Verzeih mir, mein Herz!
um ihm deutlich zu zeigen, wie unzufrieden sie mit ihm war. Eine Botschaft, die ankam. Zerknirscht senkte Jordan die Augen und stellte verwirrt fest, dass ihn ihr Missfallen betrübte. So ein Unsinn! Er musste ihr es noch vermehren, damit sie von sich aus auf eine Lösung ihrer Verbindung drängte. Und doch fühlte er ein leises Bedauern, das sich noch verstärkte, als er Daniels leises Hüsteln vernahm und er sich zu ihm umdrehen musste, um ihn seiner Verlobten vorzustellen.
Susan, die der fast rührend anmutenden Szene stirnrunzelnd gefolgt war, schob sich neben die Cousine, die trotz allem Schwierigkeiten hatte, den Blick von ihrem Verlobten zu lösen.
Er hatte sich ja so verändert! Wann immer sie an ihn gedacht hatte, hatte sie das Bild vor Augen, das er am Tage ihrer Verlobung abgegeben hatte, etwas steif und unnahbar, groß, schlaksig, mit lockigem Schopf und einem verbissenen Ausdruck in seinem weichen Gesicht. Was war nur aus ihm geworden? Fast ungläubig erfasste sie die Veränderung. Er war immer noch groß, so groß, dass sie ihm gerade Mal bis zum Kinn reichte und ihren Kopf in den Nacken legen musste, wenn sie ihm auf so kurzer Distanz ins Gesicht sehen wollte! Seine Züge waren markanter, als sie sie in Erinnerung hatte, sein Kinn deutete Entschlossenheit an und einen festen Willen, seine verkniffenen Lippen waren voller und die feinen Fältchen an seinen Augen zeugten von den vielen Jahren, die zwischen ihren Begegnungen lagen. Er musste mindestens doppelt so breite Schultern bekommen haben. Sie verschwand nahezu hinter ihm und musste sich gefährlich weit zur Seite lehnen, um an ihm vorbei sehen zu können. Der Ausdruck seiner Augen hingegen war genau derselbe. Unwirsch verzog sie kurz die Lippen und hätte ihm gerne an den Kopf geworfen, dass sie ihn genauso wenig wollte wie er sie. Stattdessen zwang sie ihre Lippen in einen leichten Bogen, der Belustigung bekunden sollte, über seine anhaltende Musterung.
„Betty, wo sind nur deine Manieren, willst du meinen Cousin gar nicht begrüßen?”, flötete Susan und wollte Elizabeth an Lord Aylesbury vorbeiziehen, aber Elizabeth versteifte sich bei der Erwähnung des verwandtschaftlichen Grades.
Jordan entging die sonderliche Reaktion seiner Verlobten, hatte er sich doch bei der Erwähnung seines Freundes zu ihm umgedreht und gab ihm einen Wink, näher zu treten, um die ganze Angelegenheit der Vorstellung so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, vielleicht konnte er dann mit Elizabeth unter vier Augen sprechen, bevor sie sich an den Dinnertisch setzten.
„Daniel, darf ich dir meine … Verlobte, Miss Elizabeth Barkley, vorstellen? Dies ist mein Freund Daniel Radcliff, Lord Southampton.”
Elizabeths Augen weiteten sich entsetzt und ihre Hand, die der schelmisch blinzelnde Mistkerl an seine Lippen führte, brannte unter der verhassten Berührung. Sie schaffte es kaum, ihm die Hand lang genug zu überlassen, um nicht auffällig rüde zu wirken und schaffte es sogar, seinen Gruß mit einem knappen Nicken anzunehmen.
„Miss Barkley, welch unglaubliche Ehre, Sie endlich kennenzulernen. Wenn ich gewusst hätte, welches Juwel Aylesbury versteckt, hätte ich schon früher auf einen Besuch hier bestanden!”
Sein Zwinkern war mitreißend, ebenso sein ehrlich erfreutes Grinsen, aber in Elizabeths Bauch bildete sich ein unangenehmer Knoten, der es ihr unmöglich machte, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Wenn sie jemals geglaubt hatte, dass ihre Familie aus dem Himmel heraus über sie wachte, wusste sie nun mit hundertprozentiger Sicherheit, dass dem nicht so war – und dass das Schicksal tatsächlich mit immer noch schlimmeren Schlägen bereitstand. Mit einem Ruck entzog sie ihm ihre Hand und drehte den Gentlemen den Rücken zu. „Wünschen die Herren einen Aperitif?”, fragte sie, um ihre abweisende Haltung abzumildern und eine Erklärung für ihre abrupte Abkehr zu liefern. Sie wusste, dass ihr Onkel auf jeden Fall mit einem Ja antworten würde, nüchtern konnte er die Anwesenheit seiner Gemahlin nicht verkraften, und so rauschte sie an die Bar und goss ihm einen großzügig bemessenen Whisky ein. Mit einem Blick über die Schulter bat sie um Antwort und erhielt zwei höfliche Ablehnungen.
„Susan?”
Die junge Cousine trank häufig einen Madeira vor dem Essen, und obwohl Elizabeth für gewöhnlich nicht fragte, ob sie ihr etwas reichen konnte, bereitete es ihr eine diebische Freude zumindest anzudeuten, dass Susan trank.
Lady Susan
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