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Verzeihen

Verzeihen

Titel: Verzeihen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Hoffentlich.
    »Ich glaub, da lang«, sagte Denise.
    Nach mehreren Fehlrouten fanden sie den ungeteerten Weg und den Birkenwald, den der Junge Denise beschrieben hatte.
    Das Haus war aus hellem Holz, das Dach mit Schindeln gedeckt. Die grünen Läden der vorderen Fenster waren geschlossen. Sonja benachrichtigte die Kollegen. Und teilte anschließend mit Denise eine Tafel Schokolade. Derweil machte sich Süden auf den Weg zur Hütte.
    Die Tür war verriegelt. Süden riss einen der Fensterläden auf.
    Zerschlug die Scheibe. Kletterte hinein.
    Beide Kinder waren barfuß. Sie hielten sich an den Händen und standen wie erstarrt nebeneinander in der Dunkelheit.
    Hinter dem Haus entdeckten Streifenbeamte später das gestohlene Fahrrad.
    Auch am Heiligen Abend dachte Süden an diesen Fall. Und daran, was er aus ihm lernen musste.
    »Frohe Weihnachten!«, sagte Sonja und hob ihr Pilsglas.
    Wie im vergangenen Jahr hatten sie in einem thailändischen Lokal einen Tisch bestellt.
    »Möge es nützen!«, sagte Martin Heuer und stieß mit ihr an.
    »Wenn ich Zitronengras und Ingwer esse, werde ich sofort gesund.« Zur Feier des Tages trug er ein blaues Hemd, keinen Rollkragenpullover. In der Zeit, in der er in der Sonderkommission Rica mitarbeitete, hatte er keinen Schluck Alkohol getrunken.
    »Gehts dir gut?«, fragte Sonja.
    »Unbedingt!« Sie stießen wieder an. Und aßen hungrig weiter.
    »Ein Haus«, sagte Süden, »es muss ein Haus geben, in dem sich Ariane Jennerfurt aufhält.«
    »Was für ein Haus?«, sagte Heuer mit vollem Mund.
    »Ein Haus, das wir nicht kennen. Wir haben was übersehen, wir wissen etwas nicht, das wir wissen sollten, etwas Einfaches, etwas sehr Einfaches. Und Ariane ist nicht freiwillig in dem Haus, natürlich nicht. Ihre ehemaligen Stammkunden fallen weg, die haben wir überprüft, keiner von denen hat ein Motiv, sie zu entführen.«
    »Wir wissen nicht, ob sie entführt worden ist«, sagte Sonja.
    »Wir haben Spuren, die auf einen Kampf hindeuten. Und wir haben einen Mann, der in ihrer Wohnung war.«
    »Hat er ein Haus?«, fragte Heuer. Hinter ihm lachte jemand laut auf, und er erschrak. Sonja bemerkte seine Reaktion und sorgte sich wieder.
    »Das müssen wir rausfinden«, sagte Süden. »Ariane ist nicht in der Stadt. Sie ist in einem Haus außerhalb der Stadt.«
    »Sprach der Seher und rettete sie«, sagte Heuer und winkte dem Kellner.
    Sonja küsste Süden auf den Mund. Er legte seine Wange stumm an ihre. Und das war alles an berührbarer Welt, was in diesem Augenblick für ihn zählte.
    Sie aßen die abgepackte Wurst, den Käse, das Weißbrot, die Gurken und die Spargelspitzen aus dem Glas und tranken Orangensaft und Bier dazu. Auf dem Tisch brannten sechs Kerzen, die Schilff mitgebracht hatte.
    Er fühlte sich feierlich. Er hatte seinen Trenchcoat ausgezogen, die sechs dicken Kerzen angezündet, das Plastikgeschirr und das Plastikbesteck verteilt. Dann hatte er Ariane losgebunden.
    Vor der Tür des Badezimmers wartete er. Wie immer. Seine Geduld begeisterte ihn.
    Im Auto hatte er Musik gehört. Weihnachtslieder. Kindergegröle. Der Wagen gehörte einem der Zockerfreunde von Knut Bellnik. Der brauchte seinen heute selber. Ich hätt mir auch einen geknackt! Happy Chrismas, Click-Crack, keep on clicking! Während sie aßen, sah er Ariane zu. Wie sie mit zitternden Händen die trockene Brotscheibe aus der Plastiktüte zog und eine Scheibe Salami drauflegte, störte ihn nicht. Er prostete ihr mit der Bierdose zu. Sie nippte am Pappbecher mit dem Orangensaft.
    Was fehlte, war Musik. Und jemand, der ein Gedicht vortrug.
    »Ich will nach Hause«, sagte Ariane mit heiserer, unverständlicher Stimme.
    »Was?«
    Sie hatte so laut geschrien. Und niemand hatte sie gehört. Sie hatte gebrüllt. Und dann hatte sie keinen Ton mehr herausgebracht.
    In den vergangenen drei Wochen war er fast jede Nacht gekommen. Sie hatten gegessen und getrunken. Und er ging mit ihr durchs Haus. Sagte nichts. Blieb an jeder Zimmertür stehen.
    Sah hinein. Verzog keine Miene. Mit einem Schlag auf ihre Schulter, über den sie jedes Mal erschrak, trieb er sie weiter.
    Sie musste sich abstützen. Ihre Beine knickten ein. Sie fing jedes Mal an zu weinen. Und er drückte ihren Kopf an die Wand, so lange, bis sie sich entschuldigte. Danach musste sie sich wieder in die Wanne legen. Und er fesselte sie.
    »Bitte«, flüsterte sie jetzt.
    »Es ist bald vorbei«, sagte Schilff. Das meiste hatte er allein aufgegessen.
    »Bitte…« Sie

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