod.
In diesem Augenblick konnte Becca sich gut vorstellen, dass er jedes Turnier gewann, an dem er teilnahm. Sie konnte sich auch vorstellen, dass er mit bloßen Händen kämpfen würde, wenn er in der Stimmung dazu war.
"Nun, gut." Sie gab nach. Dem Jungen zuliebe. Sir Blaidd zuliebe sicherlich nicht. "Aber nur, weil du schneller am Fluss warst als ich. Weil du so mutig über die beiden umgestürzten Baumstämme gesprungen bist. Ich habe geglaubt, dass du das nicht wagen würdest oder dass dein Pferd scheuen würde."
"Was, ein Baumstamm sollte uns vom Weg abbringen? Äußerst unwahrscheinlich. Mir blieb außerdem keine andere Wahl, da Ihr ja schon gesprungen wart. Ich wäre doch sonst vor Scham im Boden versunken."
"Das wäre bei einem so hübschen Kopf wirklich eine Schande", bemerkte sie, als er ihr die Hände fest um die Taille legte und sie vom Pferd herunterhob.
Sir Blaidd blieb vor ihnen stehen und stemmte die Hände in die Hüften. Sein Schwert schwankte hin und her, weil er so schnell gegangen war. Dann verschränkte er die Arme und verlagerte das Gewicht auf ein Bein. "Na, ihr beiden hattet offensichtlich eine schöne Zeit zusammen", stellte er fest. Seine Stimme klang honigsüß, aber seine Augen blitzten wild. "Ihr wart den halben Tag lang weg."
Trevelyan starrte zu Boden und errötete.
Die Überheblichkeit des Mannes und die beschämte Reaktion des Jungen führten dazu, dass Becca unwillkürlich die behandschuhten Hände zu Fäusten ballte. "Wie könnt Ihr es wagen, ihn zu strafen?" fragte sie. "Er ist lediglich Eurem Befehl gefolgt, als er mir nachritt. Ein Befehl, der nicht hätte erteilt werden müssen. Und Euer Knappe ist bei mir geblieben, weil er glaubte, dass das seine Pflicht sei. Wenn wir später zurückgekehrt sind, als Ihr erwartet habt, ist das nicht seine Schuld. Oder wäre es Euch lieber gewesen, dass ich ihn gründlich gescholten hätte? Und ihn allein zurückgeschickt hätte, damit Ihr ihn dann bestrafen könnt?"
Sir Blaidd starrte sie lange an. Dann wandte er sich wütend an Trev. "Bring die Pferde in den Stall und sieh zu, dass sie gut versorgt werden."
"Blaidd, es tut mir Leid, aber …"
"Ich will keine Erklärungen oder Entschuldigungen hören. Ich habe dir eine Anweisung gegeben."
"Ja, Sir", murmelte der Knabe und beeilte sich, zu tun, was ihm aufgetragen worden war.
Ungeachtet der Stallknechte, die sich gerade auf dem Hof befanden, marschierte Becca auf Sir Blaidd zu und stieß ihn mit dem Finger gegen die Brust. "Ihr seid ein aufgeblasener Tyrann! Warum habt Ihr den Jungen so in Verlegenheit gebracht? Er hat nur Euren überflüssigen Befehlen gehorcht."
Sir Blaidd packte ihre Hand. Sein Griff war warm und gerade fest genug, um Becca festzuhalten. "Wie ich meinen Knappen behandle, geht Euch nichts an, Mylady", entgegnete er. Seine Augen funkelten vor Wut. Dann ließ er ihre Hand los und verneigte sich mit gespielter Höflichkeit. "Ich bitte Euch untertänigst um Verzeihung, dass ich mich um Euer Wohl gesorgt habe. Ich hätte natürlich zulassen sollen, dass Ihr angegriffen, vergewaltigt oder getötet werdet, wenn es das ist, was Ihr wollt. Dafür sollte ich meinen Eid vergessen, den ich als Ritter geschworen habe."
Becca stemmte zornentbrannt die Hände in die Hüften. "Habe ich Euch denn um Euren Schutz gebeten?"
Jetzt beugte er sich so weit vor, dass ihre Nasen beinahe aneinander stießen. "In meinem Eid heißt es nicht: Schützt eine Frau nur, wenn sie darum bittet. Und ich versichere Euch, Mylady, dass ich meinen Eid, Frauen
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