Verzehrende Sehnsucht
Befehle. Sonst könntet Ihr riskieren, sein Misstrauen in Bezug auf Eure Loyalität zu schüren, und damit vielleicht sogar Euer Leben aufs Spiel setzen."
Düster starrte sie vor sich hin. "Also selbst wenn er mich nicht einsperrt, wäre ich nicht frei? Wenn ich so viel Glück habe und Henrys Mündel werde, dann muss ich tun, was auch immer er anordnet. Oder mein Leben befände sich in Gefahr, weil ich die Tochter eines Verräters bin. Richtig?"
Blaidds Verstand war stärker als sein Herz – seine Sorge um Beccas Leben größer als sein Verlangen. "Ja."
Sie zupfte an der silbernen Überdecke. "Was wäre, wenn ich weglaufen würde, so wie Laelia? Was wäre, wenn es keinen Erben von Lord Throckton mehr gäbe? Was würde aus diesem Anwesen werden?"
"Warum fragt Ihr? Habt Ihr vor fortzulaufen?" Er trat näher, und in ihm keimte die wilde Hoffnung auf eine Zukunft mit Becca auf.
"Dann wäre ich frei, nicht wahr?"
Die Wirklichkeit holte ihn wieder ein, und er erkannte, dass er sich einem Tagtraum hingegeben hatte. "Nein, Ihr wäret nicht frei. Henry würde Eure Flucht sicher als Zeichen Eurer Schuld werten. Wie alle Könige hat er Angst vor Verschwörungen. Er würde Euch verfolgen lassen, bis er Euch gefunden hätte – und dann würdet Ihr hingerichtet werden."
Blaidd kniete neben dem Bett nieder. "Er würde Euch niemals glauben, dass Ihr unschuldig seid, wenn Ihr fortliefet. Denkt nicht daran, wenn Euch Euer Leben lieb ist."
"Ich weiß nicht, ob ein Leben als Henrys Eigentum lebenswert ist."
"Sagt das nicht!" schrie Blaidd aus Angst, sie könnte sich etwas antun. "Ihr wäret zumindest am Leben."
Es gab so viel, was er ihr sagen wollte. Doch die Vorsicht ließ ihn immer noch schweigen. Als loyaler Ritter musste er dem König gehorchen. So war es nun einmal. Und daran konnte er nichts ändern.
"Also, was noch, Sir Blaidd?" fragte sie mit einem Zittern in der Stimme. Am liebsten hätte Blaidd Becca jetzt in die Arme genommen und sie niemals wieder gehen lassen. "Ich nehme an, der König wird über alles informiert werden müssen, was hier vor sich gegangen ist. Werdet Ihr uns jetzt verlassen, da Eure Pflicht getan ist? Oder werdet Ihr die Führung der Burg übernehmen, dem König eine Nachricht senden und abwarten, was er anordnet?"
Das hörte sich an, als wenn er ein Lakai des Königs wäre. Hielt sie ihn für einen Mann ohne eigenen Willen? "Ich werde den König selbst aufsuchen. Dann kann ich mich persönlich für Euch einsetzen."
"Es wäre mir am allerliebsten, wenn ich mit Euch ginge. Ich selbst kann dem König meine Unschuld beweisen und ihm persönlich die Treue schwören."
Wenn sie eine zarte, schöne Frau wäre, hätte Blaidd zugestimmt. Doch als er sich vorstellte, dass Becca Henry genauso freimütig gegenübertreten würde wie ihm, entschied er sich anders. "Das wäre nicht gerade klug."
"Warum nicht? Glaubt Ihr, dass ich nicht für mich selbst sprechen kann?"
"Ich bin mir sicher, dass Ihr das könnt. Ich mache mir eher Sorgen darüber, was Ihr sagen könntet."
In ihrem Gesicht zuckte es. "Ihr nehmt an, dass ich die Dinge eher schlimmer statt besser mache."
"Becca, ich kenne Henry. Ihr nicht. Wenn Laelia stattdessen gehen könnte …"
"Nun, das kann sie nicht. Sie ist mit diesem Dänen durchgebrannt!" rief Becca aufgebracht. Vor Schmerz schrie sie auf und legte die Hand auf die verwundete Seite.
Erneut krampfte sich sein Herz zusammen. Doch er wagte nicht, Becca zu berühren.
"Selbst wenn ich zustimmte", begann er, "Ihr seid noch lang nicht gesund genug, um nach London zu reiten. Ich werde beim König für Euch eintreten. Und ich gebe Euch mein Wort, dass ich alles nur Menschenmögliche tun werde, damit er einsieht, dass Ihr unschuldig seid. Frei von jedem Makel und seinem Respekt und seiner Wertschätzung würdig."
Sie erwiderte seinen besorgten Blick. "Ich bezweifle Eure guten Absichten und Eure Fähigkeiten nicht, Sir Blaidd. Aber wie Ihr zuvor schon gesagt habt, ist dies hier mein Zuhause. Und hier leben die Menschen, die mir vertraut sind und für die ich verantwortlich bin. Es ist meine Aufgabe, für sie und für mich selbst zu sprechen. Verweigert mir diese Möglichkeit nicht."
Er konnte ihr das nicht abschlagen. "Nun gut", erwiderte er und erhob sich. "Wenn es Euch wieder besser geht, reisen wir gemeinsam nach London."
"Danke. Ich brauche jetzt ein wenig Ruhe, Sir Blaidd."
"Ja, natürlich", sagte er, bevor er sich umdrehte und den Raum verließ.
Als Blaidd gegangen war,
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