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Verzwickt chaotisch

Verzwickt chaotisch

Titel: Verzwickt chaotisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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wählen und niemand würde mich ausquetschen können, wer Leander war und woher ich ihn kannte und warum ich nachts seinen Namen aussprach. Treffpunkt fürs Flaschendrehen und Kartenküssen war um Mitternacht im Zimmer von Marvin und Leon. Na, wo auch sonst. Die beiden waren die beliebtesten Jungs der Klasse. Sofie fand sie süß und hoffte, dass einer von ihnen sie küssen würde. Richtig, nicht mit Karte. Ich hingegen fand, dass sie sich die Haare zu tief ins Gesicht kämmten. Das sah bescheuert aus. So schräg über den Kopf in die Stirn hinein wie Justin Bieber. Und sie hielten stets den Kopf schief und leicht gesenkt, damit die Frisur nicht verrutschte. Wehe, man sah ein Stück von ihrer Stirn. Ein ernsthaftes Problem bekamen sie, wenn es stürmte. Schon ein leichter Wind reichte aus, um sie in Stress zu versetzen. Ich konnte ihnen das ansehen. Sie benahmen sich, als sei ihre Stirn ihr nackter Hintern.
    Aber ich war zu neugierig, um nicht bei diesem Mitternachtstreffen dabei sein zu wollen. Ich musste dabei sein. Denn wenn Sofie die Wahrheit erzählte, würden sogar Seppo (und Kelly) zu uns stoßen. Die wiederum darauf aufpassen wollten, dass kein Alkohol getrunken wurde. Doch auch zu diesem Thema schwirrten mittlerweile die ersten Gerüchte herum. Irgendjemand hatte es geschafft, Bier und Wodka in die Burg zu schmuggeln. Diese geheimen Vorräte sollten aber erst am dritten Abend ausgepackt werden. Ebenfalls im Zimmer von Marvin und Leon.
    Nach dem Mittagessen wurde es so warm, dass Herr Rübsam und Frau Dangel uns erlaubten, das Burgschwimmbad zu benutzen. Leander hatte sich seit dem Frühstück nicht mehr blicken lassen und ich war ihm dankbar dafür. Er sollte im Wald seine eigenen Ritterspiele veranstalten. Beschwingt flitzte ich auf mein Zimmer, wo Elena sich wieder hinter ihren Tüchervorhang verzogen hatte und lautstark in einer Zeitschrift blätterte, und schlüpfte in meinen Badeanzug.
    Zusammen mit Sofie lief ich zum Schwimmbad, das sich unterhalb der Jugendherberge auf dem Burggelände befand – direkt neben den zerfallenen Mauerruinen. Gleichzeitig blieben Sofie und ich stehen. Ich, weil ich sehnsüchtig auf die Mauern schaute und mir einen genialen Sommerrun ausdachte, und Sofie, weil – ja, warum eigentlich?
    »Wow. Hättest du damit gerechnet?« Sie lächelte versonnen und ihr Mund stand leicht offen.
    »Was denn?«
    »Na, da drüben. Serdan. Der sieht ja … hm … gar nicht schlecht aus«, führte Sofie ihren Satz mit unverhohlener Bewunderung zu Ende. »Und gar nicht mehr wie vierzehn, oder?« Ich riss mich von den Ruinen los und folgte ihren Blicken. Oh. Serdan saß in engen schwarzen Shorts und schwarzer Sonnenbrille am Beckenrand und regte sich nicht. Selbst von hier oben konnte man die Schatten sehen, die seine Muskeln an Bauch und Armen warfen. Und ja, er hatte einen Schuss gemacht. Sofies Augen klebten an ihm. Mich wunderte seine gute Figur kaum, denn er schonte sich nie beim Training. Korrektur. Er hatte sich nie geschont. Dazu machte er jeden Tag Breakdance bis zum Umfallen (im wahrsten Sinne des Wortes). Und Sit-ups wie Leander und ich.
    Seppo jedoch hatte kleine, weiche Fettpölsterchen an seiner Hüfte entwickelt. Dass Billy rund und gemütlich war, schockte mich nicht. Seppos Hüftpölsterchen jedoch schon. Kelly – gebräunt und in einem knappen Bikini – wandelte gerade den Beckenrand entlang, als befände sie sich auf dem Laufsteg. Und verdammt, sie steuerte Seppo an. Mit einer Flasche Sonnenmilch in der Hand. Er schaute hoch. Lächelte ihr entgegen. Setzte sich auf. Zog den Bauch ein …
    Doch dann passierte etwas, was Kelly und Seppo und Serdan Supermann vollkommen nebensächlich werden ließ. Nein, bitte nicht, dachte ich noch, doch ich irrte mich nicht. Meine Augen weiteten sich vor Entsetzen. Ein blau schimmernder Schatten näherte sich dem Schwimmbad, wurde plastischer, deutlicher, konturierter, verwandelte sich in einen viel zu lebensechten Jungen. Einen Jungen ohne Badehose. Nackt. Einen nackten Jungen, der sich nun mit Begeisterung in das aufgewühlte Schwimmbadwasser stürzte, direkt neben Marvin, der gerade Lena untertunkte.
    »Nein!«, brüllte ich, ließ meine Tasche fallen und rannte auf den Pool zu. Kelly rempelte ich grob zur Seite. Strauchelnd und kreischend versuchte sie, sich an mir festzuhalten, doch ich schüttelte sie ab. Mit entsetzt aufgerissenen Augen, in der rechten Hand immer noch das Sonnenöl, kippte sie rückwärts in das Becken. Ich hechtete ihr

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