Veyron Swift und das Juwel des Feuers
von einem Ort zum anderen hetzen. Nichts ist euch genug, immer muss es noch schneller und noch höher hinausgehen. Euer Geist kennt keinen Frieden, ständig kreist euer Verstand um Ideen, bereitwillig Zerstörung und Verderben in Kauf nehmend. Veränderung um der Veränderung willen. Ich kann das nicht verstehen, noch weniger verstehe ich die Welt aus der du kommst. Warum baut ihr Maschinen, die euch in die Lüfte heben oder Fahrzeuge, die von selbst fahren? Ihr wollt euch das Leben einfacher machen, sagt ihr, für mehr Entspannung und Ruhe. Immer mehr Aufwand und Einfallsreichtum steckt ihr daher in eure Maschinen. Doch wird in eurer Welt alles immer nur komplizierter. Alles Streben nach Vereinfachung führt nur zu noch mehr Rastlosigkeit. Ihr Menschen strebt nach kleinen, handlichen Kästchen, die ihr die Tasche steckt. Selbst das Umblättern in einem Buch ist euch schon zur Last geworden. Irgendwann wird euer ganzes Leben in diesen kleinen Kästchen stattfinden. Wenn ihr eines Tages selbst einmal alle zu solchen Kästchen geworden seid, wird die Menschheit nur noch Erinnerung sein.
Fabrillian ist kein Ort für euch; nicht auf Dauer. Ihr würdet es in eurem Wahn nur zerstören und alles Schöne ginge verloren.«
Tom wusste genau, worauf Imri anspielte. Er war ob dieser Vorhaltungen zu beschämt für irgendeine Verteidigung. Ihre Rede ließ ihn nur spüren, dass er nicht hierher gehörte. Sie hatte recht. Irgendwann wäre er all diesem Frieden überdrüssig und er würde von sich aus in die Ferne aufbrechen. Er musste von hier fort, es gab gar keine andere Wahl – doch auf einen kurzen Besuch wollte er immer wieder gerne hierher kommen.
»Ich frage mich, ob man uns zu Hause bereits für tot hält. Ich wünschte, ich könnte Jane eine Nachricht zukommen lassen. Sie hat sich von ihrem Freund getrennt und ich glaube, es geht ihr momentan nicht so gut«, raunte er. Imri blickte ihn verständnislos an.
»Siehst du? Nicht einmal jetzt, knapp dem Tod entronnen, kaum erholt von deinen Strapazen, kannst du die Gedanken ruhen lassen. Auch dein Herz wird von Schatten getrübt, Tom Packard«, meinte sie vorwurfsvoll.
»Meine Eltern sind gestorben, bei einem Verkehrsunfall. Ich musste bei meiner Tante leben. Aber die hat bloß mein Erbe gestohlen, ist abgehauen und hat mich allein zurückgelassen. Danach kam ich zu Veyron, was auch nicht besser ist. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich von ihm halten soll. Er ist seltsam, anders eben, verstehst du? Manchmal ist er zwar schon richtig cool, aber ich denke, dass er sich in Wahrheit gar nicht für mich interessiert. Ich glaube, er hat mich nur auf dieses Abenteuer mitgenommen, weil er Jane damit ärgern konnte. Er schleppt mich um die halbe Welt, mitten hinein in eine Flugzeugentführung! Und dann sind da noch die ganzen Monster im Wald. Das ist schon irgendwie verrückt, oder?« brummte er zornig.
Er kam sich bevormundet vor und obendrein fand er sie jetzt gar nicht mehr so nett. Imri schien das zu bemerken. Sie trat vorsichtig einen Schritt zurück und musterte ihn aus zusammengekniffenen Augen.
»Es tut mir leid, ich muss mich entschuldigen. Es war ungehörig von mir, dir so viele Vorwürfe zu machen. Ich hoffe, dieser Zwist bleibt nicht zwischen uns stehen?«
Sie wirkte auf einmal tief betroffen. Tom fürchtete, sie würde weglaufen, wenn er ein einziges falsches Wort sagte. Er schüttelte den Kopf und entschuldigte sich seinerseits.
»Manchmal denk ich auch nicht richtig nach, bevor ich den Mund aufmache. Ich sollte besser meinen Verstand gebrauchen, das sagt Veyron jedenfalls oft zu mir. Vielleicht hat er ja recht.«
Imri begann wieder zu lächeln. »Damit sind wir schon zwei, die noch viel zu lernen haben«, erwiderte sie mit einem hellen Auflachen.
Die beiden gingen wieder nebeneinander unter den Bäumen und sie bat Tom mehr zu erzählen. Wie ihr „Meister“ so war, so nannte sie Veyron jedenfalls immer. Tom tat was er konnte (im Beschreiben war er schlecht, wie er fand), um die Eigenheiten seines Paten möglichst blumig zu erklären. Er rief dabei einige Lacher bei ihr hervor.
Es musste bereits Nachmittag sein, als sie wieder in die Nähe des Gästepalastes zurückkehrten. Eine Reiterdelegation kam auf sie zu und Tom erkannte voller Staunen, dass sie von der Königin angeführt wurde. Ihr wundervolles Herbstgewand hatte sie durch eine praktischere Reitertracht im Grün und Braun des Waldes ausgetauscht. Sie wirkte jetzt mehr wie eine Königin
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