Verzeihung, sind Sie mein Koerper
lasse nicht zu, dass sich in mir Hypothesen verfestigen, denn schon das nächste Wort eines Repräsentanten kann alles ändern. Ich habe »alle Antennen ausgefahren« und nehme mit allen Sinnen auf. Von diesen aufgenommenen Informationen lasse ich mich führen. Mit den oben geschilderten schemenhaften Ahnungen bin ich dem System einen Schritt voraus, im Aufnehmen der aus dem System kommenden Impulse werde ich geführt. Und genau um diesen Spagat geht es. Es ist wie ein Tanz â ein gemeinsamer Tanz mit dem sich entwickelnden Wissen meiner Klientin. Der Tanz bleibt nur dann im Fluss, wenn ich jedes Wort, jede Bewegung ernst nehme. Nicht ich bin es, die hier weiÃ, das System weiÃ. Gemeinsam mit den auÃen sitzenden Gruppenteilnehmern bilde und halte ich den Rahmen des Systemfeldes, um komplexe und tief gehende Prozesse zu ermöglichen. Nur wenn das Gefäà die Spannung hält, kann es drinnen kochen, ohne dass es zu einer Explosion kommt.
Ich lasse mich berühren, aber nicht ergreifen von dem, was sich entwickelt. Ich darf nicht Teil des Geschehens werden und nichts davon auf mich oder mein Leben beziehen, selbst wenn es Resonanzen geben sollte. Das verlangt einen tiefen Respekt vor der Einmaligkeit jedes Menschen und seines Schicksals. Geführt von diesem Respekt muss ich auch hinnehmen, wenn sich eine Aufstellung nur unvollständig löst oder nicht die Antwort gibt, die sich die Klientin erhofft hat. Ich kann versuchen, mein Bestes zu geben, und es wird immer nur das Beste sein, das mir im jeweiligen Augenblick zur Verfügung steht.
Die Lösungsbereitschaft einer Aufstellung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Sehr entscheidend ist, in welcher Phase seines Lebens ein Mensch mit seinem Anliegen zu mir kommt. Hat dieser Mensch noch kaum Eigenerfahrung, wird in der Aufstellung sehr wahrscheinlich die Ursprungsfamilie
auftauchen, und erste Problemstellungen in diesem Zusammenhang wollen gelöst werden. Darüber hinaus ist oft nichts möglich, selbst wenn sein Anliegen weiterführend gewesen wäre. Das müssen wir akzeptieren und auch dem Klienten klarmachen. In den meisten Fällen spüren es die Klienten selber, sind erschöpft und nicht mehr aufnahmefähig. Es sollte über einen gewissen Zeitraum hinweg zu diesem Thema keine weitere Aufstellung gemacht werden, denn die erste braucht Zeit, um zu wirken und sich im inneren Haushalt der Klientin ordnend niederzulassen. Solche Aufstellungen sind dann oft ein eher schwerfälliger Tanz.
Wenn wir hingegen eine selbst-erfahrene Klientin vor uns haben, dann verbleiben die Positionen in ihrem inneren System, das heiÃt, sie ist bereit, Eigenverantwortung für ihr Thema zu übernehmen und es kreativ in ihr Leben zu integrieren. Die Lösung ihres Anliegens ereignet sich wie von selbst im Raum. Solche Aufstellungen zu begleiten ist Freude, Vergnügen und Leichtigkeit. Das kennen und lieben wir alle, die wir unser Leben mit der Begleitung von Aufstellungen verbringen.
Zwischen diesen beiden Polen gibt es alle nur denkbaren Varianten. Eine dieser Varianten möchte ich im Folgenden beschreiben. Manchmal gibt es Themen, die scheinbar nicht greifbar sind oder weit zurückliegen, die nur allmählich heraufdämmern.
Die Aufstellung der Klientin dauert lang, ist zäh und über weite Strecken lähmend. Alle fühlen sich wie betäubt, langweilen sich oder werden ungeduldig. In solchen Fällen sind wir als Begleiter besonders gefordert. Wir halten emotional und energetisch den Stimmungspegel im Raum, damit er nicht ganz abfällt, denn unsere unterstützenden Teilnehmer am Rand des Geschehens haben es sich längst bequem gemacht und den Faden verloren. Wir können dankbar sein, wenn sie nicht zu
schnarchen beginnen. Gleichzeitig gehen wir mit der Klientin und ihren Repräsentanten immer tiefer in den Nebel ihrer Erinnerungen, die manchmal über Generationen zurückreichen. Die bleierne Schwere im Raum kommt aus den noch unformulierten belasteten Regionen ihres Unbewussten.
In solchen Fällen hilft wieder der Respekt vor dem Menschsein schlechthin und das Wissen um den Auftrag, unsere Klientin auf einer schwierigen Strecke zu begleiten, wo auch immer ihr Weg hinführen mag.
Ich habe noch nie eine Aufstellung abgebrochen oder Systemmitglieder, die zum Beispiel eine schwere Schuld auf sich geladen haben, ausgegrenzt. Das würde, meines Erachtens nach, eine tiefe Wunde in
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