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Verzehrende Sehnsucht

Verzehrende Sehnsucht

Titel: Verzehrende Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Moore
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stehen, bevor er sie öffnete, und drehte sich noch einmal zu Hester um, die aufrecht in dieser verkommenen Kammer stand. Die Tochter eines Lords? Er konnte sich das gut vorstellen.
    Er verbeugte sich vor ihr, als wenn sie eine Königin wäre. "Ich weiß zu schätzen, dass du mir all das erzählt hast. Ich danke dir, und vielleicht wird dir Lady Rebecca eines Tages ebenfalls danken."
    Hester nickte hoheitsvoll. Er ging hinaus und schloss die Tür.
    Sie setzte sich auf das schmutzige Bett, bedeckte das Gesicht mit den Händen und weinte.
     
    Am nächsten Morgen blieb Becca zögernd auf der Treppe stehen, die von den Gemächern zum Hof hinunterführte. Dobbin wartete unten. Er lehnte an der Wand, mit gesenktem Blick und vor der Brust verschränkten Armen. Er wirkte so verzweifelt, dass Becca ein Schauer über den Rücken lief.
    Sie überlegte, warum er hier war und so verzweifelt aussah. "Was ist geschehen?" fragte sie und ging langsam die Treppe hinunter. "Gibt es Ärger mit den Männern?"
    Dobbin richtete sich auf und ließ die Arme sinken. "Mit einem Mann", erwiderte er betrübt.
    "Mit welchem?" wollte sie wissen, in der Annahme, dass es sich um einen der Krieger handelte. "Was hat er getan?"
    Anstatt zu antworten, legte ihr Dobbin die Hand auf den Oberarm und führte sie hinaus, als wenn er nicht wollte, dass irgendjemand hörte, was er ihr zu sagen hatte.
    "Was ist los?" erkundigte sie sich. Ihre Furcht steigerte sich mit jedem Moment.
    Dobbin fuhr sich mit der Hand übers Kinn. Sie bemerkte, dass er müde wirkte – als hätte er die ganze Nacht über kein Auge zugetan.
    "Dobbin, sag es mir!"
    In seinen Augen stand großer Schmerz. "Es tut mir Leid, Mylady. Aber letzte Nacht ist Sir Blaidd Morgan ins Dorf gegangen. Ins Freudenhaus."
    Becca ließ sich gegen eine Wand sinken. Blaidd war ins Freudenhaus gegangen? Blaidd, der sich so darüber aufgeregt hatte, als sein Knappe das Gleiche getan hatte? Der mit so viel Abscheu über die Existenz solcher Häuser gesprochen und sogar Sympathie und Mitleid für die Frauen empfunden hatte, die dort arbeiteten? "Bist du sicher?"
    Dobbin nickte. "Ja. Charlie hat Wache gehalten und ihn über die Mauer klettern sehen. Er war sich absolut sicher, dass es Blaidd war – wegen des langen Haars, versteht Ihr. Deshalb hat Charlie nicht Alarm gegeben, sondern nur mich in Kenntnis gesetzt. Immerhin ist Sir Blaidd ein Gast. Außerdem war es nur einer, der sich entfernte, und nicht eine Horde, die unbefugt eindringen wollte. Ich habe Charlie daraufhin gebeten, Sir Blaidd zu folgen und mir mitzuteilen, wo er hingeht."
    Charlie war der einzige Bogenschütze im Lager, gegen den Becca noch nie gewonnen hatte. Er hatte einmal einen am Baum hängenden Apfel getroffen, der fast fünfundzwanzig Meter entfernt gewesen hatte. Wenn Charlie glaubte, Sir Blaidd Morgan gesehen zu haben – und dieser hob sich tatsächlich mit seinen langen, wilden Haaren von allen anderen ab –, dann irrte er sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht.
    "Er erkannte Blaidd ganz sicher, als dieser das Freudenhaus verließ. Er hat ihn aus nächster Nähe gesehen." Dobbin berührte Becca wieder am Arm. "Es tut mir Leid", wiederholte er. "Ich habe ihn falsch eingeschätzt. Ich habe nicht im Traum angenommen, dass er so eine Art Mann ist."
    Becca atmete tief ein und versuchte, sich nicht von der Enttäuschung überwältigen zu lassen, die in ihr aufstieg. "Ich war mir sicher, dass er nicht so ein Mann ist."
    "Das ahnte ich, und deshalb dachte ich, Ihr solltet es wissen. Ich habe bemerkt, was zwischen euch vor sich geht. Ich war erst sehr froh darüber – um Euretwillen. Aber jetzt …" Er verstummte kurz, dann fuhr er mit kräftigerer Stimme fort: "Auch wenn es Euch jetzt das Herz bricht. Ich wollte Euch in Kenntnis über Blaidds Verhalten setzen, weil ich habe erfahren müssen, welch Elend ein Mann über eine Frau bringen kann. Und ich werde nicht zulassen, dass Euch so etwas widerfährt."
    Dobbin hatte Recht. Ihr brach das Herz. Mit seinen Worten hatte er ihr Bild vom ehrenhaften, moralischen Blaidd zerstört, dem sie getraut hatte. Ihr Eindruck in der Kapelle hatte sie also doch nicht getrogen: Blaidd war ein lüsterner durchtriebener Schurke. Er hatte Becca mit sanften Worten und leidenschaftlichen Küssen getäuscht und sie zum Narren gehalten. Wenn sie an die anderen Dinge dachte, die sie getan hatten … Sie konnte nur dankbar sein, dass sie noch nicht in seinem Bett gelandet war.
    "Becca – Lady Rebecca!

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