Verzeih mir, mein Herz!
hatte. „Du wirst dich augenblicklich bei Susan entschuldigen und zugeben, dass du alles nur erfunden hast!”
Ein bitteres Lächeln umspielte Elizabeths Lippen, als sie ergeben den Kopf senkte und sich artig entschuldigte: „Bitte entschuldige meine
bösen
Worte, Susan, wie ungehörig von mir, dich vor unseren Gästen herabzusetzen. Wie gemein, so offensichtlich die Wahrheit zu sagen!”
Lady Chadwick stieß ein schrilles Schnaufen aus und schlug der impertinenten Nichte ins Gesicht. Elizabeth zuckte nicht mit den Wimpern, als sie als verwöhntes Balg bezeichnet und auf ihr Zimmer geschickt wurde. Einen Moment sah es so aus, als würde Elizabeth sich der Anordnung der Hausherrin widersetzen, dann lachte sie wieder, dieses Mal ohne jegliche Spur von Erheiterung.
„In all der Zeit, die ich hier verbracht habe, haben Sie es nicht einmal gewagt, die Hand gegen mich zu erheben. Obwohl ich die Schuld für wirklich schlimme Dinge auf mich genommen habe, für die sie jede andere gezüchtigt hätten, und jetzt wagen Sie es, mich vor meinem
Verlobten
wie ein ungehöriges Kind zu behandeln?”
Lady Chadwick erbleichte, als würde ihr erst jetzt klar, welche weitreichenden Konsequenzen ihre Tat heraufbeschwören konnte, war die Nichte doch in einer Position, in der sie Susan und sie in eine unmögliche Lage bringen konnte. Nicht allein wegen ihrer Verlobung – und Gabriella musste einräumen, dass der Marquess über ihre Impertinenz tatsächlich nicht erbaut war, da er sie mit geballten Fäusten und einem zutiefst erbosten Blick bedachte –, sondern viel mehr wegen Elizabeths hervorragenden Kontakts zum Duke of Marlborough, der sie auch ohne ihren Status als zukünftige Gattin des Sohnes protegieren würde. Natürlich war es nun zu spät und Gabriella würde sich nicht für etwas entschuldigen, das das Biest durch ihre Gemeinheiten selbst heraufbeschworen hatte. Elizabeth sah das aufkeimende Erschrecken in den Augen der Tante und war begütigt. Sie war nie zuvor geschlagen worden, aber scheinbar war dies das Jahr der ersten Male. Ihre Wange brannte und sie würde sich nicht wundern, wenn sie einen feuerroten Abdruck aufwies, aber Elizabeth war zufrieden. Sie war ehrlich erleichtert. All die Jahre, die sie eingezwängt zwischen ihren Wünschen und den Erwartungen ihrer Mitmenschen gestanden hatte, fielen von ihr ab und sie erkannt, dass ihr Unglück durchaus auch als Glück zu sehen war. Sie brauchte sich nicht mehr an einem nie zu erreichenden Vorbild zu messen. Lady Margarete würde es ihr verzeihen. Sie bräuchte sich nicht mehr den Gemeinheiten ihrer Familie zu stellen und sie sich passiv gefallen zu lassen, sie konnte zurückschlagen! Ein zynisches Lächeln umspielte ihre Lippen und sie neigte leicht ihr Haupt, um der Tante zu bedeuten, dass sie um ihre ausweglose Lage wusste. Ohne die Countess aus den Augen zu lassen, verkündete sie: „Ich bitte mich für den Abend zu entschuldigen, ich bin sicher”, sie warf einen amüsierten Blick in die Richtung der Gäste, „dass sich die Herren in Ihrer Gesellschaft gut aufgehoben fühlen werden.”
Sie drehte sich auf dem Absatz um und trat zu ihrem Onkel, der die Szene unglücklich verfolgt hatte, um ihm einen weiteren Kuss auf die Wange zu geben.
„Verzeih mir, Onkel Robert”, bat sie ihn leise und drückte seinen Arm. „Wirst du den Abend auch ohne mich überstehen?”
Robert Carmichael tätschelte der lieben Nichte die Wange. Sie hatte eine solch unglaubliche Ähnlichkeit mit seiner kleinen Schwester, dass ihm jedes Mal das Herz blutete, wenn sie sich seiner Frau und seiner Tochter stellen musste, die wirklich ein schreckliches Gespann waren. Wie häufig hatte er den zukünftigen Schwiegervater gebeten, sie aus diesem schlechten Umfeld herauszuholen und die Eheschließung anzusetzen? Aber nach diesem Abend zweifelte er ernsthaft, ob das weise gewesen war, herrschte doch eine so offensichtliche Eiszeit zwischen den Verlobten, dass sogar seine Ehe noch als paradiesisch bezeichnet werden konnte.
„Natürlich, meine Liebe, wenn sie unausstehlich wird, befolge ich einfach deinen Rat”, versprach er ihr gutmütig und sah ihr nach, wie sie mit hoch erhobenem Kopf, erhaben wie eine Königin, durch den Salon schritt und neben ihrem Verlobten kurz stehen blieb. Es schien, als müsse sie sich dazu zwingen, zu ihm aufzusehen und ihre Augen bestätigten Jordan seine Vermutung, denn ihr umschatteter Blick heftete sich nur kurz auf seine Augen, bevor die junge Frau einen
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